Mittwoch, 31. Dezember 2014

Oliver Kern - Geist des Bösen

Der Nigerianer Cassidy Osuji wird wenige Tage vor Weihnachten tot in einer Waiblinger Lagerhalle aufgefunden. Das Kokain, das er bei sich trägt, lässt darauf schließen, dass er in den lokalen Drogenhandel verwickelt war und ein Streit unter den Händlern eskalierte. Allerdings werfen seltsame Markierungen im Gesicht der Leiche Fragen auf und schnell zeigt sich, dass der Fall weitaus komplexer ist. Wieso nutzt er seinen nigerianischen Pass und Visa, wo er sich doch mit dem zweiten, britischen Pass problemlos in Deutschland aufhalten kann? Weshalb erzählte er seiner deutschen Ehefrau Lügengeschichten und was treibt er, wenn er nachts unterwegs ist? Und welche Rolle spielen die Neonazis, die sich in der Nähe des Tatorts aufgehalten haben und ein weiterer Nigerianer, der kurz danach bei der Flucht vor der Polizei ums Leben kommt? Die Weihnachtstage rücken für Kommissarin Kristina Reitmeier und ihre Kollegen in weite Ferne.

Der Thriller überzeugt mich durch seine hohe Komplexität. Viele verschiedene Aspekte fließen mit ein und lassen die Ermittlungsarbeit immer weiter ausufern, eine einfache, leichte Klärung verweigernd. Auch als Leser kann man zwar allerlei Mutmaßungen anstellen, die tatsächlichen Zusammenhänge kommen aber erst spät ans Licht und sind auch dann keine simplen Lösungen. Eine Reihe von unterschiedlichen Faktoren und Motivlagen, unüberwindbaren Zwängen und Gefühlen leiten die Figuren, was sie facettenreich und glaubwürdig erscheinen lassen und der gesamten Handlung sehr viel Authentizität verleihen.  Der ganz große Thrill war für mich nur an wenigen Stellen gegeben, aber die Konstruktion als Ganzes in ihrer Vielschichtigkeit konnte mich überzeugen und fesseln.


Fazit: ein eher anspruchsvolles Exemplar im Thrillergenre, das nicht auf ausgetreten Pfaden wandelt. 

Lovelybooks Themenchallenge 2015

Dani hat eine große Herausforderung für die Lovelybooksleser gestellt: 

Die Themenchallenge 2015


Folgende Aufgaben sind zu erfüllen:
1.     Ein Buch, in dem es um Bücher, Literatur und / oder das Lesen geht.
Roger Morley - The Haunted Bookshop 
2.     Ein Buch, dessen Cover hauptsächlich (am besten ausschließlich) Schwarz und Weiß ist.
Patrick Modiano - Dora Bruder
3.     Ein Buch, dessen Titel aus genau 2 Wörtern besteht.
Daniela Gesing - Venezianische Delikatessen
4.     Ein Buch mit einer durchschnittlichen Bewertung von 3 oder weniger Sternen auf LovelyBooks. (Das Buch muss mindestens 3 Bewertungen haben, es gilt der Zeitpunkt, zu dem du zu lesen beginnst)
Michael Ziegelwagner - Der aufblasbare Kaiser (zu Lesebeginn 6 Bewertungen mit 2 Sternen im Schnitt)
5.     Ein Buch von einem Bestsellerautor, von dem du selbst noch nie etwas gelesen hast.
John Fowles - Der Sammler (international renommiert, mit "The Magus" und "The French Lieutenant's Woman" hat er auch zwei internationale Bestseller verfasst, von der Times als einer der 50 wichtigsten britischen Autoren des 20. Jahrhunderts gelistet)
Ersatzbuch: Andreas Eschbach - Der Nobelpreisträger
6.     Ein Buch, das gedruckt bisher ausschließlich als Hardcover erschienen ist.
Dirk Reinhardt - Train Kids
7.     Ein Buch, das in Asien, Südamerika oder Afrika spielt.
Patricia Highsmith - The Tremor of Forgery (spielt in Tunesien)
8.     Ein Buch mit mehr als 650 Seiten.
Boris Pasternak - Doktor Schiwago (rund 800 Seiten)
9.     Ein Buch mit einer jungen und einer älteren Hauptfigur, mindestens 40 Jahre Altersunterschied.
Philippe Claudel - La petite fille de Monsieur Linh
10.  Ein Buch, zu dem es auf LovelyBooks noch keine Rezension sowie keine Kurzmeinung gibt. (Es zählt der Zeitpunkt des Lesebeginns.)
Svenja Leiber - Das letzte Land (Hörbuchausgabe)
11.  Ein Buch mit einen elektrischen Gegenstand auf dem Cover.
 Christa Bernuth - Innere Sicherheit (Telefon)
12.  Ein Buch, in dessen Buchtitel gegenteilige Wörter / Dinge genannt werden.
Sanne Munk Jensen - Wir wollten nichts. Wir wollten alles.
13.  Ein Buch von einem Autor, der bisher ausschließlich dieses eine Buch veröffentlicht hat.
Nathan Filer - Nachruf auf den Mond
14.  Ein Buch, das durch seinen Titel & sein Cover auf eine ganz bestimmte Jahreszeit hindeutet.
Tom Callaghan - Blutiger Winter (zeigt auch eine Schneelandschaft)
15.  Ein Buch, in dem mindestens 3 unterschiedliche fantastische Wesen vorkommen.
Arto Paasilinna - Der liebe Gott macht blau (neben Gott kommen auch noch Erzengel Gabriel, Petrus, Moses Obadja und weitere Engel und Heilige vor, da ich die Bibel jetzt nicht wörtlich verstehe, würde ich sie mal als fantastische Wesen bezeichnen).
16.  Ein Buch das, egal ob im Original oder in der Übersetzung, einen Literaturpreis gewonnen hat. (Bitte den Namen des Preises mit angeben.)
Ann Cleeves - Die Nacht der Raben (hat 2006 den Duncan Lawrie Dagger Award der Crime Writers' Association für dieses Buch erhalten) 
17.  Ein kunterbuntes Buch.
Emma Straub - The Vacationers
18.  Ein Buch, dessen Buchtitel eine Aufforderung ist.
Andreas Götz - Stirb leise, mein Engel
19.  Ein Buch, bei dem die Initialen des Autors 2 aufeinanderfolgenden Buchstaben im Alphabet entsprechen.
Heather Gudenkauf - One Breath Away
20.  Ein Buch, das erstmalig 2015 in dieser Sprache erschienen ist.
Robert Brack - Die rote Katze (veröffentlicht am 7.1.2015)
21.  Ein Buch, das du geschenkt bekommen hast. (Bitte verrate auch von wem und zu welchem Anlass.)
Milan Kundera - Das Fest der Bedeutungslosigkeit (geschenkt vom Osterhasen)
22.  Ein Buch, in dem ein Tier von großer Bedeutung ist.
Arno Geiger - selbstporträt mit Flusspferd
23.  Ein Buch mit Streifen auf dem Cover.
Rainbow Rowell - Eleanor & Park
24.  Ein Buch, das eine Buchreihe abschließt.
26.  Ein Buch, das in einem Verlag erschienen ist, dessen Verlagsname mit dem selben Buchstaben beginnt wie dein Vor- oder Nickname. Bitte den Vornamen ggf. mit angeben ;)
Amber Dermont - In guten Kreisen (aus dem Mare Verlag)
27.  Ein Buch, in dessen Titel das Wort "Liebe" vorkommt.
Wolfgang Herrndorf - Bilder Deiner großen Liebe
28.  Eines der 5 Bücher, die schon am längsten ungelesen in deinem Regal stehen. (Falls du es weißt, verrate doch, wie lange du es schon besitzt.)
Stephen King - The Dark Half (muss seit über 10 Jahren bei mir rumstehen)
29.  Ein Buch, das für dich ein außergewöhnlich schönes Buchcover hat.
Laura Tait/Jimmy Rice - Das Beste, das mir nie passiert ist.
30.  Ein Buch, das verfilmt wurde oder sicher verfilmt wird.
F. Scott Fitzgerlad - The Great Gatsby (mehrfach verfilmt, zuletzt 2013)
31.  Ein illustriertes Buch. Es sollten richtige Zeichnungen und nicht nur Verzierungen am Seitenrand sein.
David Duchovny - Holy Cow
32.  Ein Buch, das zuerst auf Deutsch erschienen ist und ins Englische übersetzt wurde.
33.  Ein Buch, dessen Autor bereits verstorben ist.
Alfred Hayes - In love (verstorben 2005)
34.  Ein Buch, das einen Monat im Buchtitel hat. Bitte lies das Buch auch in dem Monat, der im Titel vorkommt.
Patricia Highsmith - The two faces of January (gelesen im Januar 2015)
35.  Ein Buch, in dem es um Musik geht.
Gaston Leroux - Le fantôme de l'Opéra 
36.  Ein Buch, von dem du dachtest, du würdest es niemals lesen, weil es z.B. nicht deinen Lieblingsgenres entspricht.
Leslie Kelly - Ich will dich (Erotikroman, gar nicht meine Welt)
37.  Ein Buch mit Blumen / Blüten auf dem Cover.
Thomas Wendrich - Eine Rose für Putin
38.  Ein Buch, das eine Krankheit oder Behinderung thematisiert. (Bitte gab auch an welche!)
 Philippe Pozzo di Borgo - Le second souffle (Biographie eines Tetraplegikers)
39.  Ein blutiges Buch.
Judith Winter - Lotusblut (klassischer Thriller mit mehreren Toten)
40.  Ein Buch, in dessen Titel mindestens ein Wort aus einer anderen Sprache vorkommt. (Es darf nicht im deutschen Duden stehen.)
Liane Moriarty - The husband's secret


