Dienstag, 31. Dezember 2013

Daniel Kehlmann - F (Hörbuch)

Lange erwartet und in allen Feuilletons besprochen war ich neugierig - auch wenn ich von Kehlmann nicht unbedingt überzeugt bin. Nun also das mysteriöse "F".

Drei Brüder stehen im Zentrum, jeder mit seinem eigenen Schicksal hardernd und unzufrieden. Sie erinnern sich an den ersten Nachmittag, als sie beim Hypnotiseur waren und der ihr Leben veränderte. Martin, der etwas ältere Halbbruder und die Zwillinge Iwan und Eric begleiten ihren Vater Arthur, der sich zunächst sicher ist, dass man ihn nicht hypnotisieren könne. Doch dies erweist sich als falsch und kurz darauf beginnt er ein neues Leben. Aus dem erfolglosen Schreiberling wird ein berühmter Autor - samt Selbstmordwelle als Reaktion auf sein Buch. Die Jungen schlagen unterschiedliche Wege im Leben ohne Vater ein. Iwan wird Maler, erkennt aber bald sein beschränktes Talent und kommt als Biograph doch noch zu Ruhm. Eric ist zunächst erfolgreicher Finanzverwalter, bis ihn die Wirtschaftskrise einholt. Und Martin wird Priester - obwohl er nicht an Gott glaubt. Das Fatum hat für alle einen Weg vorgesehen, glücklich sein war wohl nicht im Programm.

Burghart Klaußner liest das Buch mit einer angenehmen, unterhaltsamen Stimme. Das macht den bisweilen abstrusen, pseudo-intellektuellen Inhalt deutlich erträglicher. Viele Seitenstränge, Verwicklungen, Wiederholungen und Perspektivenwechsel strengen an und lassen es an Stringenz mangeln. Leider lässt einem das Buch ratlos zurück, verkorkste Lebensläufe, Fälschung und Betrug gibt es überall. Dass alles letztlich vom Zufall bestimmt sein soll, ist doch ein wenig zu einseitig, die Figuren geben sich hin, ohne Willen und Bemühung, an ihrem persönlichen Schicksal etwas zu ändern.

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Montag, 30. Dezember 2013

Val McDermid - Der Verrat

Stephanie steht mit dem kleinen Jimmy an der Sicherheitskontrolle eines amerikanischen Flughafens. Da sie sich noch einen weiteren Check unterziehen muss, lässt sie Jimmy kurz allein und muss hilflos mit ansehen, wie dieser entführt wird. Das Personal will ihr nicht glauben und nimmt sie stattdessen fest. Wertvolle Minuten vergehen, bis man realisiert, dass Stephanie die Wahrheit sagt und der Entführer über alle Berge ist. Doch wer steckt dahinter? Eine langwierige Suche in der Vergangenheit des Jungen beginnt und Stephanie erzählt die Geschichte seiner Eltern. Als Ghostwriterin der Mutter ist sie prädestiniert über das aufregende Doppelleben von Scarlett Higgins zu berichten, einem britischen Reality-Show-Star, die alle Stufen der Berühmtheit durchlaufen hat und in Wahrheit so gar nicht dem öffentlichen Bild entsprach.

Das Buch beginnt mit einem nervenaufreibenden Paukenschlag. Für Thrillerfreunde wird es dann im Laufe der Lebensgeschichte sicherlich etwas langweilig, ich fand es faszinierend, darüber zu lesen. Der Text gleitet geradezu dahin und man taucht immer mehr in das Leben von Scarlett ein. Erst die letzten 150 Seiten sind wieder näher am Entführungsfall mit falschen Fährten und einem unerwarteten, für mich etwas zu dick aufgetragenen Ende. Dies war definitiv der schwächste Abschnitt eines sehr gelungenen Romans. Eine tolle Erzählerin, die en détail ohne langatmig zu werden, eine Vita darlegt.


Sehr gute Unterhaltung, wenn auch nicht durchgängig mit absoluter Hochspannung.

