Sonntag, 19. August 2018

Rebecca Fleet - Das andere Haus


Nachdem sie eine harte Zeit in ihrer Beziehung hinter sich gebracht haben, brauchen Caroline und Francis eine Auszeit, am besten auch ohne ihren Sohn Eddie. Ein Haustausch scheint da eine günstige Gelegenheit und so verlassen sie Leeds für eine Woche am Londoner Stadtrand. Ihr vorübergehendes Zuhause wirkt seltsam unbewohnt, unpersönlich, fast schon klinisch sauber. Aber die Frau erschien ihnen nett und freundlich, weshalb sie sich auf den Tausch einließen. Als Caroline seltsame Nachrichten erhält, gehen alle Alarmglocken an: hat jemand die bösen Geister der Vergangenheit geweckt? Taucht etwa ihre ex-Affäre Carl wieder auf der Bildfläche auf? Und was steckt eigentlich hinter dieser komischen Nachbarin, die sie zu beobachten scheint und sich bei ihrem spätabendlichen Besuch sehr auffällig verhielt? Caroline spürt die Gefahr, weiß aber nicht, woher sie kommt...

Der Roman startet in eher gemächlichem Tempo und anfangs war ich eher irritiert, weil Vieles irgendwie keinen wirklichen Sinn zu ergeben schien. Dass Francis und Caroline Probleme haben, war offenkundig, sie hatte eine Affäre mit einem Kollegen, er war tablettenabhängig, aber da dies scheinbar alles zwei Jahre vor der eigentlichen Handlung lag, war die Bedeutung dieser Ereignisse eher undurchsichtig. Dann war da noch diese Stimme, die zu Caroline sprach, wobei ich mich lange fragte, wo sie herkam. Insgesamt etwas zu viel Verwirrung für meinen Geschmack.

Allerdings lichtet sich der Nebel mit voranschreitender Handlung und je mehr auch der Thrill-Faktor steigt, desto besser wurde der Roman. Wie erwartet, sollte man als Leser zunächst völlig falsche Vermutungen anstellen – habe ich pflichtbewusst erfüllt – um dann irgendwann zu erkennen, dass alles viel komplexer ist als angenommen. Wenn man endlich klarsieht, erkennt man die sehr clever konstruierte Handlung und die Gefahr, die man bis dato gewaltig unterschätzte.

Man muss dem Thriller etwas Zeit geben, bis er sein Potenzial offenbart, dann kann er aber überraschen und überzeugen und vor allem mit psychologisch interessanten Aspekten punkten.

Sonntag, 17. Juni 2018

Meg Wolitzer - Das weibliche Prinzip


Greer Kadetsky hätte eigentlich auf eine der Ivy-League-Universitäten gehen sollen, aber es scheiterte am Geld, da ihre Eltern die Anträge auf ein Stipendium vermasselten. Also bleibt sie zu Hause wohnen und geht auf das Ryland College in Connecticut. Dort macht sie bei einer der typischen Partys Bekanntschaft mit Darren Tinzler, der sich gleich reihenweise den jungen Studentinnen aufdrängt und sich das nimmt, was er möchte. Die Universität versucht den Skandal zu verhindern und lässt ihn trotz zahlreicher Aussagen weiblicher Studierender davonkommen. Als kurze Zeit später die charismatische Frauenrechtlerin Faith Frank einen Vortrag hält, bittet Greer sie um einen Ratschlag, was man den tun könne, um sich in einer so offenkundig Männer-dominierten Welt durchzusetzen. Diese Begegnung wird ihr weiteres Leben bestimmen, da ihr Faith nach dem Abschluss einen Job in ihrer Organisation Loci, die sich für benachteiligte Frauen einsetzt, anbietet. Voller Enthusiasmus startet Greer in ihr neues Leben in New York. Ihr Freund, den sie schon aus Schultagen kennt, verfolgt derweil gleichermaßen seine Karriere. Was so vielversprechend beginnt, bekommt jedoch bald Risse und beide müssen sich fragen, was im Leben letztlich wirklich zählt und wie ehrlich sie gegenüber sich selbst waren.

Einmal mehr kann Meg Wolitzer restlos überzeugen. Wieder einmal, wie auch in „The Interestings“ und „Belzhar“ wählt sie junge Figuren auf dem Weg zum Erwachsenwerden als Protagonisten. Sie passen nicht wirklich in die Welt, in der sie leben, haben große Erwartungen an ihre eigene Zukunft und dank der Talente, die ihnen in die Wiege gelegt wurden, scheint es auch so, als wenn sich diese realisieren ließen. Doch das Leben verläuft nicht geradlinig und bald schon kommen Hürden, die die Figuren erst einmal überwinden müssen.

In ihrem aktuellen Buch dominiert neben diesem typischen coming-of-age-Thema jedoch noch ein weiterer Aspekt, der im Kontext der vergangenen Monate noch eine höhere Relevanz erhält. Auch wenn die schillernde Faith Frank eine Vorreiterin der Frauenrechte ist und sich ihr Organisation dem Kampf für die unterdrückten Geschlechtsgenossinnen widmet, auch wenn Greer schon zu Beginn belästigt wird und die Studentinnen versuchen sich gegen das ungerecht milde Urteil gegen den Täter zu wehren, ist das Buch keine feministische Kampfansage.

Faith Greer ist nur in den Augen der jungen Mitarbeiterinnen, als deren Mentorin sie viel eher fungiert denn als Chefin, die idealistische Kämpferin. Die Realität sieht anders aus und Greer wird bald schon vor einen Gewissenskonflikt gestellt. Gleichzeitig erfährt auch die Geschichte um Greers Freund Cory eine feministische Umkehr, ist dieser bereit alle maskulinen Attribute zu opfern und sein Leben nach einem Schicksalsschlag völlig neu auszurichten.

Meg Wolitzer beginnt ihre Geschichte im Jahr 2006, am Ende sind wir 2019 und Greer hat doch noch ihre Ideale verfolgen können und ist dabei auch überaus erfolgreich. Die Autorin wurde in ihrer Heimat von den Kritikern vielfach mit dem Vorwurf kritisiert, einem Zeitgeist hinterherzurennen und sich zu sehr von dem aktuellen politischen Geschehen der USA beeinflussen zu lassen. Dies ist mir jedoch zu einfach, denn Wolitzers Frauen kommen keineswegs als die unschuldigen Opfer daher: Faith wie auch Greer haben betrogen, andere Frauen betrogen, auf deren Rücken ihre Karrieren verfolgt und damit ziemlich genau das getan, was die Feministinnen bei den Männern kritisieren. Und die Rollenmuster werden gleichermaßen in Frage gestellt. Auch liefert das Buch keine einfachen Antworten, denn die gibt es auch 2019 noch nicht, außer vielleicht Greers Erkenntnis, dass sie ihre „Outer Voice“ benutzen muss, wenn sie in dieser Welt gehört werden will.