Montag, 29. Dezember 2014

Cordula Hamann - Glasgesichter

Andreas Wahrig freut sich. ihre Galerie steht finanziell am Abgrund, aber sie konnte mit dem aufstrebenden Künstler Maximilian Ross eine Ausstellung vereinbaren, die den Durchbruch bringen wird. Seine verstörenden Glasbilder ziehen die Betrachter gleichermaßen an, wie sie sie abstoßen. Doch kurz vor der Vernissage erhält sie eine Drohung, die sie unmissverständlich auffordert, die Ausstellung abzusagen, da sonst ihre Mutter mit dem Leben bezahlen müsste. Als auch noch der Künstler verschwindet, machen sich Andrea und ihr undurchsichtiger Kunde Oleg selbst auf die Suche und finden befremdliche Unterlagen in Maximilians Wohnung. Offenbar sammelt er  Zeitungsmeldungen zu vermissten Personen. Doch Andrea lässt sich so schnell nicht abhalten, da muss schon Schlimmeres passieren. Und das passiert.

Ein Thriller, der einem schier umhaut. Das Cover ist zunächst verstörend, könnte aber kaum besser zum Inhalt des Buchs passen und ist schlichtweg perfekt gewählt. Die Handlung lässt mehrere Stränge parallel verlaufen, so dass man lange Zeit nicht ganz durchblickt. Langsam nähert sie sich dem Höhepunkt und wartet dann mit einer absolut schlüssigen und glaubwürdigen Lösung auf, die alle seltsamen Ungereimtheiten auf einen Schlag klärt und den Leser erkennen lässt, was sich zuvor tatsächlich abgespielt hat. Die psychologische Tiefe hinter dem Plot ist enorm, geht weit über das hinaus, was man im Genre sonst so findet.

Ein Thriller, der mit etwas Anlauf so in Fahrt kommt, dass man das Lesen schlicht nicht mehr stoppen kann.


Amanda Stevens - Die Verlassenen

Ree Hutchens arbeitet in einer Psychiatrischen Klinik und begleitet dort Miss Violet in ihren letzten Stunden. Als sie dem leitenden Arzt die Patientenunterlagen bringt, wird sie Zeugin eines Streits. Dr. Farrante wird offenbar erpresst, eine alte Geschichte scheint dahinterzustecken und soll vertuscht werden. Am nächsten Morgen ist der Erpresser tot. Alles, was Ree erfahren hat, war, dass ein alter Friedhof ein Geheimnis birgt.  Sie beginnt der Sache nachzuforschen.


Eine hochgradig absurde Geschichte um Geister und Mystik, die leider den Realitätsbezug völlig verloren hat. Auch die Figuren haben wenig Glaubwürdiges an sich, besitzen eine übernatürliche Sensorik bei gleichzeitig ziemlich dämlichem Handeln.

Susanne Limbach - Tödliche Flaschenpost/Tausend Träume

Eine für mich völlig neue Leseerfahrung: ein Wendebuch, das aus zwei Kurzgeschichtensammlungen besteht. „Tödliche Flaschenpost“ beinhaltet Kriminalgeschichten, „Tausend Träume“ Liebesgeschichten. Egal von welcher Seite man beginnt startet man im klassischen Buchlook mit einem thematisch stimmigen Cover, den Veröffentlichungsdaten und einem Inhaltsverzeichnis.

Die Kriminalgeschichten haben mich zuerst angezogen, einfach weil dies eher mein Genre ist.  In der Länge wie auch im Inhalt zeichnen sie sich durch Variabilität aus. Einzig auffällig war für mich die hohe Anzahl an weiblichen Mördern, was ich im Allgemeinen eher selten erlebe. Dafür waren aber sowohl Mordmotive wie auch Umsetzung immer wieder überraschend und verschieden.

Dies zeigt sich auch in der Sammlung der Liebesgeschichten, die glücklicherweise nicht durch schmachtende Bettszenen bestechen, sondern die unterschiedlichen Arten von Liebe zwischen den Menschen einfangen und in Geschichten kleiden. Oft näher sich die Autorin erst ganz langsam, nicht immer ohne Schmerz der Figuren.

Was mir insgesamt sehr gut gefallen hat, war, wie die Handlungsorte eingebettet wurde. Im Wesentlichen spielen sich die Geschichten im Ruhrgebiet und an der Nordsee bzw. Hamburg ab. Mit kleinen Details, die Ortskundigen sofort ins Auge springen, entsteht die Handlung vorm inneren Auge und wird so auch nicht beliebig und austauschbar.


Fazit: die Geschichten haben alle einen eigenen Charakter, was den unterhaltungswert des Buches enorm steigert. Die Idee des Wendebuchs finde ich interessant, aber auch gewagt, denn ob die Kombination gerade dieser beider Genre viele Leser anlockt, mag ich nicht zu sagen.

Samstag, 27. Dezember 2014

Thilo Corzilius - König Tod

Ein bestialischer Mord an der Studentin Monika, der zugleich an einen Fall vor einigen Wochen erinnert, erschreckt Hamburg. Markenzeichen des Täters: ein Shakespeare Zitat, das mit dem Blut des Opfers an die Wand geschrieben wird. Der Journalist Thaddäus von Bergen kann es nicht fassen, dass seine Untermieterin so bestialisch aus dem Leben gerissen worden sein soll und sieht sich selbst auch schon bald als Zielscheibe des Täters: in einem langem Artikel hat er über die erste Tat an einem Produzenten berichtet. Die Polizei tappt im Dunkeln und findet keine wirklichen Ansatzpunkte. Voller Unruhe und Sorge machen sich Thaddäus so wie ein weiterer Mitbewohner, der Informatikstudent Amir, selbst an die Recherchen. Waren Monikas letzte Arbeiten als Journalistin der Auslöser für die Taten? Immerhin hat sie im Bereich der Medien nachgeforscht, womit eine Verbindung zum ersten Fall gegeben ist. Oder steckt doch ihr Drogen dealender Ex-Freund, der sich auffallend verdächtigt verhält, dahinter?

Dem Krimi gelingt es gut, die Hansestadt einzufangen, nebenbei wird über die soziale Verteilung in der Stadt und die seit Jahren diskutierte Wohnungssituation berichtet. Der Fall selbst ist – vom Ende her betrachtet – gut konstruiert, führt immer wieder auf falsche Fährten und lässt bis zum Ende viele Möglichkeiten zu. Die Motivation des Täters ist mir nur zum Teil glaubhaft dargestellt, vielleicht war hier auch die Auflösung zu abrupt, um den entsprechenden Raum zu geben.

