Sonntag, 30. Dezember 2012

Paulo Coelho - Die Schriften von Accra

Paulo Coehlo konstruiert eine interessante Geschichte: über verschlungene Wege sei ihm eine alte Schriftenrolle zugetragen worden, die er nun der Welt zugänglich machen möchte. Sie gehöre zu einer größeren Sammlung, sei bislang aber mit Verachtung gestraft worden. Sie beschreibt die Ereignisse vom 14. Juli 1099 dem Abend, bevor Jerusalem angegriffen werden sollte und an dem sich die Bewohner der Stadt, schon gerüstet für den bevorstehenden Kampf, nochmals versammeln und einem griechischen Kopten lauschen, der während vieler Reisen und intensivem Studium das religiös-philosophische Wissen der damaligen Zeit gesammelt hat und dies für die Nachwelt bewahren möchte. Daher sollen seine Worte aufgeschrieben und memoriert werden, damit spätere Generationen nicht dieselben Fehler wie ihre Väter machen müssen.

Einzelne Bewohner wenden sich in der Folge mit den großen Fragen des Lebens an ihn. So werden die Liebe, aber auch Arbeit und Erfolg, Schönheit oder Angst und das Alleinsein thematisiert und fast gleichnisartig beantwortet.

Coelho hat dieses Büchlein nach einem Herzinfarkt innerhalb weniger Tage verfasst. Dem Tod ins Auge blickend konzentriert er sich auf die wesentlichen Themen der Menschheit und findet sowohl bei den drei großen Weltreligionen, aber auch bei den alten Philosophen für ihn befriedigende Antworten. Das Buch endet mit dem Bewusstsein, alles für ein zufriedenes Leben erforderliches Wissen dargelegt zu haben. Ein Buch fast wie ein Abschied.

****/5

Samstag, 29. Dezember 2012

Lew Tolstoi - Anna Karenina

"Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich, jede unglückliche Familie ist unglücklich auf ihre Weise." - Mit diesen weltberühmten Worten startet Rosemarie Tietzes aktuelle Übersetzung Tolstois Meisterwerk. Das Familienportrait zeigt die unglücklichen, aber auch glücklichen Seiten zweier Familien, die über das Geschwisterpaar Anna Karenina und Stepan Oblonski verbunden sind. Die Frauen sind, mit Ausnahme Lewins, die tragenden Figuren: Oblonskis Frau Darja/Dolly, die schwere Zweifel an ihrer Ehe plagen, ihre Schwester Jekatarina/Kitty, im heiratsfähigen Alter zwischen Verehrern und eigenen Wünschen zerrissen und Anna, deren heile und bis dato glückliche Welt durch die Begegnung mit Wronski und die entflammende Liebe zerbricht. Alle drei durchleben Phasen großer Enttäuschung, tiefen Leidens und großer Zweifel - ebenso wie schier überbordende Glücksgefühle. Zwischen diesen Gefühlen, Vernunft und gesellschaftlicher Erwartung lässt Tolstoi sie lebendig werden und den Leser an ihren Gedanken teilhaben.

Anna Karenina besticht nicht durch Handlung, gemessen an der Länge des Werks passiert wenig. Es ist das Sittengemälde der russischen Gesellschaft gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit all ihren Problemen - es ist die Zeit der großen Reformen Alexanders II., die durch Lewin diskutiert werden. Fragen nach der Rolle des Adels werden ebenso aufgeworfen wie kommunistische Gedanken, die das Land viele Dekaden später prägen werden. Die zentrale Problematik spiegelt sich jedoch in Anna Karenina wieder, die als verheiratete Frau aus dem Gefängnis der Ehe ausbrechen möchte und an den Konventionen, aber auch an ihrem eigenen Unvermögen zu kommunizieren und mangelnder Empathie zerbricht. Die Intensität mit der Tolstoi die Zerrissenheit der Frauen, insbesondere Annas und Kittys, schildert, überbrückt alle zeitlichen Distanzen und ist heute aktuell wie zur Zeit der Erstveröffentlichung.

Erstaunlich ist, dass die titelgebende Figur erst nach rund 100 Seiten zum ersten Mal auftaucht. Vorher schwebt sie zwar über der Handlung, ist aber nicht präsent. Mit ihrer Ankunft am Bahnhof bereitet Tolstoi ihr jedoch einen roten Teppich und legt den Grundstein für ihr Unglück. Der Kreis schließt sich, indem man sie auch am Bahnhof ein letztes Mal sieht - unter anderem darin zeigt sich die Kunst Tolstois, die Tragik auf einen einsamen Höhepunkt zu bringen.

Einen großen Beitrag hat sicherlich auch Rosemarie Tietze geleistet, deren Übersetzung sprachlich absolut gelungen ist. Leicht fliegt der Text dahin und schafft den schwierigen Spagat zwischen modernem Ausdruck und der Handlungszeit angemessener Formulierung.

*****/5

Donnerstag, 27. Dezember 2012

Alice Pung - Ungeschliffener Diamant

Die Ich-Erzählerin Alice lebt in Australien, wo ihre Eltern nach der Flucht aus China und Kambodscha bzw. Vietnam ein neues Leben anfangen wollen. Die ersten Eindrücke der neuen Kultur sind überwältigend und für die Mutter bisweilen überfordernd. Die Anwesenheit der Schwiegermutter macht es für die junge Frau nicht einfacher und auch Töchterchen Alice ist hin und her gerissen. Doch nach und nach schafft die Familie den Aufstieg und das Kind aus schlichten Verhältnissen schafft es einen Studienplatz für Jura zu ergattern.