Ein vielschichtiger Roman, der durchaus mehr als aktuell ist, aber sicherlich auch diese Zeit überdauern wird.

Mittwoch, 4. April 2018

Karen Cleveland - Wahrheit gegen Wahrheit



Vivian ist eine der besten Analysten der CIA. Seit Jahren hat sie an russischen Schläfern in den USA gearbeitet und jetzt scheint sie ganz nah daran zu sein, eine ganze Zelle aufzudecken. Als sie das entscheidende Dokument auf dem Rechner eines Verdächtigen öffnet, das, nachdem sie seit Jahren gesucht hat, bleibt ihr Herz stehen: sie kennt einen der fünf Schläfer. Sie kennt ihn sogar sehr gut. Sie teilt ihr Leben mit ihm. Er ist ihr Ehemann und Vater ihrer Kinder. Als sie auf die gemeinsamen Jahre zurückblickt, erscheint schlagartig so manches in einem anderen Licht. Doch: was soll sie nun tun? Soll sie ihren Mann ausliefern oder gibt es einen anderen Ausweg?

Karen Clevelands Debüt kann restlos überzeugen. Sie hat ein recht klassisches Setting gewählt, das einen typischen Spion bzw. Doppelagenten Plot mit einem sehr persönlichen Dilemma verknüpft, was nicht so einfach gelöst werden kann. Da die Handlung mit sehr hohem Tempo spielt und eine Krise die nächste jagt, kann man den Roman kaum aus den Händen legen. Oftmals wünscht man sich auch für die Protagonistin, dass alles einfach vorbei ist – egal wie nun der Ausgang ist, so sehr leidet man mit ihr.

Im Zentrum steht das typische Catch-22 Dilemma: Vivian kann entweder gegenüber ihrem Arbeitgeber und Heimatland loyal sein – oder gegenüber ihrem Ehemann. Diesem kann sie jedoch eigentlich nicht mehr vertrauen, aber dennoch ist er der Vater ihrer Kinder und sie hatten auch eine gute Zeit miteinander. Als Vivian einen Fehler macht und sich so den Russen ausliefert, kann sie aus der Situation selbst nicht mehr herauskommen ohne selbst ins Gefängnis zu wandern und ihre Kinder zu riskieren. Sie befindet sich in einem Teufelskreis, in den sie sich immer tiefer verstrickt. Bis zur letzten Seite fiebert man mit, denn eine Lösung ist alles, aber nicht offenkundig und doch hat Cleveland einen überzeugenden Schluss gefunden.

Samstag, 31. März 2018

Matt Haig - Wie man die Zeit anhält

Er sieht zwar aus wie ein durchschnittlicher 41-Jähriger, aber Tom Hazard ist älter. Viel älter- mehr so 400 Jahre alt. Geboren gegen Ende des 16. Jahrhunderts auf einem französischen Schloss wurde seine Mutter schon früh der Hexerei beschuldigt und zum Tode verurteilt. Seither ist Tom vorsichtig. Nur ein einziges Mal hat er sich verliebt, in Rose, und mit ihr hat er eine Tochter bekommen, die dasselbe Schicksal erlitten hat wie er. Doch schon seit ewigen Zeiten hat er sie nicht mehr gesehen, weiß auch nicht, ob sie noch lebt. Alle paar Jahre muss sich Tom von seinem gewohnten Leben verabschieden, um nicht aufzufallen. Gerade hat er wieder eine neue Identität angenommen und arbeitet als Lehrer für Geschichte – was auch sonst. Doch am Himmel ziehen dunkle Wolken auf, denn Tom droht etwas zu tun, was er nicht darf: sich verlieben.
Ich bin nun wahrlich kein Fan von übernatürlichen Vorkommnissen und Untoten, aber zugegebenermaßen konnte mich Matt Haig mit seiner Geschichte fesseln. Auch wenn das Grundkonzept völlig absurd ist, sein Protagonist trägt durch die Handlung, die immer wieder Episoden seiner Vergangenheit evoziert und so sein Leben nicht nur interessant, sondern auch spannend werden lässt. Wen hat er alles getroffen, den großen Shakespeare ebenso wie Scott F. und Zelda Fitzgerald. Aber es sind nicht die großen Namen und die Begegnungen, die die Geschichte so außergewöhnlich machen, es ist die Figur Tom selbst.
Weder ist er verbittert ob all der schlimmen Dinge, die er erleben musste – die Pest ebenso wie zwei Weltkriege neben all den kleinen Katastrophen – noch wird er zynisch. Er ist im positiven Sinne weise und melancholisch. Er mag die Menschen, auch wenn er weiß, dass er jeweils nur eine kurze Zeit mit ihnen teilen kann. Und er ist treu. Obwohl seine Beziehung mit Rose 400 Jahre zurückliegt, hat doch nie eine andere sein Herz in dem Maße erobern können wie diese einfache Verkäuferin. Auch wenn sich die Zeiten gewaltig verändert haben, die Menschen sind geblieben wie sie immer waren und er kann noch so viel Geschichte unterrichten – sie werden nicht aus ihr lernen, da ihr Blick in der Gegenwart verhaftet ist.
Eine geradezu bittersüße Geschichte, ideal, um den Alltag zu vergessen.

Sonntag, 23. Juli 2017

Zadie Smith - Swing Time

Zwei Mädchen – ein Traum: aus den ärmlichen Verhältnissen ihrer Familien hinaus auf die großen Bühnen, tanzen und singen. Aber nur Tracey ist talentiert genug, eine Tanzschule zu besuchen, wohingegen die Erzählerin von ihrer Mutter gezwungen wird, eine normale Schule mit weißen Mädchen zu besuchen. Bildung ist wichtiger als ein Spleen. Die Wege der Freundinnen trennen sich und einige Jahre später ist die Erzählerin persönliche Assistentin eines Weltstars, die andere kämpft im Alltag ums Überleben: ohne Karriere, dafür mit Kindern. Ihre Wege kreuzen sich wieder und die Fragen, wer im Leben etwas erreicht hat und wer glücklich ist, steht für beide im Raum.

Die Freundschaft der Mädchen und ihre jeweilige Entwicklung ist für mich der zentrale Aspekt des Romans, wobei Zadie Smith noch sehr viel mehr hineingepackt hat. Als erstes, wie können sich zwei Mädchen mit ähnlichen Startvoraussetzungen so unterschiedlich entwickeln? Sie sind Freundinnen, teilen die Idole und unterscheiden sich nur durch Talent. Ihr Familienhintergrund macht sie zu Außenseitern, sie wissen sich in der Welt der Mittelschicht nicht zu verhalten, sie kennen die erforderlichen Codes nicht. So machen sie Erfahrungen, die die weißen Mädchen nie machen werden, was jene als Missbrauch bezeichnen würden, ist für Tracey und die namenlose Erzählerin normal.