Bei den Figuren bin ich nicht wirklich überzeugt. Einerseits wird Thaddäus von Bergen als herausragender Journalist der überregionalen Wochenzeitung „Chronos“ vorgestellt, der dort vielbeachtete Artikel veröffentlicht und er hat zudem als Adelsspross beste Erziehung genossen und Zugang zur Oberschicht.  Andererseits handelt er dilettantisch wie ein unbedachter Teenager, kann bei seinen Nachforschungen kaum eine sinnvolle Frage formulieren und zeigt im Umgang mit Menschen nicht das geringste Feingespür. Das ist für mich alles nicht stimmig. Der zweite Protagonist Amir ist hier wesentlich authentischer gezeichnet, als Informatikstudent mit Hang zum Hacken kann er illegal Informationen beschaffen, die die Nachforschungen voranbringen.


Für mich noch hervorzuheben sind kleine, aber durchaus gelungene Details, wie die Anspielung mit dem Zeitungsnamen „Chronos“ oder auch die Wahl des Titels, die in direkter Verbindung zu den Morden steht. 

Saira Shah - Ziemlich nah am Glück

Anna freut sich auf ihre kleine Tochter und das Leben in Südfrankreich, das sie zusammen mit ihrem Mann Tobias auf dem alten Bauernhof beginnen will. Doch die kleine Freya wird krank geboren – multiple Behinderungen werden ihr nie ein normales Leben ermöglichen. Über das Stadium einer Neugeborenen hinaus ist keine Entwicklung zu erwarten. Diese verzweifelte Situation gepaart mit der neuen Lebenssituation, die das einst glückliche Pärchen ebenfalls überfordert, entsteht im Languedoc eine hochexplosive Mischung. Zu dieser gesellt sich noch ein Hippiemädchen, ein etwas ominöser Araber und natürlich die Dorfbewohner, die das Treiben auf dem Bauernhof interessiert beäugen.


Der Roman basiert auf den realen Erlebnissen der Autorin. Was ihr gelingt zu transportieren ist die schiere Verzweiflung der Eltern vor der Situation und die permanente Fragen, wie viel Energie – aber auch wie viel Liebe sie für das Kind aufbringen können und wann der Zusammenbruch droht. Die Besuche im Krankenhaus und die medizinischen Maßnahmen zum Lebenserhalt des Babys sind bisweilen erschreckend und man möchte sicherlich mit dieser Lage nicht tauschen.

Matthew Costello - Cherringham. Mord an der Themse - Landluft kann tödlich sein

Auftakt einer digitalen Krimiserie. Nach der Scheidung ist Sarah zurück in ihr Heimatdorf zurückgekehrt und arbeitet dort als Webseitengestalterin. Als ihre ehemals beste Freundin tot aufgefunden wird und die lokale Polizei dies als Unfall abtut, kann sie nicht glauben, was sie hört und beginnt selbst Fragen zu stellen. Dabei trifft sie auf den Amerikaner Jack, ehemals Detective bei der New Yorker Polizei. Gemeinsam kommen sie dem ausufernden Leben der Freundin auf die Spur.


Ein weiteres Beispiel für die um sich greifende Unart Krimis nur noch in Häppchen zu präsentieren. Der Fall ist in sich zwar abgeschlossen, aber aufgrund der Kürze nur mit wenig Tiefe und relativ oberflächlich.

Freitag, 26. Dezember 2014

Thomas Hettche - Pfaueninsel

Die Pfaueninsel, an der Havel gelegen, südlich von Berlin ist der Schauplatz der fast märchenhaft anmutenden Geschichte. Die kleinwüchsige Marie und ihr Bruder Christian kommen als Kuriositäten auf die Insel und wachsen dort zwischen Palmenhaus und Menagerie auf. Marie tut sich schwer damit ähnlich wie die exotischen Tiere, die nach und nach angeschafft werden oder wie andere kurios anmutende Menschen – von den Südseeinseln oder ein Riese – etwas zu sein, dass die Besucher bestaunen. Sie versucht sich ein normales Leben zu geben, verliebt in den Gärtner Gustav hofft sie sogar auf die Liebe. doch dieser Wunsch soll ihr verwehrt bleiben, ebenso wie das Kind, das sie bekommt und das Gustav ihr nimmt. So wie die Insel im Laufe der Zeit bei den Nachfolgern des Königs an Interesse verliert, wird auch Marie immer einsamer und schließlich ist das gealterte Schlossfräulein quasi einsam in dieser verzauberten Welt fernab des Fortschritts.


Eine wahrhaft märchenhafte Erzählung, die so hätte stattfinden können und doch erfunden ist. Auch wenn die Handlung für mich nur begrenzt reizvoll war, gelingt es Hettche mit einer außerordentlich poetischen Sprache, den Zauber dieser Welt hervorzurufen und das Treiben der Lebewesen vor dem geistigen Auge entstehen zu lassen. Wahrlich eine Reise in eine ganz andere Welt, die so schon lange nicht mehr existiert. 

Donnerstag, 25. Dezember 2014

Tina Seskis - Ungeschehen

Emily verlässt ihren Mann und ihr altes Leben. Sie geht nach London und beginnt dort als Cat ein neues Leben. Was geschehen ist, bleibt im Dunkeln. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten findet sie in Angel eine gute Freundin und auch im Job kann sie schnell punkten, sich langsam in der Werbebranche hocharbeiten und eine neue Existenz aufbauen. Alles scheint gut zu werden, doch immer wieder kommen die Erinnerungen. An das Aufwachsen mit der Zwillingsschwester, die von der Mutter gehasst schnell zum Problemkind wird. Auch an Ben, den sie immer noch liebt und ihre kleine Familie, die sie vermisst. Am Jahrestag ihres Verschwindens kommt es zur Katastrophe und sie wacht neben einer Leiche auf. Sie hat scheinbar noch jemanden getötet.


Tina Seskis hat einen Roman über eine verzweifelte Frau geschaffen, die nochmal ganz von vorne anfangen möchte. Neben der Haupthandlung um Emily/Cats Neuanfang bestimmen diskontinuierliche Rückblenden die Erzählen, die so ihr Leben davor und die Gründe für ihr Verschwinden entfalten. Mehrfach wird der Leser dabei an der Nase herumgeführt und die mühsame Rekonstruktion fällt wieder in sich zusammen. Im Fokus stehen jedoch Leben, die nicht so verlaufen, wie sie sollten. Irgendwie haben alle mit ihren Umständen zu kämpfen und werden durch ihre Mitmenschen so unglücklich, dass sie flüchten, sich in Drogen- und andere Abhängigkeiten flüchten. Die Schilderung der zwischenmenschlichen Unzulänglichkeiten ist für mich die große Stärke des Romans, wie sich die Figuren gegenseitig zerstören und auch stützen. Die Atmosphäre wird jedoch nie so niedergeschlagen, dass man es nicht mehr ertragen könnte, im Gegenteil, man wünscht den Figuren, dass die mühsamen Versuche wieder auf die Beine zu kommen erfolgreich sind – doch der nächste Rückschlag lauert immer schon.

Dienstag, 23. Dezember 2014

Sonja Rüther - Blinde Sekunden

Ein heimliches Treffen, das erste gemeinsame Beisammensein. Ein Luxushotel, das Ambiente soll stimmen. Was Sven und Silvia geplant haben scheint perfekt – auch wenn sie dafür ihre Ehepartner betrügen. Doch dann geschieht das Unglaubliche: Silvia verschwindet spurlos aus dem Foyer. Wurde sie das Opfer eines unheimlichen Serientäters? Sven ist verzweifelt. Nicht nur fehlt ihm die Frau, die er liebt, sondern sein ganzes Leben geht langsam den Bach runter als sich deine Frau trennt und auch sein bester Freund wegen der Affäre nichts mehr mit ihm zu tun haben will. Die Polizei kommt mit den Ermittlungen auch nicht weiter. Als Kommissar Rieckers kurz vor seiner Pensionierung dem Serienmörder auf die Schliche kommt und diesen überführen kann, keimt kurz Hoffnung auf. Doch gibt es noch einen anderen Täter?