Freitag, 27. Dezember 2013

Turhan Boydak - Der Troja Code

Ein Altertumsforscher wird ermordet, weder Spuren des Täters noch ein Motiv sind zu finden. Helena, seine Tochter, sieht zunächst auch keine Verbindung zur aktuellen Forschung ihres Vater, bei der er scheinbar endlich den Beleg für eine gewagte These gefunden hat. Eine Reise in die Türkei, um Abstand von den Ereignissen in München zu gewinnen, treiben sie in die Hände einer Verschwörung und je näher sie dem Rätsel ihres Vaters kommt, desto mehr hängt ihr Leben am seidenen Faden. Nicht jedem ist es Recht, wenn die europäische Geschichte umgeschrieben werden und die kulturellen Hochkulturen neu bestimmt werden müssen. Aber endlich acheint die Zeit reif zu sein, eines der größten Geheimnisse der Menschheit zu lösen: was hatte es mit Troja wirklich auf sich.

Der Thriller ist eine gelungene Mischung zwischen Historie, Mythos, Action und wundervollen Landschaftsbeschreibungen. Im akademischen Milieu angesiedelt fordert er den Leser intellektuell heraus, unterhält aber gleichzeitig durch Hochspannung und gelungene Figurenzeichnung. Bisweilige Längen bei den historischen Erläuterungen kann man im Hinblick auf Leser mit weniger Vorwissen verzeihen. Die Einbettung in aktuelle politische Strömungen und Interessen, deren Mechanismen wie ich hoffe etwas überspitzt dargestellt sind, machen einen weiteren Reiz aus. 

Unterhaltend geschrieben, in sich logisch überzeugend hatte ich ein paar sehr spannende Stunden beim Lesen. Ohne Einschränkung empfehlenswert.

Francois Lelord - Le voyage d'Hector

Hector, französischer Psychiater, fragt sich, weshalb seine Klienten, die eigentlich ein gutes und erfülltes Leben führen, nicht glücklich sind. Er begibt sich auf Weltreise, um dem Mysterium Glück auf den Grund zu gehen. In Asien trifft er Mönche und Arbeiterinnen, in Afrika bettelnde Kinder, eine totkranke Frau und Diebesbanden, in Amerika einen Professor - diese und viele andere Begegnungen tragen zu einer Sammlung an Faktoren bei, die einen Menschen glücklich machen. Es sind keine hichtrabenden Weisheiten, sondern vielmehr Kleinihkeiten des Alltags, die leider in der ziviliserten Welt schnell untergehen und die dazu führen, dass wir nicht mehr erkennen, was wir haben.

Lelords erfolgreicher Roman bedient sich bekannter Prinzipien und ist an Märchenerzählungen angelehnt. Der naive Protagonist, der die Welt mit den Augen eines Kindes erfassen will, Komplexität reduziert und manche Dinge blumig umschreibt reist um die Welt und trifft genau die richtigen Menschen, die ihm bei seiner Auggabe helfen. Mich erinnert er sowohl an den kleinen Prinzen wie auch an Candide, kann jedoch an beide nicht heranreichen, dafür fehlt mir die Finesse. Bisweilen finde ichdie Vereinfachungen auch zu banal und fast ärgerlich, immer streift er wichtige Themen wie Zwangsprostitution oder Kolonialismus, die für mich in der Darstellung ein wenig zu sehr verharmlost und gelöst werden. Nichtsdestotrotz führt er uns vor, was wir oftmals nicht sehen und hat so durchaus für die Leser eine lebensnahe und nützliche Message.

Mittwoch, 25. Dezember 2013

Jamie Freveletti - Emmas Angst

Bei einer nächtlichen Tour gerät Emma in die Hände mexikanischer Drogenkartelle. Als Chemikerin soll sie ihnen helfen und eine unerklärliche Erkrankung der Arbeiter behandeln. Sie ist zunächst ratlos, aber die schnell voranschreitende Seuche wird immer mehr zum Problem. In einem US Labor - via Drogentransport - soll sie forschen und gerät somit vollends zwischen die Fronten. Doch die größte Gefahr steckt in dem mutierten Erreger.