Alice repräsentiert die zweite Generation Asiaten in Australien. Zwar stellt ihr das Land all seine Möglichkeiten offen, doch der familiäre Rahmen ist eng gesetzt. Sie steckt zwischen den beiden Kulturen, will es ihren Eltern recht machen und die asiatische Kultur und Tradition auch bewahren, andererseits merkt sie, dass sie keinen Zugang zur Jugendkultur hat und beispielsweise bei ihrem ersten Date völlig überfordert ist.

Über weite Teilen schwankt das Buch zwischen zwei Extremen: mit viel Humor werden die Erfahrungen der Asiaten im neuen Land geschildert, gleichzeitig verschweigt Pung auch die Grausamkeiten nicht, die die Familienmitglieder erlebt haben und das streng geordnete hierarchische Familiensystem mit all seinen Regeln. Entfremdung der Kinder durch die neue Kultur, auftauchende sprachliche Barrieren im neuen Land aber auch zwischen den Generationen, Verständnislosigkeit und falsche Vorstellungen von den Kulturen, all das gelingt es Alice Pung in ihrem biographisch angelegten Roman unterzubringen.

Ein Buch, dass sehr viele Einblicke in eine fremde Kultur und in das innerste der Familien erlaubt. Als besonderes Extra noch ein Nachwort von Olga Grjasnowa, die ähnliche Erfahrungen in ihrem Leben gemacht hat.

*****/5

Dienstag, 25. Dezember 2012

Hans Rath - Und Gott sprach: Wir müssen reden!


Kurz vor Weihnachten. Jakob Jakobi steht vor einem Trümmerhaufen, der sein Leben darstellt: seine Ehe geschieden, seine Wohnung ein nicht-bezahltes winziges Appartement und Patienten hat der Psychologe auch keine mehr. Dann steht auch noch seine Ex-Frau vor der Tür und ihr neuer Lover folgt auf dem Fuße. Die Begegnung mit dem Boxer endet für Dr. Jakobi  im Krankenhaus.

Dort trifft er auf den schrulligen Clown Abel Baumann, der glaubt Gott zu sein und Jakobi als Therapeuten engagiert. Trotz unzähliger Gottestaten ist sich der Psychologe nicht sicher, was er von seinem Patienten  halten soll. Zu kurios kommt ihm alles vor, andererseits deutet auch einiges auf den Wahrheitsgehalt des kuriosen Zeitgenossen hin. Gemeinsam blicken sie auf das Leben, die Menschheit und die Frage, ob es Gott gibt und ob er etwas Gutes tut und wirksam ist.

Das Buch ist hochgradig unterhaltsam. Viele lustige und skurrile Begebenheiten lassen einem schmunzeln und bisweilen auch lachen. Die Grundfragen der Menschheit sind jedoch in ihrer Ernsthaftigkeit nicht von der Hand zu weisen und Jakob Jakobi muss sich mit seiner Existenz und den Menschen in seinem Leben ernsthaft auseinandersetzen.

Hans Rath hat es geschafft gute Unterhaltung mit hohem Spaßfaktor und ein ernstes Thema mit einander zu verbinden. Der Leser hat die Wahl, was er daraus macht, bleibt ihm überlassen. Sehr empfehlenswert als leichte Kost zwischendurch oder als Denkanstoß.


*****/5

Sonntag, 23. Dezember 2012

Jenk Saborowski - Das Biest

Der zweite Fall für Special Agent Solveigh Lang der europäischen Eliteeinheit ECSB. Eine ungewöhnliche Kontaktaufnahme: Der israelische Geheimdienst warnt die Europäer vor einem mysteriösen Computervirus mit enormer Schlagkraft. Nicht nur die gesamte Wirtschaft der Europäischen Union steht auf dem Spiel, sondern auch die Gesundheit der Menschen: Anschläge auf Atomkraftwerke werden vorbereitet. Wer hinter diesem teuflischen plan steckt, ist unklar. Russische Oligarchen, alte Geheimdienstler der DDR und die westlichen Geheimdienste liefern sich einen nervenaufreibenden Wettlauf gegen die Zeit. Im Fokus dabei die taffe Agentin Solveigh, die mit Unterstützung ihres Teams im Hintergrund und ihren Freund, den französischen Journalisten, furchtlos dem Biest in die Augen blickt.

Der Thriller ist rasant in seiner Entwicklung. Parallel werden verschiedene Stränge aufgenommen, die gekonnt miteinander verwoben werden. Es ist weniger die Frage danach, wer im Hinterrund operiert, sondern ob die Spezialeinheit siegen wird. Die Zusammenhänge werden schon bald offenbar, doch die Spannung bleibt erhalten. Ein Wirtschaftskrimi mit politischen Aspekten, der genau soviel Action mitbringt, wie erforderlich, aber auf unnötiges Geballer und Morden verzichtet.

Insgesamt gute Unterhaltung. Minuspunkte gibt es für kleine Unstimmigkeiten. Eine Eliteienheit würde niemals einen Journalisten einbinden und schon gar nicht bei einer so gefährlichen Flucht, Noch dazu war die Anwesenheit Marcels in Russland völlig überflüssig. Solveigh kann halb in die Luft gesprengt werden, macht aber weiter, als wenn nicht gewesen wäre. Sie jettet in zig Ländern, braucht nie einen Dolmetscher, obwohl sie auch mit Personen spricht, die sicher nicht des Englischen auf hohem Niveau mächtig sind - überhaupt kann jede Figur in jedem Land problemlos kommunizieren. Dazu noch kleine Fehler wie das Vertauschen von Namen, da hat das Lektorat nicht sauber gearbeitet.