Sie sind jedoch nicht nur durch ihr respektives Talent in ihren Chancen verschieden. Die Mutter der Erzählerin ist ein typisches Beispiel für eine Frau, die die vorherrschende soziale Ordnung nicht hinnehmen möchte und für ihre Tochter auf ein besseres Leben hofft. Durch ihren Kampf vergisst sie jedoch das Kind und ihre Mutterrolle. Liebe scheint es zwischen den beiden nicht zu geben. Sie meint es gut, ist streng, aber niemals liebevoll.

Eine weitere interessante Beziehung ist die zwischen der Erzählerin und ihrer Chefin Aimee, einer erfolgreichen Sängerin. Fälschlicherweise glaubt sie, dass so etwas wie Freundschaft entstanden wäre, wohingegen Aimee nur sieht, dass sie jemanden bezahlt und derjenige seinen Job zu erfüllen hat. Die Erzählerin reist um die Welt, trifft berühmte Menschen – aber was hat sie selbst erreicht? In diesem Zusammenhang kommt eine weitere Thematik ins Spiel: der Umgang der Engländer mit Bewohnern ehemaliger Kolonien wurde bereits in der Kindheit der Mädchen thematisiert, nun aber wird eine Berühmtheit in ein afrikanisches Dorf gebracht, um dort „etwas Gutes“ zu tun. Schöne Bilder entstehen, aber welchen Nutzen für die Menschen hat es vor Ort?

Es ließe sich noch vieles mehr im Roman thematisieren, die narrative Struktur, die bewusst gewählte Perspektive, die einseitig bleibt und vieles im Dunkeln lässt. Zadie Smith hat mit „Swing Time“ ihren meiner Meinung nach bisher tiefgründigsten Roman vorgelegt.


Freitag, 21. Juli 2017

Yaa Gyasi - Heimkehren

Über Jahrhunderte hinweg und über den Atlantik zieht sich die Geschichte von Effia und Esi. Geboren zu Ende des 18. Jahrhunderts in der ehemaligen britischen Kolonie, die heute Ghana ist, entwickeln sich ihre Leben völlig verschieden und der Leser folgt ihrer Blutlinie. Von rivalisierenden Stämmen in Afrika, über die Sklaverei, von minimalem Schulunterricht in Missionsschulen bis zu höherer Bildung, vom afrikanischen Dschungel hin in den Dschungel der modernen Großstadt. Wir erleben das Erbe der beiden Schwestern, wie Generationen später ihre Geschichte nicht vergessen ist und wie sogar über Jahrhunderte und Grenzen der Kampf für Selbstbestimmtheit und ein freies Leben geführt wird – wenn auch oftmals erfolglos. Vielleicht liegt auf der Familie ein Fluch, der nicht überwunden werden kann.

Die Geschichte beginnt mit eher langsamem Tempo in Ghana vor mehr als 200 Jahren. Man erlebt intensiv das Leben und vor allem die Lebensverhältnisse im Dorf und die vorherrschenden Gesellschaftsstrukturen. Was ich an diesem Teil am beeindruckendsten fand, war die Rolle der Frauen in der Gemeinschaft, insbesondere wie verschiedene Frauen einen Ehemann „teilen“ konnten und sich dennoch in einer für sie akzeptablen Lebenssituation wiederfinden konnten. Die Kämpfe zwischen den verschiedenen Stämmen waren faszinierend, vor allem, da wir so etwas in der Form aus der europäischen Geschichte nicht kennen. Die Kolonialisierung hat einen anderen Blick auf Afrika geworfen – der Kampf zwischen der Urbevölkerung und dem britischen Kolonialherren. Die religiösen Aspekte waren hier besonders aufschlussreich.

Über der ganzen Geschichte lag zudem eine Frage, die immer wieder aufkam: inwieweit ist der Glaube an das Böse eine in sich selbst erfüllende Prophezeiung? In Amerika eilen wir von der Sklaverei in den Südstaaten über das Civil Rights Movement in die Gegenwart – wo nach all der Zeit immer noch die Hauptfarbe ein wesentlicher Faktor für die Chancen im Leben darstellt.


Yaa Gyasis Roman ist voll von unzähligen Einzelthemen, die sich in einer einzigen Rezension kaum alle ansprechen lassen. Bemerkenswert, wie sie der Familienlinie über Zeit und Raum folgt und dabei die Verbindung zu den Ahnen immer aufrechterhalten kann. Diese Familienerinnerung ist beeindruckend. Alles in allem, ein farben- und facettenreicher Roman, der einem Unmengen an „Food for Thought“ liefert, insbesondere über unterschiedliche Wahrnehmungen historischer Ereignisse. 

Sonntag, 30. April 2017

Ingo Froböse - Strongfoods

Das neue Buch des ausgewiesenen Experten in Sportfragen der Universität Köln, Prof. Dr. Ingo Froböse, kommt in grellen Farben und mit markantem Untertitel - "Wer Muskeln will, muss richtig essen" - daher und macht Sport- und Ernährungsinteressierte neugierig. Im ersten Viertel des Buchs legt der Experte die Grundlagen für die sportadäquate Ernährung und geht auf Aspekte wie Kalorienbedarf, Sport und Diät, Nahrungsergänzung, Proteinbedarf oder Ernährung/Nährstoffbedarf in der Regeneration ein. Danach schließt sich der Rezepteteil an, der wiederum untergliedert ist in die Phase vor bzw. nach dem Training, in der Rekonvaleszenz, für zwischendurch und für trainingsfreie Tage.

Für mich war das Buch eine herbe Enttäuschung. Die liegt vermutlich an der unklaren Zielgruppenbestimmung. Fälschlicherweise bin ich davon ausgegangen, dass es sich an Sportler richtet, die sich mit dem Thema Ernährung grundsätzlich schon einmal auseinandergesetzt haben und nun nach Optimierungsstrategien suchen. Tatsächlich werden grundlegende Aspekte und Banalitäten (man sollte als Sportler nicht rauchen und auch nicht übermäßig viel Alkohol konsumieren) dargeboten. Wer sich nur ein wenig mit der Materie beschäftigt hat, wird hier nichts Neues finden. Die Textmenge ist insgesamt auch so überschaubar gehalten, dass eine gewisse inhaltliche Tiefe sich von vornherein ausgeschlossen hat.

Nichts neues in der Theorie bedeutet jedoch nicht, dass nicht bei den Rezeptvorschlägen tolle Entdeckungen hätten gemacht werden können. Für mich als Vegetarierer die nächste Enttäuschung: die Mehrheit der Gerichte ist nicht vegetarisch, vegane Rezepte habe ich nur eins gefunden. Ist das noch zeitgemäß? Gibt es nicht gerade unter den Sportlern sehr viele, die sich auch Gedanken um ihre Ernährung machen und deshalb den Fleischverzehr reduzieren? Die Angaben bei den Rezepten "Frühstück, Mittagessen, Abendessen" fand ich eher sinnbefreit und spannende, neue Ideen waren leider auch Fehlanzeige. Müsli mit etwas Obst angereichert, verschiedene Variationen von bekannten Nudelgerichten - innovativ und einfallsreich ist anders. Allerdings muss man positiv hervorgeben, dass die Zutaten Standardprodukte sind, die man leicht in jedem Supermarkt findet und die kein exorbitantes Einkommen erfordern, um sie sich leisten zu können.