Frevelettis Thriller ist recht rasant mit vielen Wendungen, aber leider völlig unglaubwürdig. Auch wenn ich den Drogenbossen einiges zutraue, die Macht hat doch Grenzen und die übermenschlichen Fähigkeiten und das schier grenzenlose Wissen der Protagonistin verleiten auch eher zum Kopf schütteln. Verfilmt sicher reich an Stunt- und Schießereiszenen, als Buch eher flach

Montag, 23. Dezember 2013

Jussi Adler-Olsen - "Das Alphabethaus"

In den Wirren des zweiten Weltkrieges werden zwei englische Piloten über Deutschland abgeschossen. Zunächst gelingt ihnen die Flucht, ein langsam fahrender Zug mit Verletzten scheint ihre Rettung. Sie nehmen die Identität zweier Offiziere an und lassen sich in ein psychiatrisches Krankenhaus in Süddeutschland transportieren. Qualvolle Behandlungen müssen sie durchstehen, doch noch schlimmer sind die Quälereien durch die anderen Simulanten, die Bryan und James das Leben in der Fremde zur Hölle machen. Bryan gelingt schließlich die Flucht und er kann sich in der Heimat eine neue Existenz aufbauen. Doch die Suche nach James lässt ihm keine Ruhe. Fast 30 Jahre nach Ende des Krieges ist es endlich so weit: er erfährt, was sich nach seiner Flucht zugetragen hat und wie gemütlich es sich die Peiniger von damals eingerichtet haben. Es ist Zeit, um Rache zu nehmen.

Adler-Olsens Roman ist ungewöhnlich, wenn man die Carls Morck Reihe kennt. Sein Erstlingswerk steht des großen Erfolgen jedoch in nichts nach, sondern schafft es eine spannende Geschichte eingebettet in die Kriegswirren zu schaffen, die den Leser mitreißt. Mich ahben vor allem die Szenen im Lazarett überzeugt, von Grausamkeit kaum zu überbieten und vermutlich erschreckend realistisch. Das dramaturgische Schwenken zwischen den Figuren und ihrem Leiden, ermöglich eine multiperspektivische Betrachtung und steigert die Spannung. Erst gegen Ende beim großen Showdown war mir die Geschichte ein wenig überzogen, aber alles in allem hervorragende, hochspannende Unterhaltung.

*****/5

Freitag, 20. Dezember 2013

Christian Schünemann/Jelena Volic - "Kornblumenblau"

In Belgrad werden zwei Soldaten tot auf einem Kasernengelände aufgefunden. Angeblich Selbstmord, doch die geheimen Untersuchungen legen eher den Verdacht auf Mord nah. Sie haben offenbar etwas beobachtet, das sie nicht sehen sollten. Hat das Datum - Jahrestag des Massakers in Srebrenica - eine Rolle gespielt? Milena Lukic beginnt zu ermitteln und versinkt im Sumpf der Wirren zu Ende des 20. Jahrhunderts.

Leider uieht sich "Kornblumenblau". Die Grundidee ist gut und spannend, aber die Handlung schleppt sich dahin, bleibt zum Teil wirr - was daran liegen kann, dass mir Details der Balkanproblematik nicht geläufig sind und ich die vielen Minderheiten schwer zuordnen kann. Für mich zum Teil zu holprig, um wirklich zu überzeugen und am Ende völlig abgehackt.

2,5/5

Donnerstag, 19. Dezember 2013

Kerstin Gier - Ein unmoralisches Sonderangebot

Ein alter Herr mit zu viel Zeit und Geld, drei Kinder samt Partner und ein unmoralisches Angebot: für sechs Monate Partnertausch gibt es jeweils eine Million pro Paar. Haken: die Eheleute dürfen sich nach 18 Uhr nicht sehen und werden überwacht. Das Geld lockt und somit tauscht die Protagonistin ihren Mann gegen seinen Bruder. Das Unheil nimmt seinen Lauf und bald schon erkennen alle, dass sie im Leben doch die eine oder andere Fehlentschiedung getroffen haben.