Der Plott ist interessant gestrickt mit einer komplexen Verflechtung unterschiedlichster Aspekte. Das Cover ist ebenfalls ansprechend und macht Lust auf den Thriller. Leider konnte mich die Umsetzung jedoch nicht überzeugen. Die Figuren bleiben mir zu farblos und unmenschlich, durch die großen Zeitsprünge verliert man auch immer wieder den Bezug zu ihrem Seelenzustand, was ich für einen Thriller, der bewusst mit den Grenzen des Verstandes spielt, schade finde. Zu wenig glaubwürdig scheint mir das Handeln der Psychologin, der immer Spritzen mit Betäubungsmitteln bei sich führt, was sie eigentlich nicht dürfte, und die ihre Patienten permanent bedroht. Ebenso das des Kommissars, der sich als moralisch über dem Recht stehend aufspielt und sich immer wieder auf abstruse Eigentouren begibt und den Kollegen jede Kompetenz pauschal abspricht. Mir fehlten insgesamt die Sympathieträger, mit denen ich mitleiden konnte und um die ich mich sorgte.


Zwar werden am Ende alle Handlungsstränge zu einander geführt und es findet eine durchaus logische Auflösung statt, es bleibt aber vieles wenig glaubwürdig und realistisch. Viele Handlungsstränge gehen zwischendurch verloren bzw. werden nicht weiterverfolgt, so dass die Handlung oft ein wenig lose aneinandergereiht erscheint. Die Dialoge waren mir oft zu steif und gekünstelt, insbesondere bei den skizzierten Therapiesitzungen, was wohl dazu beigetragen hat, dass der Thriller mich nicht überzeugen konnte. 

Sonntag, 21. Dezember 2014

Patrick Modiano - Gräser der Nacht

Ein schwarzes Notizbuch lässt Jean an eine längst vergangene Zeit erinnern. Drei Monate im Paris der 60er Jahre. Diskontinuierlich wie seine zerstreuten Notizen kommt bruchstückhaft die Erinnerung zurück an die Zeit mit Dannie. Die Straßen der französischen Metropole sind Ankerpunkte, sie erzählen, wo er mit gewandert ist, wo sie gelebt haben, was sie erlebt haben. Dannie ist eine erstaunliche Figur, schwer zu fassen und auch für ihn mysteriös. Welche Post holt sie immer ab? Was tut er mit ihr eigentlich in diesen fremden Wohnungen? Und weshalb nutzt sie gleich mehrere Namen? Ist sie etwa doch in einen Mordfall verwickelt, wie die Polizei glaubt? Mühsam rekonstruiert der Autor die Episode seines Lebens ohne jedoch hinter Dannies Geheimnis zu kommen.

Eine Hommage an ein nicht mehr vorhandenes Paris der Bohème, die in den Tag lebt und zwischen Cafés und interessanten Begegnungen flaniert. Eine mosaikhafte Erzählweise, die aus der Chronologie herausbricht, Gegenwart und Vergangenheit vermischt und den Leser mit auf eine seltsame Reise nimmt. Man ist versucht auf dem Stadtplan die Wege von Jean und Dannie mit zu verfolgen, die Cafés aufzusuchen und selbst Notizen einer schwindenden Zeit anzufertigen.


Ungemein poetisch, von Ulrich Matthes mit viel Charme vorgelesen, ist das Hörbuch ein echter Genuss.

Ursula Poznanski - Erebos

Ein unglaubliches Computerspiel zieht die Jugendlichen einer Londoner Schule in seinen Bann. Erstaunlich real scheint das, was sich dort abspielt. Auch Nick ist sofort fasziniert als er das Programm startet. In einer Phantasiewelt hat er Aufgaben zu erledigen, Kämpfe zu bestehen und schlichtweg zu überleben. Denn bei Erebos gibt es nur eine einzige Chance. Doch bald schon werden die Levels härter und die Aufgaben kurioser, denn sie finden nicht mehr nur in der Spielwelt, sondern auch in der Realität statt. Alles dient einem einzigen Ziel: den Feind von Erebos zu eliminieren. Doch dieser ist kein erfundenes Monster, sondern ausgesprochen real und die Spieler ahnen gar nicht, in was sie da hineingeraten sind.

Das Jugendbuch wird m.E. zu recht mit so viel Lob überhäuft. So wie das Spiel die Jugendlichen zu fesseln weiß, gelingt es auch dem Buch die Leser einzufangen und immer weiterlesen zu lassen. Die Seiten fließen dahin und man kann förmlich vor sich sehen, wie das Spiel seine Wirkung entfaltet und auch über das Buch hinaus lebendig wird. Spannend, bisweilen erschreckend, außerordentlich authentisch wirkend und damit real vorstellbar – wie sich Massen von einer imaginären Figur leiten und manipulieren lassen.


Fazit: völlig unerwartet ein sensationelles Buch.

Samstag, 20. Dezember 2014

Katharina Peters - Vergeltung. Teil 1. Das Mädchen

Frisch getrennt und zurück in Berlin bekommt es die Sonderermittelrin des BKA Hannah Jakobs mit einem seltsamen Fall und einem unbequemen Partner zu tun. Ein Anwalt ist verschwunden, bereits vor sechs Wochen, doch keine Anzeichen deuten auf ein Verbrechen hin. Die einzige diesbezügliche Anzeige wurde zurückgezogen. Mark Springer vermutet dennoch eine Gewalttat und möchte weiterforschen. In der Vergangenheit gab es bereits Anzeichen dafür, dass Robert Bleichert nicht nur Familienfälle bearbeitete, sondern auch im Rotlichtmilieu gut vernetzt war. Erste Befragungen ergeben jedoch nichts, auch die Ehefrau scheint wenig erschüttert vom Verschwinden ihres Mannes. Doch dann wird eine der Hauptzeuginnen ermordet und bei ihr findet die Polizei sehr belastendes Material.


Ein überzeugender Auftakt mit viel Spannung. Die Figuren sind facettenreich gezeichnet, mit Ecken und Kanten, keine Übermenschen, denen alles gelingt, aber auch nicht gänzlich am Ende und völlig abgeschriebene Außenseiter. Das ungleiche Fahndungsduo hat einen hohen Unterhaltungswert und auch der Fall hat Potential. Diese erste Episode kann auf jeden Fall überzeugen.

Ralph B. Mertin - Nachtigall im Winter

Waisenhaus Königspfalz, 1950. Choran tritt seine Stelle als Gruppenleiter an. Das Haus steht unter dem Regiment Direktor Köhler, der nicht nur mit harter Hand führt, sondern auch einzelne Gruppen bevorzugt, wie die Gruppe Nachtigall. Andere hingegen – Chorans Jungs in Haus Winter – werden systematisch benachteiligt. Doch mit der Ankunft des undurchsichtigen Mannes ändert sich die Lage. Er bringt den Jungs Zusammenhalt und Gruppenstärke bei. Dies ist aber keineswegs so uneigennützig, wie es scheint. Er zieht die Kinder in seinen mystischen Bann und arbeitet mit Drogen und Jahrtausende alten Riten. Ein Reporter nähert sich derweil der Institution und merkt schnell, dass hier einiges schief läuft und vor allem manch ein Beschäftigter etwas vorgibt, was er gar nicht ist. Die Nazizeit holt die Bewohner langsam wieder ein und die dunkle Zeit bricht an dieser Stelle wieder an.

Ein Thriller der besonderen Art. Das Waisenhaus als von der Welt abgeschottete Institution bietet mit seinen traumatisierten und zum Teil verrohten Bewohnern die perfekte Kulisse für eine grausame Instrumentalisierung. Die Gewalt unter den Kindern ist schon arg – bei ihren Vorgeschichten jedoch glaubwürdig motiviert und authentisch. Auch die Nazivergangenheiten und der Versuch, ein neues Leben unter falscher Identität zu starten ist sicherlich realistischer als man sich das heute vorstellen mag. Die mystischen Elemente waren jetzt weniger mein Fall, ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass es solche Zauber gibt und Menschen allein durch den Glauben an die Wirksamkeit über sich hinauswachsen. Insgesamt eine interessante Verbindung unterschiedlichster Elemente, die einen spannungsgeladenen Roman mit überraschendem Ende zu bieten hat.