Das größte Ärgernis war für mich jedoch, dass die Rezepte diametral dem theoretischen Vorgeplänkel entgegenstehen. Wird dort noch explizit darauf hingewiesen, dass der Eiweißbedarf sinnvollerweise durch natürliche Eiweiße gedeckt werden sollte, wird hinten in unzähligen Rezepten mit industriell gefertigtem Eiweißpulver agiert. Die Warnung vor dem Brotkorb beim Italiener wird durch die massenhafte Verwendung von Weißmehl und sogar Hamburgerbrötchen ad absurdum geführt. Dass in den Rezepten wiederholt Light-Produkte und extrem fettreduzierte Milch und Joghurt (0,1% Fett) zum Einsatz kommen, entspricht auch nicht der gängigen Meinung der Ernährungswissenschaftler.

Wer sich noch nie mit dem Thema Ernährung auseinandergesetzt hat und ohne die geringsten Kenntnisse zu dem Buch greift, mag einen Erkenntnisgewinn haben, allen anderen kann man nur raten, das Geld in andere Bücher zu investieren.

Freitag, 9. Dezember 2016

Attila Hildmann - Vegan for Fit Gipfelstürmer

Attila Hildmanns 7. Buch aus seiner „Vegan for…“ Reihe fokussiert dieses Mal auf dem populären Schlagwort „detoxen“. Nach wenigen einleitenden Worten befasst er sich mit dem Phänomen „detox“ und der (angeblichen) Notwendigkeit, seinen Körper bei der Befreiung von allerlei Giftstoffen zu unterstützen. Nach ein paar kurzen Erfolgsgeschichten und der Erläuterung, weshalb aus dem vormals einmonatigen Programm nun ein 7-Tage-Programm wurde, kommt auch schon der Rezepteteil.  Abschließend werden noch einige mentale Tipps gegeben und ein die Ernährung ergänzendes Sportprogramm vorgestellt.

Für jeden Tag werden jeweils zwei Alternativen für Frühstück, Mittagessen und Abendbrot präsentiert, aus denen man sich jeweils eins aussuchen kann im Rahmen der Challenge. Die Rezepte sind aufeinander abgestimmt, so dass man zwar innerhalb des Tages wählen kann, aber nicht zwischen den tagen tauschen sollte. Was aufeinander abgestimmt ist, wird allerdings nicht verraten; zumindest die Kalorien sind es nicht, denn diese variieren erheblich zwischen den Gerichten. Ergänzt werden die Rezepte durch Getränke und Smoothie Vorschläge. Nicht fehlen dürfen, genau wie auch in den vorhergehenden Büchern der Reihe, wirklich ansehnliche Fotographien der Gerichte, die tatsächlich sehr viel Lust aufs Kochen machen.

Wenn man die Bücher von Attila Hildmann kennt, wird man wenig überrascht sein von den hier vorgestellten Gerichten. Ich habe nicht im Detail geprüft, ob sie exakt schon einmal in einem der anderen Bücher vorgekommen sind, aber vieles kommt einem doch bekannt vor. Dies ist nicht so negativ zu verstehen, wie es zunächst klingen mag. Das Frühstück setzt oft auf Beeren bzw. Obst generell und Haferflocken. Die Gerichte für mittags und abends beinhalten auch vielfach die alten Bekannten der veganen Küche: Süßkartoffel, Kürbis und verschiedene Hülsenfrüchte, für die Getreidenote vorrangig Quinoa, daneben diverse Gemüse wie Rotkohl, rote Bete oder Spinat und natürlich Tofu. Das Angebot ist insgesamt sehr variabel, was sicherlich in einer Woche genügend Abwechslung bieten kann.


Einmal Lob und zwei Kritikpunkte zum Abschluss: Mir gefallen Hildmanns Rezepte insgesamt sehr gut. Ich lebe zwar nicht vegan, aber diese Art der Ernährung hat weitaus mehr kreative Ideen und Abwechslung als die meisten vegetarischen Kochbücher, die einfach nur die Menge an Nudeln und Gemüse erhöhen und mir ansonsten meist ziemlich langweilige Kost offerieren. Ganz wesentlich negativ stößt mir jedoch immer wieder der Einsatz von einfach sehr teuren Lebensmitteln auf: Matcha, Acai oder Goji Beeren, Mandelmus und Reismilch sind schlichtweg für den Alltag für die meisten Menschen nicht in diesen Mengen erschwinglich. Sie tauchen zwar nicht in allen Rezepten auf, aber doch in einer sehr großen Anzahl, was für mich die Nützlichkeit deutlich einschränkt. Der zweite Punkt ist sicher nicht für alle Leser interessant, aber ich frage mich schon: was ist neu an diesem Buch? Den detox-Hype grundsätzlich in Frage zu stellen, ist die eine Problematik, andererseits drängt sich mir der Verdacht auf, dass wieder ein Jahr rum ist und kurz vor Weihnachten so ein Kochbuch marketingtechnisch einfach sinnvoll ist. Dieser Punkt nimmt ihm nichts an seiner Qualität, besitzt man jedoch schon das eine oder andere Kochbuch von Hildmann, kann man sich dieses hier m.E. getrost sparen. 

Dienstag, 8. November 2016

Blogmigration

Ich bin umgezogen und dieser Blog wird nicht mehr aktualisiert.

 Die neue Seite findet sich hier:

Sonntag, 6. November 2016

Mleanie Raabe - Die Wahrheit

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Melanie Raabe - Die Wahrheit

Sieben Jahre lang musste Sarah Petersen mit der Ungewissheit leben, was mit ihrem Mann geschehen ist. Sieben Jahre zwischen der Sorge, dass er tot sein könnte, und der Hoffnung, dass er wieder zurückkehrt zu ihr und ihrem gemeinsamen Sohn Leo, der keine Erinnerung an den Vater hat. Dann kommt der Anruf vom Auswärtigen Amt: man konnte ihren Mann in Kolumbien befreien und er ist auf dem Weg nach Deutschland. Voller Spannung fiebert Sarah dem Moment am Flughafen entgegen. Wie wird das Wiedersehen sein? Wie hat sich Philipp verändert? Doch dann der Schock: ein Fremder steht vor ihr und gibt sich als ihr Mann aus. Nimmt den Sohn auf den Arm, um den Journalisten zuzuwinken, die auf sensationelle Fotos bei die diesem spektakulären Fall hoffen; geht mit ihr nach Hause. Dort beginnt das perfide Spiel. Sarah droht die Behörden über den Betrug zu informieren, doch der Mann warnt sie: er wird auch sie auffliegen lassen, denn er kennt ihr dunkel Geheimnis. Was führt er im Schilde? Wer ist er? Und warum glauben selbst ihre Freunde dem charismatischen Fremden mehr als ihr? Seine Taktik ist offensichtlich: sobald Sarah von allen als verrückt wahrgenommen wird, kann er sie einweisen lassen und ganz über das Vermögen der Familie Petersen verfügen.