Trotzdem empfehlenswerter Thriller mit Höchstspannung.

****/5

Donnerstag, 20. Dezember 2012

Mirjam Dreer - Begraben unter Gänseblümchen

Mirjam Dreer hat ein Buch über die Liebe geschrieben. Eine Abrechnung. Nicht süß, nicht zum Schmachten, nicht gefühlvoll. Die Autorin präsentiert die hässlichen Seiten dieses Gefühls, auch die Seiten, die nur vermeintlich mit Liebe zu tun haben, aber eigentlich nur Fleischeslust sind und ganz ohne Gefühl auskommen.

In insgesamt 15 Kurzgeschichten, die sie wie eine LP gestaltet - mit Songtiteln versehen und als Tracks bezeichnet - nähert sie sich der Liebe und rechnet mit ihr ab. Völlig verschiedene Geschichten kommen dabei raus. Wiederholt präsentiert sie uns dabei Sexszenen, die nicht schön sind, die nicht gefühlvoll sind und sogar bis zur Vergewaltigung gehen. Aber auch die seelische Gewalt - zum Teil selbst verantwortet - spart sie nicht aus. Dafür, dass alle Episoden aus derselben Hand stammen, sind sie ausgesprochen verschieden und nicht wiederholend. Manchmal kann man sogar ein wenig schmunzeln, manchmal bleibt einem ob einer dramatischen Wendung die Luft weg.

Bemerkenswert noch das Cover. ein Sarg mit der Aufschrift "Liebe" liegt begraben - unter Gänseblümchen. Selten sieht man einen etwas schrägen Titel so perfekt umgesetzt.

Eine Beurteilung des Buchs fällt schwer. Es liest sich zügig in einem weg, manche Geschichten gehen dabei tiefer, andere bleiben einem fern. Das Buch besticht sicherlich am meisten damit, sich dem Thema von der anderen Seite des Spektrums zu nähern.

****/5

Dienstag, 18. Dezember 2012

Volker Kutscher - Die Akte Vaterland


Berlin im Sommer 1932. Kommissar Gereon Rath bekommt es mit einem seltsamen Fall zu tun: im Vaterland, einem Vergnügungstempel, wird ein Spirituosenlieferant tot in einem Aufzug gefunden. Nicht nur die Frage, weshalb der Mann ums Leben kam, sondern auch die Frage, weshalb auf so kuriose Weise - er wurde ertränkt - stellt die Polizei vor ein großes Fragezeichen.

Doch nicht nur beruflich ist der Kommissar gefordert. Nach mehrmonatiger Trennung erwartet er seine Geliebte Charly zurück in der Stadt und möchte ihr endlich einen Heiratsantrag machen. Die überschwängliche Freude, die er von ihr beim Wiedersehen erwartet hat, bleibt aus, so geht die Beziehung eher holprig dahin und wird zusätzlich durch Charlys Anfang in Raths Abteilung der Polizei belastet.

Die Ermittlungen gehen in vielfältige Richtungen, bald schon zeigt sich, dass es keine Einzeltat war, sondern quer übers Land Männer auf dieselbe Weise ums Leben kamen. Die Spur führt in die Vergangenheit und in die Masuren. Dort ist man wenig erfreut über die Präsenz der Berliner Polizei - obwohl man sehr bemüht ist, die Loyalität und Verbundenheit zum geliebten Vaterland zu demonstrieren. Rath muss nicht nur Dienstvorschriften und Vorgesetzte ignorieren, um den Fall zu lösen, sondern riskiert gleich mehrfach sein Leben - und seine Zukunft mit Charly.
Der Mordfall ist gut konstruiert und lässt bis zum Ende Spielraum für Spekulationen. Nur nach und nach lüftet sich das Rätsel und das Ausmaß der Verstrickung wird deutlich. Allerdings hat das Buch viele Längen, bei denen man den Eindruck hat, dass die Handlung über 50 Seiten nicht vorankommt und auch die Entwicklung der Figuren nicht zur Unterhaltung beiträgt. Diese bleiben über weite Strecken unsympathisch. Die Arroganz Raths ist schier unerträglich, seine Verachtung für die Bewohner der Masuren und die Annahme, dass diese pauschal und ausnahmslos dumm sind als Landbewohner, ist auch im Kontext der Zeit weder akzeptabel noch für einen Leser erträglich. Sein mangelndes Feingefühl im Umgang mit all seinen Mitmenschen macht das Buch so manches Mal zu einer Zumutung. Seine Verlobte Charly gleicht das leider auch nicht aus. Einerseits würde sie gerne große Kommissarin spielen, gleichzeitig verfügt sie über gar kein Rückgrat, und beste Anlagen das Heimchen am Herd zu werden. Sie zieht sich lieber darauf zurück zu schmollen oder zu heulen statt ihre Position klar zu machen. Im Beruf noch verständlich, im Privatleben für eine Frau, die zunächst als emanzipierter Charakter vorgestellt wird, irgendwo zwischen verwunderlich und nervig. Das restliche Figurenpersonal besticht auch eher durch disqualifizierendes Verhalten, so dass am Ende kein einziger Sympathieträger bleibt und man eher desinteressiert an deren Ausgang wird.

