Der Sozialismus ist schon längst zusammengebrochen, doch in
den Köpfen von Konstantin Scheitanow und Metodi Popow ist vieles auch Ende der
90er noch präsent. Beide werden auf unterschiedliche Weise mit ihrer
Vergangenheit im Unrechtsstaat konfrontiert. Konstantin, eins
Widerstandskämpfer und schon frühzeitig im Visier der Staatsmacht, erhält
endlich Einblick in seine Stasi-Unterlagen, insbesondere zu jenen, die seine Verurteilung
1953 betreffen. All seine Erinnerungen an die damalige Zeit im Widerstand und
sein Attentat auf die Stalin-Statue berichtet er seiner Nachbarin, denn mehr Menschen
sind ihm nicht geblieben. Metodi wähle ein ganz anderes Leben und konnte sich
nach der Veränderung sein Leben gut als Geschäftsmann einrichten – doch dann
erscheint eine junge Frau, die behauptet, seine Tochter zu sein, hervorgegangen
aus der Vergewaltigung einer im Arbeitslager Inhaftierten.
Macht und Widerstand werden durch die beiden Männer
repräsentiert, die im Wechsel ihre Erinnerungen an die alte Zeit, die für
keinen genaugenommen gut war, vortragen dürfen. Weder gibt es eine wirkliche
Handlung, noch werden die beiden Erzählungen wirklich miteinander verbunden.
Sie existieren nebeneinander, wie die Männer und ihre Positionen im Sozialismus
und auch danach nebeneinander existierten. Deutlich tritt dabei jedoch hervor,
wie die Denkmuster auf beiden Seiten funktionierten und mit welcher erbarmungslosen
Grausamkeit Schiwkow und seine Schergen das Land regierten – und wie die alten
Kader das neue Land gleichsam weiterführten. Auch wenn ein literarisches Werk,
so dürfte dies doch ein Zeitzeugnis der Geschichte Bulgariens im 20. Jahrhundert
sein – die sich jedoch genauso in der DDR, Rumänien oder anderen Bruderstaaten
der Sowjetunion zugetragen haben könnte.