Eine typische Party, Unmengen Alkohol, ein junges Mädchen,
ein unglaubliches Verbrechen. Die 15-jährige Jenny Kramer wird im Wald in der
Nähe der Party vergewaltigt. Als sie gefunden wird, hat sie bereits das
Bewusstsein verloren und als man ihren Eltern ein neues Medikament anbietet,
das Jenny nach dem Aufwachen die Erinnerung an die Tat löschen soll, stimmen
sie dem zu. Allerdings bedeutet dies auch, dass der Täter nicht identifiziert
werden kann, da das Opfer keine Aussage wird machen können. Die Familie entscheidet
sich schließlich nach einigen Monaten, mit Hilfe eines Therapeuten die
Erinnerung zurückzuholen. Dieser gräbt tief und entdeckt nicht nur Details der
Tat, sondern bringt auch Familiengeheimnisse ans Licht. Langsam wird klar, dass
auch er Geheimnisse hat, die er lieber gut versteckt wissen würde.
Wendy Walkers Thriller bietet alles, was man vom Genre
erwartet: viel Spannung, unerwartete Wendungen, Abgründe der menschlichen
Psyche. Immer wenn man als Leser denkt, dass man durchschaut hat, wie sich das
Verbrechen zugetragen hat, kommt ein neuer Schuldiger daher. All dies erscheint
gut und glaubwürdig motiviert und so muss man seine Theorien wieder anpassen.
Erst ganz am Ende zeigt sich das Gesamtbild und alles löst sich auf.
Am meisten haben mich die psychologischen Aspekte überzeugen
können, insbesondere die Funktionsweise der Erinnerung; die Autorin hat diese
Erläuterungen sinnvoll eingebunden und so neben dem Thriller auch einiges an
Sachwissen mitgeliefert. Die Erzählweise ist ungewöhnlich und doch überzeugend,
der Therapeut war in das Geschehen eingebunden und doch mit einer gewissen
Distanz. Dass er selbst mehr und mehr in den Tathergang verwickelt wird, ist
sicherlich keine alltägliche Verwicklung von Erzähler und Handlung.