Am Ende bleibt Enttäuschung. Ich hatte mir viel mehr von dem Buch erwartet. Weder die Handlung noch die Figuren konnten mich fesseln, so dass ich das Lesen eher als müßig empfand. Aufgrund des Settings hatte ich eine politischere Einbettung erwartet, das blieb jedoch immer am Rand und unbedeutend. Möglicherweise war es ein Fehler, Band 4 der Reihe ohne die Vorgängerbände zu lesen. Die Bezüge zu älteren Fälle, die am Ende gezogen werden, bleiben völlig unklar und das seltsame Verhältnis von Rath und Charly erklärt sich in diesem Band auch nicht. Viele Handlungsstränge bleiben zwischendurch auf der Strecke und werden völlig vergessen, was ich unbefriedigend finde. 

Helmut Barz - Dolphin Dance

Teil drei der Kathrina Klein Reihe.

Nach der Rückkehr aus Afrika hätten sich Katharina Klein und Andreas Amendt erst einmal ein wenig Ruhe verdient, doch am Flughafen fällt es ihr wie Schuppen von den Augen: sie weiß, wer hinter den morden an ihrer Familie steckt. Dass der Gerichtsmediziner es nicht war, steht inzwischen außer Frage. Doch der Täter bzw. Auftraggeber muss aus dem nächsten Umfeld der Familie kommen und er versucht mit allen Mitteln sie aufzuhalten.

Viele bekannte Figuren tauchen wieder auf: Koala, Ministro, Polanski und Kurtz, die Hörnchen, aber auch Dr. Leydt und das Duo Hans und Lutz. Aufwändige Untersuchungen in ihrem Elternhaus, gepaart mit unkonventionellen und nicht immer ganz legalen Ermittlungen, dazu die immer mehr knisternde Spannung zwischen Katharina und Andreas. Mit viel Humor und noch mehr Gewalt wird die Geschichte um Katharinas Familie zu Ende gebracht. Rasant im Stil, unerhörte Wendungen, treffsichere und bisweilen urkomische Formulierungen lassen auch den dritten band in nichts hinter seinen Vorgängern zurückstehen.

*****/5

Montag, 17. Dezember 2012

Hermann Bräumer & Oliver Nagel - 101 Dinge, die Sie sich sparen können

101 Dinge, die man sich sparen kann. Klingt erst einmal nach einem komischen Ratgeber und nicht unbedingt einladend. Das Buch zu verschmähen wäre jedoch ein böser Fehler, denn neben sarkastischen, aber immer ins Schwarze treffenden Formulierungen findet sich hier sehr viel Wahres, das einem bisweilen auch den berühmten Spiegel vorhält.

In kurzer prägnanter Weise wird das jeweilige Thema vorgestellt, z.B. einen Spieleabend veranstalten, Angeln gehen oder Jonglieren lernen, bevor die gnadenlose aber auch selbstironische Abrechnung erfolgt. Das Spektrum ist zwar weit angelegt, es lässt sich jedoch nicht verleugnen, dass auffallend vieles die Lebensumwelt der Yuppies und Lohas bzw. Latte Macchiatto-Westend-Mütter/Eltern darbietet und mit ihrem Lifestyle abrechnet.

Der Ton ist durchweg unterhaltsam, nicht überheblich, vielfach entblößen sich auch die Autoren ein wenig und sind bereits auch ihre eigenen Erfahrungen einzubringen. Auf sympathische Weise mindern sie so die Scham des Lesers, der sich und seine Hobbys sicherlich im einen oder anderen Kapitel wiederfindet.

Fazit: ein bisschen verfallen wir alle hin und wieder nutzlosen und sinnlosen Dingen, um am Ende mit der Erkenntnis, dass wir es eigentlich vorher schon besser wussten, wieder aufzuwachen. Die Formulierungsgabe der Autoren ist sensationell - alles drunter würde diesem Buch nicht gerecht werden. Ich habe mich köstlich amüsiert, bisweilen herzhaft gelacht und die Lektüre durchweg genossen. Highlight des Buches war für mch die "überschminkte Brühwurst mit Schürzchen".

*****/5

Sonntag, 16. Dezember 2012

Peter Jacobi - Der Fall Doyle-Houdini [Hörspiel]

Sir Arthur Conan Doyle wird eines Abends überrascht. Er denkt sein Gast sei ein medium, das ihm zur Kommunikation mit seinem verstorbenen Sohn verhelfen soll. Doch der Fremde weiß viel - viel zu viel, um dies mit seinem Dasein als Medium zu erklären. Doyle wird skeptisch, vor allem, als plötzlich ein bekannter Akzent durchkommt: Houdini ist nicht tot, sondern will sich an ihm rächen! So einfach ist die Geschichte dann aber doch nicht.

Großartige Unterhaltung mit zwei völlig exzentrischen Figuren.

*****/5 (Hörspiel)

Steve Berry - The Emperor's Tomb

Steve Berrys sechster Cotton Malone Roman. Eigentlich will der Ex-Agent nach den Vorfällen in Paris, bei denen sein alter Freund Thorvaldson ums Leben kam, endlich seine Ruhe haben und als Buchhändler arbeiten. Doch Cassiopeia Vitt ist in Gefahr und er muss ihr zu Hilfe eilen. Was sich entfaltet ist ein Kampf um die Herrschaft im aufstrebenden und bald mächtigsten Land der Welt: China. Cotton und Cassiopeia geraten zwischen die Fronten, bald ist nicht mehr klar, wer Freund und wer Feind ist und ob es in dem Spiel überhaupt jemanden gibt, der sich klar zu einer Seite bekennt.