Ein spannender Thriller, der einem an unzähligen Stellen das Herz aussetzen lässt. Zunächst Sarah zwiegespaltene Stimmung ob der guten Nachrichten: nach so vielen Jahren wieder gemeinsam leben? War nicht eigentlich die Ehe zwischen ihr und Philipp am Ende, als er damals verschwand? Hatte sie nicht sogar damit gerechnet, dass er alles geplant hatte? Sehr nah und glaubwürdig folgt man ihren Sorgen. Dann der Schock über diesen Fremden und ihre blanke Angst allein mit ihm im Haus zu sein. Bedrohung folgt auf Bedrohung, was wird er tun? Man kann Sarahs Furcht regelrecht greifen und wird als Leser in dasselbe Gefühl geschickt. Gänsehaut ist angesagt als er klar ist, dass der Kampf nicht physisch, sondern psychisch ausgetragen wird. Die schlimmsten Momente sind jedoch die, wenn Sarah Hilfe sucht und diese verwehrt wird. Ihre Hilflosigkeit und Verzweiflung sind dermaßen greifbar, dass man sie selbst als Leser spüren kann.

Zunehmend kann man auch die Perspektive des Antagonisten nachvollziehen, mehr und mehr Informationen erhält man von ihm, ohne jedoch seine Motive durchschauen zu können. Ab einem gewissen Punkt wendet sich langsam das Blatt und man fragt sich, ob nicht auch Sarah eine andere Rolle hat als nur die des Opfers. Man bekommt Zweifel und im Raum steht immer noch die Frage, womit sie erpressbar ist. Was hat sie getan? Ist sie womöglich selbst eine Mörderin?

Was kann sich mehr von einem Thriller wünschen als starke Charaktere und nervenzerreißende Spannung? Melanie Raabe gelingt genau das. Dass sich die klare Verteilung in Gut und Böse plötzlich auflöst und man beginnt zu zweifeln und die Dinge neu zu bewerten: schlichtweg hervorragend von der Autorin konstruiert. Der Roman reißt einem mit sich und aufzuhören zu lesen, ist schlichtweg unmöglich. Gespannt war ich besonders auf die Auflösung. Wie kommt man aus dieser Situation heraus, die irgendwann für den Leser emotional auch schwer zu beurteilen ist? Und die Antwort: nicht so gelungen. Nein, mich konnte ihr Ausweg nicht überzeugen. Zum einen kam er zu unvermittelt und unvorbereitet. Das soll’s gewesen sein? Zum anderen ist es für mich nicht ganz glaubwürdig, dass dies psychologisch möglich sein soll, was sich abgespielt hat. Zwar kann alles erklärt werden und offene Fragen bleiben letztlich nicht, aber enttäuscht war ich schon. Hochspannung über mehr so eine lange Strecke und dann ein doch recht banales Ende. Schade, der Roman hätte eine angemessene Auflösung verdient.

Ein herzlicher Dank geht an das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar. Mehr Informationen zum Titel finden sich auf der Seite der Verlagsgruppe Random House.

Montag, 31. Oktober 2016

Rabih Alammedine - Eine überflüssige Frau

Roman, Rezension

Ein einziger Tag, ein ganzes Leben. Mit einem Unglück startet Aaliya in diesen Morgen: ihre Haare sind blau, viel blauer als sie sein sollten. Aber warum sich aufregen, mit 72 Jahren spielt das auch keine Rolle mehr. Noch dazu lebt sie allein in ihrer kleinen Beiruter Wohnung; zu den anderen Bewohnern des Hauses hatte sie nie viel Kontakt, man kennt sich, weiß das Nötigste und fertig. Lieber hat sich Aaliya mit Büchern umgeben, in der Buchhandlung, in der sie viele Jahrzehnte gearbeitet hat, oder zu Hause, wo sie in den letzten 50 Jahren jährlich ein Werk der Weltliteratur übersetzt hat. Das neue Jahr steht an, eine Entscheidung für ein neues Buch muss getroffen werden. Wie viel Zeit bleibt ihr noch, kann sie sich an einen dicken Wälzer wagen? Immer wieder wird diese Überlegung unterbrochen, durch ein Klopfen an ihrer Tür, durch eine Erinnerung an die Vergangenheit, an die Geschichte ihrer geliebten Heimat und an Hannah, ihre einzige Freundin. Die blauen Haare waren nur der Anfang, das Schicksal hat noch mehr große Erschütterungen für Aaliya an diesem Tag vorgesehen.

Rabih Alameddine entführt seine Leser einmal mehr in den von ihm so sehr geliebten Nahen Osten, in den Libanon, seine Heimat. Das Schicksal dieser Stadt, das ihn offenbar schwer getroffen und beeindruckt hat, findet sich auch in diesem Roman wieder. Aaliyas Leben ist eng verbunden mit den Geschehnissen der Metropole zwischen Mittelmeer und Gebirge, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von zahlreichen Kriegen gezeichnet, immer wieder zerstört und wieder aufgebaut wurde und es schafft, unterschiedlichste Konfessionen und Lebensweisen zu beheimaten. 

Das Leben Aaliyas verläuft nicht nach Plan, jung verheiratet wird sie doch nie zur echten Ehefrau und Mutter, als Geschiedene lehnt sie eine weitere Hochzeit ab und bleibt so allein, wenn auch nicht einsam, denn die Literatur begleitet sie. Für jede Lebenslage findet sie Trost bei einem Dichter, alles lässt sich erklären, denn es wurde bereits niedergeschrieben; auch die Philosophen und Maler, ebenso die klassischen Musiker haben es ihr angetan und ihr ferne Länder eröffnet. Aaliya macht einen zufriedenen Eindruck und scheint mit sich und der Welt im Reinen zu sein, nach all den Jahren, in denen sie auf sich allein gestellt war und auch schon einmal mit der Kalaschnikow im Bett schlafen musste. Und dennoch tut sich ein Riss auf. Dies wird an einer Stelle besonders offenkundig:

   Henri Matisse hat einst gesagt: „Es hat mich mein ganzes Leben lang beschäftigt, dass ich nicht male wie jeder andere.“ Ich liebe dieses Zitat, liebe die Tatsache, dass der strahlendste Maler des 20. Jahrhunderts so gedacht hat.