Fazit: für mich im Thrillergenre sicher eine bemerkenswerte Ausnahme.

Dienstag, 16. Dezember 2014

Gea Nicolaisen - Zündstoff

Die Architektin Lucie ist noch neu in Schleswig und freute sich, in Fenja schnell eine Freundin gefunden zu haben. Doch diese stürzt sich unvermittelt von einer Brücke, scheinbar aus Liebeskummer. Wenige Tage nach dem Tod erhält Lucie von ihr noch ein Päckchen mit der Bitte, Ragnar, der sie verschmähte, ihr Tagebuch zukommen zu lassen. Dieser ist jedoch sehr abweisend und Lucie kann sich nicht erklären, was ihre Freundin an ihm finden konnte. Ebenso wenig wie Malte, der Fenja immer von Ragnar abbringen wollte und sehr unter ihrem Tod leidet. Er nährt den Verdacht, dass es vielleicht kein Suizid, sondern Mord war. Lucie beginnt zusammen mit Malte nachzuforschen und schnell schon geschehen seltsame Dinge. Es gibt Bombendrohungen und sowohl die junge Frau wie auch Ragnar stehen im Zentrum des Interesses. Wer steckt hinter den feigen Drohungen und was bezweckt der Bombenleger?

Ein handfester Krimi angesiedelt in der deutschen Provinz. Die Autorin setzt der nordischen Gegend ein Denkmal, denn sie erhält eine prominente Rolle im Roman und dank einer Protagonistin, die architektonisch bewandert ist, wird dies auch wertgeschätzt. Der Kriminalfall ist mit einigen Seitensträngen angemessen komplex ohne jedoch den roten Faden zu verlieren und wird am Ende sauber gelöst. Die Figuren erhalten Profil und Charakter, ihre Anzahl bleibt auch so überschaubar, dass sie durchaus authentisch und glaubwürdig wirken.


Fazit: ein solider Krimi, nicht übermäßig spannend, aber überzeugend.

Montag, 15. Dezember 2014

Alexandra Görner - Süße Küsse unterm Mistelzweig

Er: sensationeller Körper, Profisportler, Multimillionär. Sie: sieht sensationell gut aus, erfolgreiche Geschäftsfrau mit eigenem Hotel, Single. Die Vorgeschichte: eine heiße Nacht, dann hat er sie für einen Vertrag verlassen und ist auf die andere Seite des Atlantik geflüchtet, seither Funkstille. Das Setting: die Rückkehr zur Familie an Weihnachten, er muss bei ihr im Hotel nächtigen. Handlung: bei erster Gelegenheit fallen sie übereinander her, noch eine kurze Dramasequenz bevor der obligatorische Heiratsantrag folgt.

Ja, die Handlungen dieser Art von Büchern sind vorhersehbar. Die Figuren sind immer stereotype Übermenschen, denen keiner das Wasser reichen kann. Das Ende ist immer bekannt und Überraschungen bleiben naturgemäß aus. Trotzdem kann das Buch dem Leser etwas bieten. Neben der arg überschaubaren Handlung, die von einer Sexszene zur nächsten hechelt, fällt vor allem die Gossensprache negativ auf. Dauernd wie jemand „flach gelegt“ und es ihm oder wahlweise ihr „besorgt“. Dies ist nicht nur abstoßend und erinnert an billigste Sexheftchen, die unter der Tankstellentheke verkauft werden, sondern passt auch in keiner Weise zu dem Titel und dem Cover des Buchs. Man würde eher eine zuckersüße Romanze mit viel Schmalz erwarten als diese doch etwas primitive Übereinanderherfallen.

Sonntag, 14. Dezember 2014

Eva Almstädt - Ostseesühne

Im Teich eines Bauernhofes entdeckt der Postbote eine Leiche. Von den Bewohnern fehlt jede Spur. Besorgt holt er den nächsten Nachbarn zu Hilfe, der jedoch auch nicht mehr ausrichten kann, als die Polizei zu rufen. Kommissarin Pia Korritki steht kein einfacher Fall bevor, denn wer den Lehrer ermordet haben sollte, ist völlig unklar. Aber Gerüchte im Dorf schüren die Diskussionen an: gab es vor Jahren nicht mal ein Mädchen, das auf dem Hof gefangen gehalten wurde? Und was ist mit dem Sohn, der geistig retardiert sein muss? Doch nicht nur der Fall fordert Pias volle Aufmerksamkeit. Auch ihr Privatleben ist angespannt, denn die neue Partnerin von Felix Vater scheint plötzlich eine Familie haben zu wollen: mit ihrem Felix als Sohn.


Der Fall bietet einiges an Spannung und interessanten Wendungen, die in keiner Weise vorhersehbar waren. Mit einem klassischen, action-geladenen Showdown findet Eva Almstädt auch einen passenden Abschluss. Mir sind die Vorgänger der Pia Korritki Reihe nicht bekannt, es war jedoch völlig unproblematisch, in die Handlung zu kommen und den Figuren zu folgen. Spannende Unterhaltung solide umgesetzt.

Daniela Arnold - Lux Aeterna

Eine grausame Mordserie erschüttert München. Menschen werden brutal verstümmelt und gehäutet, bevor der Täter sie in den Tod entlässt. Die Polizei sucht verzweifelt nach einer Verbindung zwischen den Opfern, doch weder Geschlecht noch Alter geben einen Hinweis. Die Journalistin Janka hat derweil in Hamburg ganz andere Probleme. Frisch von ihrem Freund getrennt entwickelt sie nach einem Interview mit einem Experten den Verdacht, einen Zwilling zu haben – als Kind wurde sie adoptiert, gab es etwa noch ein Geschwisterkind? Kurzerhand begibt sie sich nach Budapest, wo dieser Verdacht bestätigt wird. Nach über 30 Jahren tritt sie endlich ihrem Bruder gegenüber, ohne zu ahnen, wen sie vor sich hat.

Ein spannender Krimi, dessen Schreibstil mich mit seiner mitreißenden Art sofort fesseln konnte. Vor allem die brutalen Szenen sind hervorragend gelungen. Die Geschichte um Janka hat durchaus auch ihren Reiz und stellt interessante Fragen bzgl. der Verbindung zwischen Geschwistern. Leider ist schon viel zu früh offensichtlich, worauf der Roman hinausläuft, dies schmälert am Ende (das auch etwas hektisch überstürzt wirkt) ein wenig den Unterhaltungswert, eine erneute Wendung hätte der Spannung gut getan.


Nichtsdestotrotz ein durch und durch gelungener Thriller, der es zu fesseln versteht.

James Graham Ballard - Running wild

25. Juni, Pangbourne Village nahe London. Um 8:20 beginnt ein nie gesehenes Massaker, das 32 Erwachsene das Leben kostet und alle Kinder der Wohnanlage spurlos verschwinden lässt. Wie konnte das geschehen? Die Anlage war ein Hochsicherheitstrakt, überall Kameras, die Bewohner aus der gehobenen Mittelschicht, Problem gab es keine, die perfekte Bilderbuchwelt. Scotland Yard sucht verzweifelt nach Spuren, doch es finden sich keine. Der Grad der Nicht-Zerstörung ist bemerkenswert. Psychologe Greville stellt eine gewagte These auf: die Kinder sind die Mörder. Diese wird jedoch erst weiterverfolgt, als eines der Mädchen traumatisiert wieder auftaucht und die Kinder ein weiteres Mal zuschlagen.


Eine schier unglaubliche Geschichte, die den materialistischen Perfektionswahn unserer Zeit gnadenlos angreift und mögliche Auswüchse aufzeigt. Das barbarische Handeln der Kinder, perfekt geplant – wie ihr ganzes Leben bis dato perfekt durchorganisiert war – ohne Schaden an der perfekten Wohnumgebung und in der Konsequenz doch durchschlagend.