Wie bereits in Paris Vendetta hat Steve Berry hier eine Geschichte konstruiert, die nur wenig überzeugen kann. Zu viel hin und her, noch ein Schnörkel hier und das alles in unglaublichen drei Tagen über zwei Kontinente, das überzeugt nicht. Mehrfach schwer verletzt können die Protagonisten wie Zeichentrickfiguren auch immer noch munter weiterkämpfen. Das rasante Tempo der ersten Bände der Reihe ist da, aber auch die historischen Gegebenheiten, die den Anlass bieten, sind von eher mäßigem Interesse und reißen die Geschichte nicht raus. Das Fehlen Thorvaldsons kommt als erschwerender Faktor noch hinzu.

Die Cotton Malone Reihe hat noch zwei weitere Bände, aber nach zweimaliger völliger Enttäuschung werden diese sicher ihren Weg nicht zu mir finden.

**/5

Samstag, 15. Dezember 2012

Matthias Wittekindt - Die Frau im Netz [Hörspiel]

Zurück in die Heimat, zurück an die Nordsee heißt es für die beiden Ermittler Mobly und Skinner, die in ihrem Heimatort den Tod einer Frau aufklären müssen. Verdächtige gibt es gleich mehrere, denn die Situation im Dort ist angespannt. Ein Unternehmer verhält sich verdächtig, dabei tut er so viel Gutes, ein Barkassenführer könnte die Damen - inzwischen wird noch eine Leiche angespült - ebenso ins Jenseits befördert haben.

Etwas anstrengend die Menschen im Dort. Ansonsten auch nur mäßig spannend und ziemlich konstruiert. Das kann Wittekindt besser.

**/5 (Hörspiel)

Patrick Hamilton - Drohung bei Mondlicht [Hörspiel]

Ein Engländer, der für eine Zeit bei einem wohlhabenden Freund wohnt, bekommt eines Abends Besuch von seltsamen Leuten. Schnell wird klar, dass es sich hier um Verbrecher handelt, aber die Möglichkeiten der modernen Technik, können sie überführen.

ein Klassiker unter den Radioplays.

****/5 (Hörspiel)

Freitag, 7. Dezember 2012

Sina Beerwald - Hypnose


„Machen Sie es sich im Sessel bequem.“ So lautet der erste Satz des Prologs in Sina Beerwalds Thriller „Hyponose“. Was folgt ist der klassische Beginn einer Reise ins Unterbewusste. Der Leser kann sich darauf einlassen, entspannen und loslassen - bis die Aufforderung an den Patienten oder die Patientin erfolgt, eine gewisse Inka zu töten.

Im beschaulichen Stuttgart wollen die drei Freundinnen Inka, Annabel und Rebecca mal wieder einen gemütlichen Abend miteinander verbringen. Die letzten Monate haben die Freundschaft belastete und die drei jungen  Frauen haben sich voneinander entfernt. Rebecca war durch Krankheit sehr mit ihrer Familie beschäftigt, Annabel plant mit ihrem bald Ehemann nach Griechenland auszuwandern und Inka musste den Verlust ihres tot geborenen Babys verkraften. Die Welt scheint fast wieder in Ordnung bis ein grausamer Mord den Freundeskreis erschüttert: Annabel hat gestanden, in der Nacht nach der Feier ihren Zukünftigen erstochen zu haben. Nicht nur das verwirrt Inka, auch ihre zunehmenden Halluzinationen und die Erinnerungen, die durch die Hypnose-Therapie an die Oberfläche kommen, lassen sie immer mehr an ihrem Verstand zweifeln. Die Lage wird ernst, als sie direkt mit dem Leben bedroht wird. Aber bildet sie sich das auch nur ein? Für alles gab es bis dato eine rationale Erklärung.

Der Thriller bietet genau das, was man vom Genre erwartet: nervenzerreißende Hochspannung, Grusel und ein bisschen Angst. Als Leser wird man von Kapitel zu Kapitel verwirrter, man kann genau wie die Protagonistin kaum mehr unterscheiden, was sich ereignet, was eine Figur sich einbildet, die einzelnen Bausteinchen passen nicht zusammen und es ergibt sich kein klares Bild. Nur die unmittelbare Bedrohung ist spürbar – wenn sich auch nicht klar zeigt, woher sie kommt.

Über weite Strecken fesselt der Roman und man kann das Buch vor Anspannung und Neugier kaum weglegen. Die Aufklärung ist dann jedoch für mein Empfinden etwas zu viel des Guten. Es wird zwar alles in sich stimmig geklärt und es bleiben keine Fragen offen, aber die Handlung ist hier für mich über das Ziel hinaus geschossen und ein wenig zu sehr übertrieben als dass sie vorstellbar wäre. Der klassische Showdown am Ende war leider auch zu vorsehbar – gemessen an dem wirklich über weite Strecken klasse Roman, fast ein wenig enttäuschend.

Fazit: absolut empfehlenswert für Thriller Fans, die mehr auf Gänsehaut und Spannung als auf Blut stehen.

*****/5

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Natalie Standiford - Die Bekenntnisse der Sullivan Schwestern

Besinnliches Weihnachten in Baltimore. Familie Sullivan ist samt aller sechs Kinder wie jedes Jahr bei der Großmutter - von allen nur Almighty genannt - eingeladen. Doch was als besinnliches Beisammensein geplant war, wird schnell zum bösen Erwachen: wenn bis zum Silvesterabend nicht ein schriftliches Bekenntnis und Schuldeingeständnis vorliegt und sich das Kind der üblen Kränkung, die die Großmutter erfahren hat, schuldig bekennt, werden alle enterbt.  Man ist sich sicher: es kann nur eine der drei Schwestern sein, denn die haben in den zurückliegenden Wochen alle auf ihre Weise die Familienehre beschmutzt.