Nein, sie ist keine typische Frau ihrer Zeit. Sie ist eigensinnig und durchsetzungsstark, beweist Rückgrat und Bildung. Als Autodidaktin wurde sie zur Übersetzerin, eine Arbeit für ein nicht vorhandenes Publikum. Aber sie sagt selbst, dass nicht das Ergebnis zählt, sondern der Weg dahin. Vielleicht ist das das Geheimnis ihres Lebens: nicht was sie am Ende erreicht hat, sondern die Zufriedenheit und Freude auf dem Weg dahin ist das, was wirklich zählt. 

Rabih Alameddine zeichnet eine Figur, die nicht auffällt und doch heraussticht. Eine starke Frauengestalt, die sich in einer patriarchalischen Gesellschaft ihren Weg bahnt und eigene Maßstäbe zu setzen weiß. Dabei wirkt sich ein wenig schrullig, aber immer liebenswert. Und wer große Literatur liebt, muss unweigerlich auch Aaliya lieben.

Sonntag, 30. Oktober 2016

Jeanette Winterson - The Gap of Time

novel, review, Hogarth

Leo Kaiser is rich, he has everything he can wish for: money, a beautiful wife, MiMi, a beloved son, a successful business. Nevertheless, there is a certain guilt that he has been carrying around all his life: he was responsible for his best friend Xeno’s accident when they were kids. Is this the reason why Xeno has an affair with his wife and is the father of MiMi’s unborn child? MiMi and Xeno as well as his business partner Paulina try to make him see reality again, but Leo is stubborn and blinded by his anger. His rage finally leads to the catastrophe: his best friend gone, his son dead, his wife divorced and his daughter missing. Apart from his money, Leo has lost everything. On the other side of the world, Perdita grows up with a loving father and a caring older brother. She lives eighteen years not knowing what had happened to her real, biological family. When she meets the love of her life, suddenly, all the pieces match and add up to a completely new picture of her life.

The Gap of Time is part of the Hogarth Shakespeare series and Jeanette Winterson has created a cover form of the bard’s comedy The Winter’s Tale. The author stuck quite close to the original: we have King Leontes - now Leo, king of a business imperium called Sicily; Hermione, his beautiful wife has become lovely singer MiMi; Polixenes, Leo’s childhood friend and later enemy shows up as Xeno; his son Florizel is now represented as Zel; the noblewoman Paulina who secretly holds the reins in both stories; and Shep(herd) and his son Clo(wn) who raise Perdita, the lost daughter. The plot itself has been placed into the computer game world of London and a bit refreshed to give the impression of a modern story. Albeit the story is known and the happy-end could be expected, I enjoyed the novel because Jeanette Winterson has a virtuous way of using language creating humorous and sharp puns and she does not refrain from openly alluding to Shakespeare himself. The comedy is downright entertaining from the first to the very last page and she absolutely managed to create characters who can surprise us, even though we are quite familiar with them, and seem to be authentic and imaginable as real persons.

Again, we can see also in this novel that Shakespeare’s plays can easily stand the test of time. Quite obviously, we have not developed any further during the last 400 years and are still governed by basic emotions such as love, pride, anger, desire, sadness and fear. Those universal sensations can easily be transferred to other places and times and do not lose any of their impact on human behaviour. One really has to congratulate the people behind Hogarth Shakespeare for picking gifted authors who make something new by respecting all that Shakespeare stands for. I am really looking forward to Jo Nesbo retelling Hamlet and Tracy Chevalier on Othello which both are to published in 2017. which both are to be


Matthew Costello/Neil Richards - Final Cut

novel, review

Big Hollywood in small Cherringham: a film team has set up its camp to shoot a historical drama in the lovely British village. The lead is taken over by Zoë, a rising star and beautiful young woman. When a series of suspicious accidents happen, the crew gets nervous, not only because they are already far behind schedule but also because the actors are concerned: is it really just bad luck or is somebody trying to sabotage the shooting? When Zoë’s life becomes actually endangered, Sarah and Jack are asked to have a look not only on her, but also on the set. But the traitor has already set up his final plan…

Episode 17 in the cosy crime series comes with a completely new environment: the film set located outside the village which this time does not play a role at all. Also the protagonists Sarah and Jack have to step back behind the rising stars. Thus, the overall story about those two does not continue which is a bit a pity, since it is often more interesting to see than the actual plot. This time, the solution comes not completely out of nowhere but it cannot be foreseen and at least for me, the motivation behind is not totally convincing. Therefore, one of the weaker episodes of the series.



Samstag, 29. Oktober 2016

Margaret Atwood - Hag-Seed

review, Hogarth, Shakespeare

After many years as Artistic Director of the Makeshiweg Theatre Festival, Felix is finally about to have one of Shakespeare’s most famous and magical plays performed: The Tempest. This will be a show like no other before – but fate has another plan for him; or rather Tony, his assistant, who has to deliver the information of Felix being fired by the board, a treachery well played by the second in row. Felix withdraws to some far away place where he not only mourns the loss of his job, but also the loss of his beloved daughter Miranda to whom he still talks as if she were alive. One day, the chance of getting back to work arises: The Fletcher Correctional Centre has set up some correction scheme involving theatre and Felix is to become the new teacher. He makes the prisoners experience Shakespeare in a completely new way and the outcome is stunning. In his fourth year, he selects The Tempest to see it finally on stage – and with the magical play comes his chance of revenge.

Hag-Seed is a novel of the Hogarth series in which authors re-write Shakespeare’s plays and transfer them to our days. Margaret Atwood has chosen quite a clever way of doing so, she integrates Shakespeare’s play into her novel, but that is - of course - not all this wonderful author manages to do: we have the play in the play, and we have characters who themselves incorporate the roles of the play in their fictional lives. Felix is undoubtedly Prospero using all his power to steer the people around him and to manipulate reality. His daughter Miranda, albeit dead, parallels Shakespeare’s Miranda in a very clever way. Sal and Tony, Felix’ enemies in the theatre world, can easily be identified as Antonio and Alonso. And the prisoners act as spirits and goddesses performing for Prospero-Felix. Apart from the characters, there are so many parallels between the drama and the novel, it would go far beyond the scope of this review to name them all.

Finding the parallels and detecting how Margaret Atwood transformed the drama into a modern novel, is great fun, but even more so is reading the dialogues. It is rare to have so much pleasure and entertainment when reading a rather serious plot; Felix’ interaction with the guards is hilarious, his work with the prisoner-students and their questions against the background of their criminal records and experiences in a world far away from elitist theatres, are fascinating. I wonder if the approach Felix’ chooses might not actually be the perfect way to bring Shakespeare’s ghost closer to today’s youth and thus become a model for teachers.


We know how much is hidden in Shakespeare’s plays and I have the impression that there is so much more in Atwood’s novel which I did not see at the first reading. This is definitely a novel worth giving a second read to dig deeper into what she has created. Coming back to the idea of the Hogarth series, I liked Anne Tyler’s version of The Taming of the Shrew a lot, but Hag-Seed is simply a masterpiece. 