Was ganz witzig angelegt ist, wird zur Qual des Leser. Hauptfigur Olivia ist nicht mit einem Funken Intelligenz gesegnet und trägtihre Dummheit uch noch stolz vor sich her. Das an sich nervt schon extrem, aber die plakative einfallslose Zeichnung der anderen Figuren steht ihr in nichts nach. Hinzu kommt, dass sie sich an den typischen Themen der Frauenzeitschriften ab: wie kann man aich wieder in eine 38 hungern (sic!), Gartengestaltung und zur Krönung kommt dann eine Diskussion über geeignete Dekoelemente (an der sich auch männliche Figuren beteiligen, was das ganze dann völlig ad absurdum führt). Ein gesammelter Haufen Mist gespickt mit unsäglich dummen Dialogen. Einen runden Schluss findet das Buch in eine schlampigen Lektorat, ein wahres Sammelsurium an kryptischen Satzfragmenten. Bei diesem Buch stellt sich mir die Frage, ob ich das Grundprinzip ein begonnenes Buch auch zu beenden nicht doch gelegentlich überdenken sollte.

Montag, 16. Dezember 2013

Zoe Beck - Wenn es dämmert

Mina Williams, erfolgreiche Schriftstellerin, wird mit Erinnerungslücken in einem fremden Haus wach. Irgendetwas stimmt nicht mit ihr und dass sie keine Kleider trägt, macht die Sache nicht besser. Nach einem Bad taumelt sie durch das Haus und findet die Leiche von matt, mit dem sie den Abend zuvor verbracht hat. Für die Polizei ist sie die Hauptverdächtige und weitere Indizien sprechen gegen sie. Lediglich der introvertierte Cedric schenkt ihr glauben und beginnt mit ihr einen Kampf gegen das organisierte Verbrechen, das in beste schottische kreise hinein vernetzt ist.

Zoe Becks Thriller bietet eine spannende Geschichte, deren Zusammenhänge sich erst spät entfalten und das ganze Ausmaß der Verstrickungen offen legt. Man fiebert mit der hilflosen Protagonistin mit und wartet sehnsüchtig auf Erlösung aus diesem Alptraum - doch die lässt den Leser sehr lange warten und spannt ihn bis zum Ende auf die Folter. Unterhaltsam, überzeugend, ein guter Thriller für zwischendurch.

****/5

Sonntag, 15. Dezember 2013

Tana French - Grabesgrün

Ein Mädchen wird ermordet am rande einer Ausgrabungsstätte in Irland gefunden. Cassie Maddox und Rob Ryan ermitteln, doch schnell stehen die beiden Ermittler vor einem Dilemma: Rob war Zeuge als seine beiden besten Freunde verschwanden, in unmittelbarer Nähe der aktuellen Fundstelle. Es scheint gewisse Parallelen zwischen den Fällen zu geben, doch weil sie gut vorankommen, behalten sie dies für sich und fahren mit der Arbeit fort. Rob will sich der Vergangenheit dennoch stellen, seine Erinnerungen sind verschüttet, und wie durch Zufall, stößt er auf die Spur des Täters. Der Fall scheint gelöst, doch dann entwickelt er erst richtig sein Potenzial und verlangt den Ermittlern alles ab.

Das Hörbuch entwickelt in den 7 Stunden 30 einen ungewöhnlichen Fall, der nicht alles löst und sich zum teil mit Andeutungen zufrieden gibt. Auch kommt es zu keiner befriedigenden Lösung, die sich der Hörer oder Leser wünscht, aber die Realität ist grausam und nicht immer fair. Unterhaltsam und spannend, wenn auch nicht der sensationelle Wurf.

