Die neue Sheba wirkt faszinierend auf das Lehrerkollegium
der Londoner Schule, wirkt sie einerseits chaotisch, andererseits völlig frei
von Zwängen. Doch die Sache mit dem Unterrichten fällt ihr nicht so leicht, die
Jugendlichen zu bändigen misslingt immer wieder und Barbara steht ihr gerne
helfend zur Seite. Als alleinstehende ältere Dame verfügt sie über viel
Erfahrung im Unterrichten, aber auch in der Schule und dem Leben allgemein. Sie
hat allerdings keine Ahnung, wie man damit umgeht, wenn plötzlich eine Kollegin
eine Affäre mit einem minderjährigen Schüler beginnt und zwar durchaus das
Unrecht sehen kann, aber vor Verliebtheit regelrecht blind wird. Dass dies nicht
lange gutgehen kann, versteht sich von alleine.
Zoe Hellers Roman war völlig zu Recht auf der Shortlist des
Man Booker Prizes 2003. Die Geschichte wird in Tagebuchform als Erinnerung Barbaras
zu einem späten Zeitpunkt des Skandals berichtet und der Autorin gelingt es
meisterlich, den Ton dieser vereinsamten älteren Frau mit Katze zu treffen, die
nie ernsthafte Liebe erfahren hat und ein weitgehend zurückgezogenes Leben mit
einiger Bitterkeit führt. Durch die Brille dieser Färbung, die recht schnell zu
Urteilen neigt und eine arrogante Selbstgefälligkeit an den Tag legt, erscheint
der Skandal in einem ganz besonderen Licht und lässt vieles, das die Situation
der beiden Protagonisten des Skandals betrifft, im Dunkeln. Durch die
episodenhaften Erinnerungen wird der Roman lebendig und auch wenn man zwar
weiß, dass Sheba die Schule verlassen muss, bleibt doch sehr lange offen, wie
der Skandal ans Licht kommt und so baut der Roman auch eine gewisse Spannung auf.
Fazit: mir passiert es selten, dass ich täglich nur wenige
Seiten eines Buches lese, um möglichst lange etwas davon zu haben. Dies ist so
ein Roman, den man nur uneingeschränkt empfehlen kann.