Camilla Grebe - The Ice Beneath Her

review, novel, crime

A shocking crime scene: a woman has been found beheaded in the apartment of Jesper Orre, Sweden’s most popular and scandal-ridden CEO of a clothing company. The prime suspect has disappeared and what astonishes the police, too, is a weapon found on the site, a weapon which has been used before in a similar case. Four weeks before, Emma Bohman, a saleswoman of one of the clothing company’s shops, is in seventh heaven. Jesper has finally proposed to her. For months they have been dating, secretly since the journalists are always after Jesper, but now, her dream seems to come true. But one evening, Jesper does not show up for dinner, and he does not answer the phone, and strange things start to happen in her apartment. As Emma’s life slowly gets out of control, the police investigate the murder: has Emma become the victim of a serial killer? A man the whole country only knows too well?

Camilla Grebe’s latest thriller can grip the reader from the first page. The description of the crime scene is just horrible, it is obvious that the offender must have been full of hatred and rage, but also creative in a way since the arrangement of the corpse is quite remarkable. Most of the tension, however, arises from the structure of the novel. On the one hand, we follow the investigation in the present, on the other, we get Emma’s last weeks and her narration of how she met Jesper and how their relationship developed. It is obvious from the start that the famous businessman has something in mind and that there are aspects in his behaviour which make you shudder.


You quickly get an idea of what could have happened and who victim and suspect are – but then, Camilla Grebe walks in and has a completely different story to tell. When you reach this point of the novel, you sit there staring at the pages in disbelieve since all your ideas just vanish into thin air and most explanations you have made up before are simply wrong. I really enjoy novels which can surprise me, which play with me as a reader, put me on a completely wrong track and then offer another story which is absolute believable and in tune with the characters and their actions. Thus, “The Ice Beneath Her” a perfect read for fans of Scandinavian crime fiction who like strong characters and psychological thrillers.

Montag, 24. Oktober 2016

Ottessa Moshfegh - Eileen

novel, review, Man booker prize

Eileen looks back at the life she once had, the life in X-Ville, where she grew up with her father, a former policeman and alcohol addict, her older sister who was everything she was not and her mother who died much too early. Due to the mother’s illness, Eileen had to give up college and return home to care for her, she found a job in a juvenile detention centre which she hated. There is no such thing as a private life for Eileen, stalking one of the prison guards, some shoplifting from time to time, drinking a bit too much with her father. This is definitely not the life Eileen had imagined, but how can she flee from it? She spends her days daydreaming of different possibilities of escape. When Rebecca Saint John arrives at the prison, Eileen is intrigued by the women’s demeanour. She immediately admires her and even kind of falls in love with her – not foreboding what is behind the nice looks and outer appearance of this woman.

Ottessa Moshfegh’s novel combines psychological aspects with a crime story in a very unexpected way. For the largest part, we follow Eileen and her rather pitiful life. How the parents treat her, especially her father who seems to take her rather as a servant and not as his daughter, her sister with whom she does not relate at all. And her concept of herself: she perceives herself as invisible, ugly even, nobody could ever be interested in her, nobody seems to take notice of her presence. Her thoughts about escape, escape from the village, escape from life, her fantasies about killing her father who is responsible for her deplorable situation arise from her borderline state of mind. Thus, it is not surprising how she reacts when she finds herself suddenly in a critical and threatening situation with a gun in her hand.


From a psychological point of view, the nomination for the 2016 Man Booker Prize shortlist can easily be understood. The novel offers deep insight in the character’s mind and opens a completely new world to the reader. The atmosphere created, the lonely far away village, deep in snow, also wonderfully blends with the inner state of the protagonist. Nevertheless, I would have preferred some more action a bit earlier. The sudden crime situation came a bit too late to my taste. 

Sonntag, 23. Oktober 2016

Nele Neuhaus - Im Wald

Roman, Krimi, Rezension

Im Wald beim beschaulichen Taunusdorf Ruppertshain kommt es Mitten in der Nacht zu einer Explosion und einem Großbrand. Offenbar kam dabei ein Mann ums Leben, der in einem Campingwagen eingeschlossen war. Die einzige Zeugin ist leider nicht sehr brauchbar, voller Restalkohol ist sie sich nicht sicher, ob sie noch jemanden am Tatort gesehen hat. Ein zweiter Mord, die Mutter des ersten Opfers, erschüttert tags drauf das Dorf erneut – wer kann Interesse daran gehabt haben, eine sterbenskranke Frau, der nur noch wenige Tage blieben, vorzeitig ins Jenseits zu befördern? Die Angst geht um in Ruppertshain, denn schnell zeigt sich, dass viel mehr dahintersteckt und weite Teile der Bevölkerung sich nicht ohne Grund zurückziehen. Pia Sander und Oliver von Bodenstein machen sich an die Arbeit, aber Bodenstein merkt schnell, dass er viel tiefer in die Taten verwickelt ist, als er zunächst glauben konnte und dass die Menschen, die er seit seiner Kindheit kennt, möglicherweise nicht die sind, für die er sie gehalten hat.

Band acht der Serie um das Ermittlerduo im Taunus. Ich hatte bereits mehrere der Vorgänger gelesen und war somit mit den Protagonisten und ihren Vorgeschichten vertraut, was den Einstieg eigentlich erleichtern sollte. Hier jedoch war ich recht schnell verloren. Auch wenn dem Buch ein Personenregister vorangestellt wurde, habe ich einige Zeit gebraucht, halbwegs das sehr zahlreiche Personal auseinanderzuhalten. Zudem war mir oftmals nicht klar, wer ist in Olivers Alter, wer nur wenige Jahre älter, aber noch dieselbe Generation, wer gehört zu der Elterngeneration, bisweilen haben diese sich scheinbar auch überschnitten. Ob die Verwirrung durch die Masse an Figuren beabsichtigt war oder durch das Durcheinander unterschiedlichster Fälle entstanden ist, lässt sich für mich auch nach Ende des Buchs kaum sagen. Über weite Strecken fand ich es jedoch eher frustrierend als hilfreich.

Der Fall ist – vom Ende her betrachtet – nicht ganz überzeugend für mich. Ich kann zwar nachvollziehen, dass ein Dorf gewisse Geheimnisse unter den Teppich kehrt, aber dass ein einiger Mensch alle im Griff haben soll und mit ihren Taten erpressen konnte, ist mir jetzt doch ein wenig zu weit hergeholt. Auch dass traumatisierte Kinder einfach den Mund halten und keiner je etwas erzählt, sondern alle ganz unauffällig und normal ihr Leben leben – das erscheint mir unglaubwürdig.