Merle Kröger - Grenzfall

1992, deutsch-polnische Grenze. Zwei Menschen, offenbar Flüchtlinge werden von Jägern erschossen und nicht versorgt, ein Feuer soll den Mord vertuschen. 20 Jahre später werden die Bewohner des Örtchens wieder mit den Ereignissen konfrontiert, als die Tochter eines der Ermordeten zurückkehrt. Mattie Junghans und Nick Ostrowski wollen ihr helfen, die Wahrheit, die damals vertuscht wurde, ans Licht zu bringen. Keine leichte Aufgabe, denn einer Romni glaubt man nicht so leicht und auch in Rumänien, wohin Mattie die Nachforschungen führen, haben sie einen schwere Stand.


Ein interessanter Krimi, der eine schwierige Zeit – heute leider aktueller denn je – der deutschen Geschichte aufgreift: Selbstjustiz als Schutz vor Asylsuchenden, von denen man sich bedroht fühlt. Dazu die Ablehnung der Roma hier wie auch in Rumänien und die Suche nach einer Wahrheit, die eigentlich niemand sehen möchte.

Samstag, 13. Dezember 2014

Christian Lorenz - Identität

Ein abgelegenes Dorf vor den Toren Berlins. Minke hat sich hierher in ihr Elternhaus geflüchtet und lebt wie viele andere in der Gegend vom Ackerbau. Eines Tages steht Thomas quasi vor ihrer Tür. Er kann sich weder erinnern, wie er dahin gekommen ist, noch ergeben seine Erinnerungsfetzen Sinn. Da er gerne arbeitet, nimmt ihn Minke auf, auch der Förster Herzel mag den Fremden und hat genügend Aufgaben für ihn. Minke als Netzaktivistin und versiert in neuen Medien ahnt, dass hinter diesem mysteriösen Mann eine größere Geschichte steckt. Schnell gerät sie selbst ins Visier der Entführer und Thomas muss erneut flüchten.

Mich konnte dieser Thriller leider nicht überzeugen. Lange und vor allem langatmige Passagen über Ackerbau und Viehzucht waren sehr quälend und für die Handlung meines Erachtens ohne Bedeutung. Die Figuren blieben für mich zu flach, um mich mit ihnen leiden und fiebern zu lassen. Thomas blieb ohne Erinnerung auch ohne Profil und kam mir weitgehend roboterhaft vor. Förster Herzel mimte den etwas einfältigen Dorfbewohner, Minke war diffus und als Figur zu unstimmig in ihrer Haltung und Handeln als dass sie in mir Sympathien hätte wecken können.

Der Thriller ist als Dystopie angelegt in einer Zeit eines überwachten Deutschlands. Die Idee des Rückzugs auf das Land weg von der direkten Kontrolle hin zum einfachen Leben ist durchaus ein interessanter Ansatz in diesem Genre. Was mir jedoch fehlte war ein wirklicher Einblick in das System, hier wird vielfach mir Phrasen gedrescht und plakative Zuordnungen vorgenommen, die nur wenig auf eine ausgereifte politische Idee hinter dem Roman schließen lassen.

Fazit: ein interessanter Ansatz, der mir aber zu wenig überzeugend umgesetzt wurde.


Johanna Alba/Jan Chorin - Hosianna!

Weihnachten steht vor der Tür. Papst Petrus will sich gerade auf die besinnliche Zeit einstimmen – Planung des Menüs, Aufbau seiner Krippe – als das Verschwinden eines Priesters seine volle Aufmerksamkeit erfordert. Ausgerechnet in dem Haus, in dem auch seine beiden Schwestern leben, gehen seltsame Dinge vor sich. Wenn das die Presse erfährt – Petrus muss selbst ermitteln, um zu verhindern, dass diese Geschichte bekannt wird. Immaculata, seine Haushälterin, die ein hartes Regiment führt, sein Sekretär Francesco und seine Assistentin Giulia müssen helfen, die kuriose Hausgemeinschaft des alten Palazzos zu untersuchen. Denn dass ein Mord geschehen sein muss, liegt auf der Hand: ein blutiges Schwer und das blutgetränkte Bett sind eindeutige Beweise! Tag für Tag rückt das Fest näher und dass bis zum Heiligabend der Fall gelöst sein muss, ist klar. Dabei haben die Figuren auch noch ganz andere Sorgen und Giulia gerät ganz plötzlich auch noch in größte Gefahr.

Das Buch ist nicht ganz leicht einem Genre zuzuordnen. Der Mord und die Ermittlungen des privaten Teams sind durchaus ein Kriminalfall, der geschickt aufgezogen und sauber gelöst wird. Dazu kommt eine zweite mysteriöse Geschichte um Immobilien in Rom, die ebenfalls interessante Aspekte zutage fördert und sich clever mit dem ersten Handlungsstrang verbindet. Die Figurenzeichnung und die Dialoge sind jedoch eher humoristischer Natur. Liebevoll sind sie gezeichnet mit ihren Macken und Ticks, weit von jeder Perfektion entfernt, aber dafür umso herzlicher wachsen sie einem schnell ans Herz und lassen den Leser mit ihnen leiden und fiebern. Die Dialoge sind das Highlight des Buchs, heiterer Wortwitz und Verdrehungen, die genau passend dosiert sind, um nicht zu überzogen zu wirken.


Fazit: hervorragende Unterhaltung zur Vorweihnachtszeit – solange man mit einem Augenzwinkern den päpstlichen Haushalt betrachten kann. 

Dienstag, 9. Dezember 2014

Dany R. Wood - Achtung Familienfeier

Der 80. Geburtstag ihrer Oma lässt Eva vom fernen Berlin zurück in die saarländische Heimat reisen. Schon der Beginn ihrer Reise ist von Pleiten, Pech und Pannen gesegnet, doch als sie im Zug auf den smarten Sandro trifft, den sie gleich gerne für sich gewinnen möchte, scheint alles eine positive Wendung zu nehmen. Kurzerhand „bucht“ sie den Schauspieler als Begleiter für die Festlichkeiten, womit das Chaos vorprogrammiert ist. Die Eltern wittern die große Chance das Töchterchen doch noch unter die Haube zu bekommen, doch der Schwiegersohn in spe hat zwei linke Hände. Aber auch die anderen Familienmitglieder drohen den Festtag mit ihren Intrigen und Streitigkeiten  zu einer Höllentour werden zu lassen. Einzig die Oma kann entspannt dem Chaos in ihrem Hause zusehen – hat sie doch gerade im Internet einen potentiellen Lover für sich entdeckt.


Der Roman sprüht nur so vor Wortwitz und Situationskomik und bei allem hat man immer wieder das Gefühl, dass diese saarländische Familie doch eigentlich jedem bekannt ist und sie überall leben könnte. Alle Figuren haben ihre Macken und Fehler, was sie einfach liebenswert macht. man sieht die Katastrophen heraufziehen, um sich dann über ihnen zu entladen – aber am Ende wird doch alles gut und zufrieden und glücklich wurde auch dieser Feiertag überstanden. Liebevoll im Detail gezeichnet macht sich der Autor keineswegs über diese absoluten Durchschnittsmenschen lustig, sondern zeigt eher, dass alles halb so wild ist und man sich ja doch irgendwie lieb hat, auch wenn das manchmal weh tut. 

Montag, 8. Dezember 2014

Silke Nowak - Spielende

Nach dem tragischen Tod seiner Eltern zieht der Banker Achim samt Ehefrau Iris, der Tochter Amy und Säugling Max von London zurück auf die Schwäbische Alb. Der Familienhof soll zu einem Hotel umfunktioniert werden, helfen wird der langjährige Freund Leif. Dieser ist ebenfalls vor Ort, als die Lage sich zuspitzt: er hat eine Affäre mit Iris, das droht herauszukommen. Verkompliziert wird das Verhältnis auch durch Achims geliebte Schwester Melanie, der Iris nicht über den Weg traut. Eine Dorfbewohnerin, Clara, freundet sich mit der Familie an. Niemand ahnt, dass auch sie ein Geheimnis hütet. Ein grauenvoller Brand reißt die ganzen Dorfbewohner nachts aus den Betten und in der Familie ist nichts mehr wie es war – oder wie es schien, denn so manches in diesem Roman ist mehr Schein als Sein.