So kommt es, dass Norrie, Jane und Sassy nacheinander ihre Schandtaten beichten. Die heimliche Flucht mit dem viel älteren Freund bei dem wichtigsten gesellschaftlichen Anlass des Jahres. Der Blog, der alle Familiengeheimnisse gnadenlos aufdeckt und ein sogar ein Mordeingeständnis bringen die Schwestern zu Papier, um das Vermögen zu retten.

Die Bekenntnisse kommen in unterhaltsamem Plauderton daher. Da sie aus Teenagersicht berichten ist die Wortwahl entsprechend und die Sichtweisen passen original zu verwöhnten Gören der Baltimore Oberschicht. Die kleinen Alltagssorgen werden zu großen Dramen und immer mal wieder wird dieselbe Situation aus unterschiedlichem Blickwinkel dargeboten, je nach Sichtweise der jeweiligen Schwester. Alle drei haben sehr unterschiedliche Charaktere, was auch im Schreibstil schön zum Tragen kommt.

Ein sehr gelungenes Jugendbuch für unterhaltsame Stunden zwischen den Jahren.

*****/5

Markus Topf - Das zwölfte Opfer [Hörspiel]

Die Schwestern Emma und Lisa wollen in Frankfurt Emmas erstes juristisches Staatsexamen feiern. Über den Dächern der Stadt ist die Party der juristischen Fakultät in vollem Gange als den Mädchen plötzlich schummrig wird - jemand hat ihnen etwas ins Getränk gemischt. Lisa wird von den Schreien ihrer Schwester wieder wach - als diese gerade im Nebenraum vergewaltigt wird. Lisa gelingt es zu fliehen und einen Blick auf den Täter zu erhaschen. Doch trotz DNS Material und Wiedererkennung bei der Gegenüberstellung wird ihr Peiniger auf freien Fuß gesetzt. Mit der jungen Frau ist er noch lange nicht fertig. Und er verfügt nicht nur über eine Menge Geld, sondern auch über mächtige Freunde.

Spannend, clevere Wendungen und überraschendes Ende.

*****/5 [Hörspiel]

Montag, 3. Dezember 2012

Noemi Jordan - Insel der schwarzen Perlen


Noemi Jordan hat mit "Insel der schwarzen Perlen" einen Hawaii-Roman geschrieben, der zwei Frauen über 100 Jahre Entfernung miteinander verbindet: Elisa, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts als deutsche Einwanderin durch die Liebe zu Kelii in die Kultur seines Stammes eingeweiht wird und Maja, die im Jahr 2011 ebenfalls der Liebe wegen auf die Pazifikinsel kommt, um dort das gemeinsame Kind auf die Welt zu bringen und mit Keanu ein neues Leben aufzubauen. Beide Frauen durchleben schwere Zeiten, müssen sich der Vorhersehung fügen und akzeptieren, dass ihre Männer durch die Pflicht ihrer Ahnen auch unangenehme Entscheidungen treffen müssen.

Die Geschichten der zwei Frauen werden im Wechsel erzählt und immer wieder verbunden, teils durch Nachforschungen Majas, teils durch Kontakt über Träume - eine Fähigkeit, die wie viele andere Aspekte der hawaiianische Kultur und Mythen geschickt in den Handlungsrahmen eingewoben werden. Die Darstellung der Verbundenheit der Urbewohner mit ihren Vorfahren und ihrer Tradition schwebt über der Handlung, ist ihr Motor und Motivator, was für den Leser neben der vordergründigen Geschichte einen echten Mehrwert liefert. Einblicke in tradierte Werte, Feste und Riten geben Erklärungen für das Handeln der Figuren, das nach unseren Maßstäben nicht immer nachvollziehbar ist. Gerade die Auffassung von Liebe und dem Dasein als Paar wird mehr als einmal auf eine harte Geduldsprobe gestellt - für die Figuren und für die Leser.

Der Blick auf das Cover weckt für mein Empfinden falsche Erwartungen: die Blüte, die Farbgestaltung in Pastelltönen und der leicht vor sich hinrauschende Ozean lassen einen seichten Schmöker mit viel Herzschmerz und Drama erwarten. Erfreulicherweise ist dem gar nicht so, auch wenn vordergründig zwei bisweilen tragische Liebesgeschichten erzählt werden, sind diese jedoch nie alleiniger Zweck des Geschehens. Sprachlich bewegt sich Noemi Jordan auch weit entfernt der sogenannten Frauenromane, besonders gut gefällt mir die Beibehaltung hawaiianischer Ausdrücke wie ipo oder ha, die durch das Glossar jedoch erklärt werden und die immer wiederkehrende Beschreibung der Flora und Tierwelt dieser mystischen Inseln. 

Ein interessantes Buch, das viel über die unbekannte Vergangenheit Hawaiis verrät.

*****/5


Abbas Khider - Der falsche Inder [Hörspiel]

Der falsche Inder ist falsch, weil er eigentlich Iraker ist. Abbas Khider erzählt hier seine eigene Geschichte. Eine Geschichte von Flucht und Irrfahrt, von Glück und Unglück und der Suche nach einer neuen Zukunft. Zwischen Bagdad und Bayern passiert viel, was er dem Zuhörer teils komisch teils dramatisch im lockeren Plauderton berichtet.