Zwar werden am Ende die Fäden gelöst und alles ist aufgeklärt, aber richtig zufrieden war ich mit dem Krimi nicht. Ich empfand ihn zudem gerade am Anfang als sehr schleppend, zig Nebenhandlungen haben immer wieder zu Verzögerung geführt, was jedoch in diesem Fall nicht zu mehr Spannung, sondern zu Ablenkung und Langeweile geführt hat. Das Highlight waren somit fast nur noch die örtlichen Beschreibungen, da ich mich in der Gegend auskenne. Das ist zu wenig für einen Krimi.

Samstag, 22. Oktober 2016

Matthew Costello - Cherringham 15: The Last Puzzle

Rezension, Review, Krimi, novel

Quentin Andrews is dead. As a surprise to many not only in Cherringham, he was quite wealthy and has left a large fortune. Sarah’s father is astonished, obviously he hardly knew anything about his chess mate who pretended to work as an inventor of crossword puzzles. When the deceased’s will is read, the very last puzzle is opened: whoever of the four potential heirs – his brother, his ex-lover, his carer and an old friend – can solve it, will get all the money. Since Quentin Andrews was already 89 years old and suffered from heart weakness, the attack does not raise suspicion first, but when Sarah and Jack dig a bit deeper into Quentin’s life and the four heirs, the death becomes more and more suspicious.

The 15th episode of the cosy crime series can come up with a good story and a surprisingly exciting plot. I have read the previous episodes but after some time, they became more and more repetitive and could not really entertain me anymore. Yet, I had some waiting time today and picked another one which could fulfil what I expect from such a quick cosy crime novel: some twists and turns in the plot, yet a straightforward solution which does not leave any questions unanswered and some typical English-village-ingredients. All in all, I could cover the waiting time in quite a pleasurable way.


Meg Haston - Alles so leicht

Roman, Jugendbuch, Rezension

Stevie weiß nicht, wo sie sich befindet. In einem Auto, mit einer unbekannten Frau. Doch wo bringt diese sie hin? Und was ist geschehen? Egal, nur noch wenige Wochen, dann ist der große Tag und ihr Ziel ist erreicht. Doch so einfach wird es nicht werden zu verschwinden, schon gar nicht, wenn man sich tothungern möchte. Denn die Unbekannte liefert sie gerade in eine Fachklinik für essgestörte Mädchen ein. Die Regeln sind streng und die anderen alle doof. Stevie wird ihrer Psychologin zeigen, wie stark sie ist und dass bei ihr die Therapie nicht anschlagen wird, denn das ist sie ihrem Bruder schuldig, dem Bruder, der nicht mehr da ist. Wegen ihr. Genau wie ihre Mutter.

Meg Haston hat mit „Alles so leicht“ ein durchaus relevantes Thema aufgegriffen und ihm ein Gesicht gegeben. Essstörungen sind nach wie vor insbesondere bei jungen Mädchen ein wichtiges und auch erschreckendes Thema. Wie sie schön anhand Stevie und der anderen Mädchen aufzeigt, können die Ursachen vielfältig sein und doch zu derselben Krankheit führen. Insbesondere das verquere Weltbild ist eine große Hürde, um Heilung oder zumindest Besserung zu verlangen. Dies sieht man in dem Roman, wenn der Vergleich nie zu den Gesunden erfolgt, sondern immer nur zu den noch dünneren Mädchen, wenn die Diagnose Bulimie eine Katastrophe darstellt, denn noch die Anorektischen gelten als willensstark und diszipliniert, was man gerne sein möchte. Der Kampf um jede Kalorie, der Kampf mit sich, seinem Körper und den Menschen, die einem eigentlich helfen wollen – all das gelingt der Autorin glaubwürdig darzustellen.

Die größte Stärke des Romans ist für mich die Figurenzeichnung. Nach und nach wird die Vergangenheit Stevies aufgerollt und unterschiedliche Aspekte als Auslöser und Verstärker der Anorexie/Bulimie hervorgebracht. Die Arbeit der Psychologen kann ich schwer einschätzen, möglicherweise sind die Arbeitsweisen in diesen Fachkliniken auch anders als außerhalb, bisweilen erschien mir der Kontakt zu nach, zu persönlich und zu wenig professionell. Auch die Tatsache, dass nur wenige Tage im Prinzip ausreichen, um zu einem Therapieerfolg zu führen, bei einer Jugendlichen, die seit über einem Jahr darunter leidet, erscheint mir nicht ganz überzeugend und realistisch.


Alles in allem jedoch ein lesenswertes Jugendbuch, das die Thematik Essstörungen gut umsetzt und zum Nachdenken anregen kann.

Freitag, 21. Oktober 2016

Wystke Versteeg - Boy

Roman, Rezension

Boy ist tot, ihr Sohn, für den sie so lange gekämpft haben. Nachdem es mit der Schwangerschaft nicht geklappt hat, haben sie eine Adoption gewagt. In einer Villa wird er groß, bekommt alles, was er sich wünscht, aber er kommt nie wirklich in Deutschland an. Und dann ist er verschwunden – tot. Für die Eltern bricht eine Welt zusammen, doch die Mutter kann die einfache Erklärung Suizid nicht glauben. Sie begibt sich auf Spurensuche und lernt einen ganz anderen Jungen kennen als den, den sie für ihren Sohn hielt.

Das Buch ist kein Krimi, auch wenn sie spannende Frage im Raum steht, was vor dem Unglückstag passiert ist, wenn erst nach und nach das andere Leben Boys offenbart wird. Es ist vor allen Dingen das Dokument einer Frau, die große Schwierigkeiten hat, mit Gefühlen umzugehen, diese erst einmal zuzulassen, Nähe zu leben und Vertrauen zu anderen Menschen zu haben – und das, wo sie als Psychiaterin arbeitet. Interessant fand ich insbesondere die Diskrepanz zwischen den geschilderten fehlenden Emotionen, sowohl gegenüber dem Ehemann wie auch dem Kind, die Schwierigkeit eine klassisch-liebende Mutter zu sein, die sich für alles interessiert, was im Leben des Kindes passiert, und dann dem Schmerz, den sie empfindet, als Boy nicht mehr da ist. Auch die zweite Frau, vermeintlich verantwortlich für den Tod, wird mit vielen schwierigen Emotionslagen präsentiert, die ihr das Leben in Gemeinschaft und den Umgang mit anderen Menschen schwermachen. Erst in der Ferne und Einsamkeit können sie das zulassen, was sie in der Heimat nicht erleben konnten.


2013 wurde Wytske Versteeg in ihrer niederländischen Heimat mit dem BNG Nieuwe Literatuurprijs für diesen Roman ausgezeichnet, eine Anerkennung vielversprechender Jungautoren. Im Zuge der Frankfurter Buchmesse 2016, bei der die Niederlande und Flandern Ehrengast sind, wurde auch dieser Roman in Deutschland bekannt. Kein leichtes Werk, das einem bisweilen an die Substanz geht, aber dadurch enorm ausdrucksstark.
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