****/5

Judith Schalansky - Der Hals der Giraffe

"Ein Bildungsroman" hat Judith Schalansky ihren Roman untertitelt. Und in der Tat geht es um Bildung: im Zentrum steht die Lehrerin Inga Lohmark. Biologie und Sport - die beiden Lebenswissenschaften vermittelt sie tapfer auch nach Untergang des Sozialismus und obwohl ihre Schule vor der Schließung steht. Mit Argusaugen beobachtet und beurteilt sie ihre Schüler - das menschliche Potenzial, das man ihr vorsetzt, wird von Jahr zu Jahr schwächer. Physisch wie intellektuell. Aber eigentlich sind eh alle nur Stereotypen, hundertfach gesehen, in der schlimmsten Phase ihrer Entwicklung - der Pubertät - eigentlich eine Zumutung. Die Kollegen sind da auch nicht besser, biedern sich an, haben nicht verstanden, worauf es im Unterricht und im Leben ankommt: Disziplin, Fleiß, Anstrengung. Mürrisch bis sarkastisch blickt Inga Lohmark auf ihr Umfeld und merkt bisweilen sogar, dass ihr auf der zwischenmenschlichen Ebene einiges fehlt.

Der kurze Roman offenbart vieles der Lehrerin, deren Wirken und letztlich Leben leider sinnlos bleibt, da das Wesentliche fehlt: ihre Tochter und Zuneigung. Die Vergleiche aus der Biologie, messerscharf auf alle Lebenssituationen umgesetzt, sind schlichtweg herrlich, sprachlich ist das Buch ein Hochgenuss und zurecht bejubelt worden. Ist man lange Zeit noch gehässig bei der Protagonistin, offenbart sich mehr und mehr die psychologische Ebene und man gewinnt einen anderen Eindruck, Mitleid macht sich breit. Ein offenes Ende lässt einem ratlos zurück und doch hat man dabei in einen Spiegel geblickt und durchaus was erkennen können.

*****/5

Samstag, 14. Dezember 2013

Ferdinand von Schirach - Verbrechen

Ferdinand von Schirach - ein relativ bekannter Berliner Anwalt - erzählt in mehreren Kurzgeschichten aus seinem Berufsleben. Mal kurios, mal brutal, meist überraschend stellen sich die ungewöhnlichen Kriminalfälle dar, die jeweils aus Sicht des Verteidigers beschrieben werden. Die Fälle sind individuelle und verschieden wie auch die Verbrecher und die Umstände: ein Ehemann, der Rache an seiner Frau nimmt ohne jedoch das gegebene Versprechen zu brechen; eine ominöse Teeschale, für die kaltblütig gemordet wird; ein hochbegabtes Talent, das geschickt den Polizei- und Justizapparat an der Nase herumführt; ein Herzinfarkt, der ein Pärchen vor große Probleme stellt; die Zeitumstellung, die beinahe zum belastenden Indiz würde sowie weitere kurze Darstellungen können den Leser fesseln, in Erstaunen setzen, schmunzeln lassen und gelegentlich auch Zweifel an unserem Rechtssystem wachrufen.

Kein klassischer Krimi, keine Hochspannung, aber gute Unterhaltung auch ungewöhnlichem Blickwinkel und mit raffinierter Nebennote geschrieben.

*****/5

Yrsa Sigurdardottir - Seelen im Eis

Nach dem Unfalltod seiner Ex-Frau nimmt Odinn seine Tochter Run zu sich. An das neue gemeinsame Leben müssen sich Vater und Tochter erst gewöhnen, nach einem solchen Schicksalsschlag wird dies nicht einfach. Odinn hat sich extra einen neuen Job gesucht, um mehr Zeit mit Run verbringen zu können. Er muss Rechtsansprüche ehemaliger Heimkinder prüfen. In dem Heim gingen seltsame Dinge vor sich, zwei Jugendliche kamen ums Leben und irgendwer scheint etwas vertuschen zu wollen, warum sonst sollte es Drohanrufe und E-Mails geben? Langsam nähert sich Odinn den Geschehnisse Anfang der 70er Jahre und im laufe seiner Enthüllung wird auch seine Familiengeschichte immer tiefer in den Fall verwickelt.