Ein psychologisch anspruchsvoller Roman, der sich nach und nach steigert. Alle Figuren tragen Geheimnisse in sich, auch die psychischen Belastungen durch die Unglücksfälle oder Vorerkrankungen tragen zu einer hochexplosiven Mischung bei. Langsam steigert sich die Handlung, bis man als Leser nicht mehr weiß, wem man trauen und glauben kann. Alles scheint möglich.

Mich konnte der Roman über weite Strecken sehr fesseln und immer wieder in andere Annahmen leiten. Das Ende kam mir zu abrupt und überhastet, hier hätte der Handlung mehr Zeit und Entfaltung gut getan. Zahlreiche Wendungen halten zwar die Spannung am Leben, waren mir aber letztlich einen Ticken zu viel des Guten.


Insgesamt aber überzeugend und unterhaltend.

Sonntag, 7. Dezember 2014

Batya Gur - Am Anfang war das Wort

Am ehrwürdigen Literaturseminar der Universität von Jerusalem gibt es gleich zwei Tote. Ein junger Dozent verunglückt bei einem Tauchunfall und der angesehene Professor Tirosch wir ermordet aufgefunden. Inspektor Ochajon ermittelt in bekannten Kreisen, hat er selbst doch auch eine Zeit lang am Institut studiert und kennt die Gepflogenheiten. Schnell steht fest. dass der vermeintliche Unfall einer manipulierten Gasflasche zuzuschreiben ist, es gibt also zwei Morde, die auch offenbar zusammenhängen. Doch Ochajon tappt zunächst im Dunkeln, hat eine skandalträchtige Vorlesung damit zu tun? Und was hat der Nachwuchswissenschaftler in den USA erfahren, das ihn womöglich sein Leben gekostet hat?


Batya Gur schafft es einen Ermittler zu kreieren, der sich durch feinsinnige Intellektualität von der Masse der Kommissare abhebt. Ochajon gefällt mir unglaublich gut, vor allem weil er ohne große Action auskommt und die Romane dennoch nicht an Spannung mangeln lassen. „Am Anfang war das Wort“ begeistert mich vor allem durch das Setting und den literarischen Diskus, der nebenbei geführt wird. Der Fall an sich ist glaubwürdig und überzeugend gelöst.

EM Forster - A Room with a View

Florenz, Italien. Die junge Lucy Honeychurch bereist mit ihrer ältlichen Kusine Charlotte Barnett das Land. In der Pension Bertolini erhalten sie Zimmer, die jedoch keine besonders schöne Aussicht bieten. Ein gewisser Herr Emerson bietet an, mit ihm und seinem Sohn zu tauschen, da sie einen schönen Blick über den Arno haben aus ihren Räumen. Charlotte ist konsterniert über ein solches Angebot, auch die anderen britischen Hotelgäste sind von dem seltsamen Vater-Sohn-Gespann eher abgestoßen, man merkt, dass diese nicht zu den besseren Kreisen gehören. Dennoch nehmen die Damen das Angebot an. Lucys Reise hat noch mehr Überraschungen für sie auf Lager, die Autorin Mrs Lavish bringt sie in größte Gefahr und bei einem Ausflug nach Rom geschieht etwas Unerhörliches. Zurück in England soll sie Cecil Vyse heiraten. Doch schon bald merkt sie, dass dieser vermeintliche gesellschaftliche Aufstieg durch die Hochzeit für sie nicht das ist, was ihr Herz ihr sagt.


Für mich der bislang schwächste E;M Forster. Die Figuren bleiben mir – insbesondere Lucy als Protagonistin – doch sehr flach und fremd. Auch bricht der Roman mit dem Ortwechsel. Wird in Italien noch herrlich die Gesellschaftskritik an seinen Landsleuten klar – hier sieht man Forsters Sprachkönnen und rücksichtslose Abrechnung – flacht das Buch zurück in der Heimat merklich ab und zieht sich so dahin. Als Klassiker der britischen Literatur immer noch lesenswert, im Vergleich zu anderen Werker des Autors jedoch für mich weniger bedeutsam.

Gilbert K. Chesterton - Der geflügelte Dolch

Pater Brown wird vom Polizeiarzt Dr. Boyle zu Hilfe gezogen. Ein Fall, bei dem er nicht weiß, ob die Polizei, ein Arzt oder doch eher ein Geistlicher gefragt ist. Ein Mann scheint unter Verfolgungswahn zu leiden, doch ganz unbegründet ist dessen Angst wohl nicht. Nach dem Tod ihres Vaters hatten die drei Söhne um das Erbe zu kämpfen, denn der Eindringling Elison hatte sich das Vertrauen des Vaters erschlichen. Nun doch ohne Erfolg dastehend droht er den Brüdern mit dem Tod. Zwei von ihnen sind schon bei seltsamen Unfällen ums Leben gekommen, nun scheint der dritte an der Reihe.


Ein klassischer Detektivroman, der ohne technischen Schnickschnack auskommt und sich auf den Menschenverstand verlässt. Es gibt einen erwartbaren Mord, auch wenn di4e Aufklärung kurioses zu Tage fördert. Keine Megaspannung, wie man sie in aktuellen Stoffen oft erlebt, aber dafür solide Unterhaltung mit glaubwürdiger Auflösung.

Julian Barnes - Love etc.

Oliver, Stuart und Gillian waren einst beste Freunde. Gillian war mit Stuart verheiratet, doch auf der Hochzeit merkte Oliver, dass er selbst in sie verliebt ist und setzte alles dran, dem Freund die Frau auszuspannen – erfolgreich. Heute leben die beiden mit zwei Kinder mehr schlecht als recht in London. 12 Jahre nach der letzten Begegnung taucht Stuart wieder auf. Er ist inzwischen in Amerika erfolgreich als Geschäftsmann tätig. Unter dem Vorwand alte Freundschaften wieder aufleben zu lassen sucht er den Kontakt. Er gibt dem Paar Ratschläge, bietet seine Hilfe an und verschafft Oliver sogar einen Job. langsam treibt er den Wiedersacher damit in eine Depression und kann so seinen Plan endlich ausführen.


Julian Barnes schenkt nicht. in aller Grausamkeit begegnen sich die drei Personen, die sich nicht trauen – aus gutem Grund – versuchen ihr Selbst- und Fremdbild aufrecht zu erhalten, sich gegenseitig aber doch vernichten. Hier wird niemand glücklich.

Samstag, 6. Dezember 2014

Henning Mankell - Begegnung am Nachmittag

Sechzig Jahre waren sie verheiratet, doch die letzten 23 gingen sie bereits getrennte Wege. Jetzt will sie die Scheidung und sucht zu diesem Zweck ihren Noch-Ehemann auf. Dieser ist alt geworden, wie sie auch. Gemeinsam blicken sie nach vorne und zurück – sowohl ein Neubeginn, wie auch ein grausames Ende stehen als Optionen im Raum. Die beiden kennen sich schon lange, erinnern sich an ihre erste Begegnung und den Hochzeitsantrag – doch auch die schlimmen Seiten der Ehe kommen zum Vorschein. Verletzungen bleiben nicht aus.


Ein düsterer Einblick in eine zerrüttete Ehe. Bösartig bisweilen, nicht leicht mit anzuhören, wie diese beiden ohne Rücksicht aufeinander ihre Ziele verfolgen. Aber manchmal sind Beziehungen schmerzhaft und vielleicht tut es ja doch auch gut, wenn lange gehegte Geheimnisse am Ende doch noch gelüftet werden.

Attila Hildmann - Vegan to go

Attila Hildmanns Reihe veganer Bücher hat einen Neuzuwachs: Vegan to go. Fokus dieses Mal: schnelle Gerichte für unterwegs.

Was zunächst auffällt, ist, dass der Teil erklärender Hinweise zum veganen Lebensstil deutlich kürzer ausfällt, als bei den Vorgängern. vermutlich, weil dieses Buch sich eher an diejenigen richtet, die schon ein wenig Vorerfahrung mitbringen. Mit ein paar allgemeinen Hinweisen muss man sich zufrieden geben, was ich aber nicht weiter unpassend finde, so bleibt der Schwerpunkt auf den Rezepten.