****/5 [Hörspiel]

Florence Vincent - The mysterious Case of Maria [Hörspiel]

Ellie hat gerade ihr Jura Studium geschmissen und hängt bei Ben und Maria in einer Bar ab. Ihre Zeit verbringt sie ausschließlich mit lesen - so findet sie nie einen Mann denkt sich Maria. Und schon hat die feurige Südländerin ihr gleich drei Dates für die Folgewoche verabredet. Die Herren haben durchaus Potential, doch plötzlich fällt Ellie auf, dass Maria spurlos verschwunden zu sein scheint. Sie sieht direkt den Zusammenhang zu den mysteriösen Männern und beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen.

Witzig, unterhaltsam, clever gemacht
*****/5 [Hörspiel]

Sofia Caspari - Die Lagune der Flamingos

Argentinien Ende des 19. Jahrhunderts. Voller Sehnsucht nach einem Leben, einem besseren als in der alten Heimat in Europa, wird das Land mehr und mehr von Deutschen, Italienern, Franzosen und anderen Abenteurern und Hoffnungsvollen bevölkert. Doch die neue Heimat hält nicht für alle, was sie aus der Ferne versprochen hat. Manche können sich schnell etablieren und durch Unterjochung der Einheimischen gutes Geld machen. Andere trifft es kaum besser als in der alten Welt.

Sofia Caspari hat die Geschichte verschiedener Familien miteinander verwoben. Die Fuhrunternehmerin Anna, deren jugendliche Tochter Marlena schon bald dem Familienidyll entflieht und sich mit den harten Seiten des Lebens auseinandersetzen muss. Annelie Wienand, die für sich und ihre Tochter Mina auf ein glückliches Leben mit ihrem zweiten Mann Xaver hofft und vom Regen in die Traufe gerät. Victoria, die das Unmögliche wagt und sich mit einem Mestizen einlässt, was für ihre Kinder große Steine im Leben bedeutet. Die Hure Corazon, die schon früh die Tochter Blanca ins Gewerbe einführte. Familie Blum, die ihr bescheidenes Leben auch in Argentinien nicht verbessern konnte. Weitere Personen kreuzen deren Wege, woraus eine komplexe und nur schwer zu bewältigende Personenkonstellation entsteht.

Als Landschaftsroman angekündigt wird die Topografie Argentiniens ebenso wie die Historie Südamerikas versucht in die Geschichte eingewoben, um die Handlung zu motivieren. Die Probleme im Zusammentreffen der Immigranten und indigenen Bevölkerung wird ebenso gestreift wie essentielle Fragen der Emanzipation, Xenophobie, Arbeiterrechte und Epidemien.

Der Sprachstil ist insgesamt sehr angenehm, durch spanische Einwürfe und Beibehaltung von Originalnamen wird der Leser nach Argentinien versetzt. Die intensiven und detailleirten Landschafts- und Agrikulturbeschreibungen lassen die Umgebung vor dem geistigen Auge erscheinen. 

Für das Genre sicherlich ein anspruchsvolleres Buch. Die Charaktere bieten eigentlich viel Entwicklungsraum, die gestreiften Themen hätten auch noch Möglichkeiten einer anspruchsvolleren Auseinandersetzung geboten. Letztlich bleibt jedoch im Fokus das Hauptthema des Genres: schwierige Liebesgeschichten der Figuren.

Abschließendes Fazit: für mein Geschmack zu viele Handlungsstränge, die entsprechend nicht alle zu Ende geführt werden. Viele interessante Aspekte wurden verschenkt - im Rahmen des Genre jedoch akzeptabel, die Autorin hätte aber Potential auch anspruchsvollere und bedeutendere Werke zu schreiben. Das Buch ist der zweite Teil einer Serie, zwar kann es auch alleinstehend gelesen werden, aber einige Anspielungen und Zusammenhänge erschließen sich nicht.

****/5

Sonntag, 2. Dezember 2012

Cornelia Vospernik - Genosse Wang fragt

Genosse Wang, wie der Name nahelegt Chinese, arbeitet als Journalist beim Volksblatt, einer wichtigen staatlichen Institution. Sein Leben besteht daraus, die richtigen Worte zu finden und so beginnt das Buch mit seiner intensiven Grübelei über die Frage, die sein Leben verändern soll. Die Frage die er auf einer Pressekonferenz stellen wird, statt der zuvor angesprochenen Scheinfrage. Doch seine Nervosität macht ihm einen Strich durch die Rechnung und lässt ihn  - durch jahrelanges Training bestens mit Automatismen ausgestattet - wieder das ihm aufgetragene von sich geben. Doch nicht nur die wichtigste aller Fragen beschäftigt ihn, sondern auch die Sekretärin Zhang, zu der er eine für ihn schwer definierbare Zuneigung empfindet. Das Konzept Liebe ist für ihn nicht fassbar, daher schließt er selbige aus.

Die Ereignisse im Volksblatt überschlagen sich und wie durch ein Wunder wird Wang befördert und erhält die wichtigste Aufgabe des Jahres: die Pressekonferenz der Partei. Da er sehr kurzfristig an diese Position gelang ist, fehlt ihm eine entscheidende Information: welche Frage muss er stellen? Seine Kultur verbietet es ihm, sich vorher zu erkundigen und dann geht plötzlich alles ganz schnell und er muss aus des Stegreif eine Frage an den Vorsitzenden richten. Diese wird seine berufliche Karriere nachhaltig verändern. Aber war das schon die wichtigste Frage seines Lebens?