Vom Ende her betrachtet ist die Geschichte und auch wie die beiden Handlungsstränge zusammengeführt werden, wirklich clever und überzeugend. Leider ist die Erzählweise lähmend und so gar nicht fesselnd. Es liegt eine depressive Stimmung über dem Buch, die einem jede Sympathie für die Figuren vermiest und das Lesen bisweilen quälend werden lassen.

2,5/5

Sonntag, 8. Dezember 2013

Philippe Delerm - Le trottoir au soleil

Phlilippe Delerm, Meister der Kurzgeschichten und Aphorsmen hat auch hier wieder Einblicke sein Leben und seine Welt gegeben. Seine Fähigkeit, die Dinge um ihn herum zu beobachten und in Worte zu fassen, ist schier unglaublich. Banalste Alltagssituationen werden so zu unterhaltsamen und wundersamen Begegnungen, Ereignissen und bemerkenswerten Episoden.

Die Ankunft des Frühlings, lang ersehnt nach dem kalten Winter, die typisch französischen Sommer - wahlweise auch im benachbarten Italien - der beste Platz im Restaurant oder auch das Titelgebende Trottoir in der Sonne. Zu den verschiedensten Dingen kann er eine Geschichte erzählen, die man oftmals selbst erlebt hat oder die direkt vorm inneren Auge erscheint. Ein kurzes Verweilen, ganz wie im realen leben und schon geht man weiter, zum Teil bereits vergessen, manchmal auch etwas länger im Gedächtnis, begleitet von der Erkenntnis, dass im banalen immer auch etwas Poetisches liegen kann.

Donnerstag, 5. Dezember 2013

John le Carré - Empfindliche Wahrheit

Was passiert, wenn eine geheime Mission schiefläuft und die Wahrheit besser nicht an die Öffentlichkeit kommen sollte? Wie geht man mit Mitarbeitern um, die einfach zu viel Moral besitzen und an die Aufrichtigkeit staatlicher Institutionen glauben wollen? Der britische Geheimdienst hat dies oerfektioniert und mit Hilfe privater Investoren ein Netz aufegbaut, das sich sehr effizient um unbequeme Begleiterscheinungen kümmert. Kit ist so eine ungemütliche Begleiterscheinung, die leider auch nach Jahren auf schönstem Karibikposten keine Ruhe gibt, vor allem nicht, als ein alter Bekannter im seine achlimmsten Befürchtungen bestätigt. Er will sich damit nicht abfinden und erbittet Hilfe bei dem jungen Toby Bell, dem einerseits eine große Karriere im Foreign Office bevorsteht, der aber selbst auch schon länger gehörige Zweifel an seinem Arbeitgeber hat. Doch ahnen die beiden, wer tatsächlich ihr Gegner ist und können sie sich dank jahrelanger Erfahrung im Geheimdienst schützen?

John le Carré ist zurück und hat mit seinem Roman um Whistleblower ein hochaktuelles Thema gefunden. Man merkt dem großen Geheimdienstexperten an, dass seine Zeit eine andere war, er verzichtet auf die große Technik und arbeitet sich klassisch am Thema ab. Nicht einmal E- Mails werden geschrieben, was den Roman erfrischend von der Masse abhebt und sich nahtlos in die bekannte Reihe von le Carrés Agenten einfügt, Smiley lässt grüssen. Zunächst ist der Einstieg jedoch schwierig, sehr verwirrend baut sich der Krimi erst langsam auf. Zeitangaben hätten eine Orientierung hier deutlich erleichtert. Bisweilen sind auch ein paar Begrifflichkeiten in der deutschen Übersetzung etwas holprig geraten. Überzeugen kann "Empfindliche Wahrheit" durch die Figuren, die in Überzeugung des richtigen Handelns ihr Leben riskieren und das größere Gut über ihr persönliches Wohlbefinden und die Karriere stellen. Weder Profitgier noch Ruhm treiben sie an, sondern urmenschliches Mitgefühl und Aufrichtigkeit, was fast banal klingt, aber in einer komplexen, hochtechnologisierten und individualisierten Welt positiv hervortritt.

Handwerklich wie immer überzeugend, komplex strukturiert und aktuell wie nie.
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