Der große Rezeptteil ist in Kategorien gegliedert, deren Namensgebung nicht immer aussagekräftig ist und sich so manches Mal nicht direkt erschließt und ob es zwingend pseudo-hippe Überschriften hätten sein müssen, sei dahingestellt. Im Abschnitt Frühstück fand ich wenig Überraschendes, vegane Marmeladen und Nutella sind weithin bekannt – hier hätte ich mehr Innovation toll gefunden. „Daily Delights“ ist eine Sammlung an Mittagessen, die in der Zutatenauswahl durch eine große Breite besticht und somit für jeden Geschmack etwas zu bieten hat. Das einzige, was mich etwas stört, ist, dass „to go“ hier nur auf die Möglichkeit, Essen nochmals aufzuwärmen bezogen wird und sich die Gerichte eigentlich gar nicht von „normalen“ unterscheiden.“Snack attac“ bietet schnelle Mahlzeiten für zwischendurch, danach folgen Sandwiches, Salate, die bekannten Smoothies und Süßwaren.

Alle Rezepte sind einfach zu verstehen und nach zu kochen, kurze Hinweise am Rand (auch zu Möglichkeiten exotischere Produkte zu erwerben) sowie tolle Aufnahmen ergänzen das Ganze.


Meine Erwartungen waren wohl etwas zu hoch, das Buch konnte sie nur bedingt erfüllen. Mein hauptkritikpunkt ist, dass der Titel nicht hält, was er verspricht, denn „to go“ ist hier einfach zu wenig zu finden. Hinzu kommt, dass es mir hier zu wenig Ideen gab, was meines Erachtens Hildmanns Bücher bislang ausgezeichnet hat.

Freitag, 5. Dezember 2014

Rita Falk - Winterkartoffelknödel

Franz Eberhofer wird versetzt, von München zurück aufs Land nach Niederkaltenkirchen. Bei Vatern und Oma beheimatet, leistet er seinen Dienst als Dorfgendarm. Natürlich bestens vernetzt über die ortsansässige Kneipe und durch regelmäßige Spaziergänge mit Hund Ludwig immer im Bilde über das, was sich im Ort tut. Doch dann häufen sich die Todesfälle und messerscharf sieht er einen Zusammenhang, den aber außer ihm niemand erkennen will. Und auch die nette Kanadierin, die einen lange verwaisten Hof gekauft hat und diesen nun renovieren will, weckt zunächst seine Skepsis. Mit Bauernschläue geht er der Sache auf den Grund und entdeckt schon bald ein sehr viel größeres Verbrechen als geahnt.


Die hochgelobte Reihe von Rita Falk kann mich nicht überzeugen. Der Oberdorftrottel bleibt mir einfach unsympathisch, der Witz ist für mich abgedroschen und schon tausendmal da gewesen. Die Figuren schwanken alle zwischen nervig und nicht mehr zu ertragen, die Dümmlichkeit wird hier auf die Spitze getrieben. Der Fall macht zwar insgesamt einen soliden Eindruck, aber die sprachliche Gestaltung und die Figuren lassen das Buch eher zu Qual werden.

Donnerstag, 4. Dezember 2014

José Ovejero – Das Erfinden der Liebe

Ein Anruf eines unbekannten Mannes reißt Samuel aus seiner Lethargie. Clara ist tot und wird wenige Tage später beerdigt. Samuel kennt keine Clara, entschließt sich aber dennoch zur Trauerfeier zu gehen, wo er vom Ehemann der Verstorbenen verprügelt wird. Alle Gäste sind ihm unbekannt, aber offenbar hatte die Verstorbene einen Liebhaber mit demselben Vornamen. Carina, Claras Schwester, nimmt zu ihm Kontakt auf, vor allem, weil sie den Mann kennenlernen möchte, für den Clara ihre Ehe aufs Spiel gesetzt hat. Samuel findet sie attraktiv und so erfindet der die Liebesgeschichte zwischen sich und Clara, bis ihm eines Tages der richtige Samuel begegnet.


Ein kurioses Spiel um die Liebe, die im Entstehen ist und erfunden wird. Carina und Samuel kämpfen um die Erinnerungen an Clara, doch irgendwie gelingt es ihnen immer wieder ähnliche Bilder hervorzurufen. Auftrieb erhält die Geschichte mit dem Auftauchen des zweiten Samuel und der Frage, ob der erste sein Schauspiel weiter aufrechterhalten kann. Viele Facetten der Liebe treten zutage und bisweilen fragt man sich, was wohl an Erinnerung bleibt, wenn man selbst nicht mehr ist.

Gerald Kersh – Ouvertüre um Mitternacht

London im zweiten Weltkrieg. Während Hitler mit der Ermordung abertausender Juden in Deutschland begonnen hat, wird im Umfeld der Bohème-Bar ein 10-jähriges Mädchen aufgefunden, ebenfalls Jüdin. Schnell zeigt sich, dass der Mörder unter den Stammgästen der Bar zu finden sein muss. Die Polizei ermittelt zwar, Detective Turpin kommt jedoch nicht voran, so dass schließlich Asta Thundersley die Initiative ergreift, um das Verbrechen zu sühnen. Gemeinsam mit ihrer Schwester stellt sie dem Mörder eine Falle. Doch dieser fällt nicht so schnell darauf herein.


Zwei energische Schwestern, die sich ansonsten nicht immer herzlich vertragen, überlisten gemeinsam den Täter. Neben der Krimihandlung tritt hier vor allem die düstere Stimmung zu Kriegszeiten – vor allem auch der Umgang mit dem jüdischen Volk – als wesentliches Element hervor, was psychologisch tief in die Figuren blicken lässt. Die Ermittlungen sind spannend, vor allem das Katz und Maus Spiel zwischen Mörder und Verfolgern. Insgesamt eine interessante Umsetzung des Themas.

Michael Behrendt - Steinefresser

Steinefresser – So nennt man die Polizisten, die bei Demonstrationen an der Front stehen und die Steine der Gewaltbereiten „fressen“ müssen.  Wolf Schacht hat so auch einmal angefangen und sich dann den schweren Weg hinauf gebahnt bis zum Teamführer einer SEK Einheit. Da er merkt, dass langsam die Zeit gekommen ist, sich etwas Neues zu suchen für die restlichen Arbeitsjahre, macht er ein Praktikum bei der Mordkommission. Gleich der erste Tote bietet besondere Brisanz: ein ehemaliger Kollege Schachts, der jetzt als Personenschützer für Politiker arbeitet. Was von den Behörden schnell als Suizid abgetan wird, beschäftigt Schacht, denn daran kann er kaum glauben. Zunächst auf eigene Faust, dann auch durch einen Vorgesetzten inoffiziell ermutigt, legt er mit privaten Ermittlungen los, nicht ahnend, dass er ein ganz heißes Eisen anpackt und sich ranghohe Feinde schafft. Ohne Rückendeckung und Auffangnetz geht er der Wahrheit auf den Grund und bringt sich in Lebensgefahr.

Michael Behrendt hat einen glaubwürdigen, authentisch wirkenden Protagonisten geschaffen, der restlos als lonesome wolf überzeugen kann. Feste Überzeugungen, ein starker Sinn für eine Gerechtigkeit – die sich nicht immer mit dem Gesetzt deckt – leiten und treiben ihn an. Die Geschichte wirkt auf mich nicht nur logisch und spannend, sondern ist erschreckend vorstellbar in der Realität. Lange Zeit bleiben die wahren Zusammenhänge unklar und verborgen, erst nach und nach lichtet sich der Schleier, derweil bahnt sich Schacht unnachgiebig seinen Weg und hält den Leser im Bann.

Ich bin eigentlich kein Fan von diesen einsamen Ermittlern, die auch gerne mal die robustere Tour fahren – Michael Behrendts Protagonist konnte mich aber überzeugen und bestens unterhalten. Für mich im Genre eine erfreuliche Ausnahme von der 0815- Ermittlerdarstellung.
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