Cornelia Vospernik blickt tief in die Empfindsamkeit eines chinesischen Arbeiters. Die Idee Journalismus wird ad absurdum geführt, für uns im Westen nicht weiter überraschend. Die Unsicherheit und andauernde Angst vor Fehlern, die die durchschnittlichen Chinesen scheinbar tagtäglich begleiten, werden in der Geschichte mehr als deutlich. Genosse Wang ist von Haus aus ein cleverer Journalist, der auch versteht, wie bestimmte Dinge zu laufen haben, doch sein zweifelnder Charakter lähmt ihn immer wieder und lässt ihn ratlos, fast verzweifelt zurück. Der Umgang der Menschen miteinander wird bestimmt von den Hierarchien und dem unbedingten Willen, seine Position immer und überall deutlich zu machen. Es ist weniger die Handlung als das, was zwischen den Zeilen mitschwingt, was diesen Roman auszeichnet und uns interessante und bisweilen erschreckende Einblicke erlaubt. Humor, wenn auch manchmal fast bissig, lässt manches oberflächlich etwas abmildern, aber das zugrunde liegende Menschenbild zeigt an so mancher Stelle seine böse Fratze.

*****/5

Mittwoch, 28. November 2012

Roland Krause - Fuchsteufelswild


Roland Krause – Fuchteufelswild

Der zweite Fall für den Münchner Ermittler Josef Sandner. Eigentlich ist dieser für ein erholsames Wochenende in den Kurort Bad Kohlgrub. Schon beinahe auf den Weg zurück in die Landeshauptstadt, erhält er die Info, dass der aktuelle Fall – ein Mord an einem Yoga-Guru – eine Verbindung in das Kurörtchen hat und sich Sandner, da er schon vor Ort ist, doch direkt die Ermittlungen aufnehmen kann. Die Kollegen ermitteln derweil unter der Leitung der Kommissarin Wiesner in München.

Was folgt sind vielfältige Verstrickungen an beiden Orten, eine Vielzahl an Verdächtigen und Unverdächtigen, die auch Motive hätten. Voller Einsatz wird von den Ermittlern verlangt, gebrochene Nasen und Füße, Strangulierungen und Schmisse – der Fall bringt sie alle an die Grenzen des Machbaren. Und weil das noch nicht ausreicht, kommt auch gleich ein zweiter Fall hinzu, der sogar Nacht und Nebel Aktionen auf einem Friedhof erfordern.

Der Kriminalfall ist komplex angelegt und bleibt für den Leser lange Zeit undurchschaubar. Die Lösung ist jedoch überzeugend und die Tatsache, dass gleich mehrere Täter mit verschiedenen Zielen agieren, macht den Krimi zu einer Ausnahme in seinem Genre der inzwischen großen Zahl an Regionalkrimis. Situationskomik findet sich ebenso wie böser Sarkasmus, so dass der Roman zu einer überzeugenden Mischung aus Krimi und Komödie wird, jedoch die Suche nach dem Mörder immer im Vordergrund bleibt.

Besonders auffallend ist Krauses Sprachverwendung. Die Figuren verwenden überwiegend Dialekt, was besonders bei der dörflichen Bevölkerung überzeugend wirkt. Bisweilen nicht ganz einfach zu folgen, aber mit Glossar und Vorstellungsvermögen trotzdem gut zu bewältigen. Zweiter stilistischer Pluspunkt ist die bildhafte Sprache des Autors. Mit urkomischen Vergleichen und Einwürfen wird die Handlung kommentiert und mehr als einmal wird der berühmte Nagel drastisch-direkt aber absolut treffend auf den Kopf getroffen.

Gemessen mit vergleichbaren Krimis sicherlich einer der anspruchsvolleren und gelungeneren. Gute Unterhaltung mit ganz viel Lokalkolorit.

*****/5

Sonntag, 25. November 2012

Anna Kaleri - Der Himmel ist ein Fluss

Masuren, Ende der 30er Jahre. Die junge Minna lebt mit ihren Eltern und Trudchen in einer kleinen Stadt. Sie ist eine Außenseiterin, bleibt für sich, kümmert sich um Haus, Hof und das jüngere Mädchen. Durch Zufall trifft sie auf den Vogelforscher Gwidon, zudem sie bald eine tiefe Zuneigung empfindet. Ihm beichtet sie, dass Trudchen ihre Tochter ist - entstanden durch eine Vergewaltigung. Gwidon ist es auch, für den sie eine Stellung in der Stadt annimmt und bei einem Apotheker den Haushalt führt. Eine fast unbeschwerte Zeit bricht an, auch wenn ihr Geliebter verheiratet ist. Doch das Regime wirft weite Schatten und für Polen wie Gwidon wird die Lage kritischer. Als Minna kurz vor Gwidons Flucht mit ihm entdeckt wird, erfährt sie die ganze Härte derNationalsozialisten. Orientierungslos findet sie sich in einem Gefängnis wieder, verständnislos lässt sie den Prozess über sich ergehen, jedoch hat sie immer noch die Hoffnung Gwidon wiederzusehen. Fünf Jahre lautet ihr Urteil - dass sie schwanger ist, wird misstrauisch bis neidisch mit den Mitgefangenen betrachtet. Dass das Kind seinen Vater niemals sehen wird, hat sie noch lange nicht verstanden. Es scheint, als sei das Schicksal ihr wohlgesonnen, als sie schließlich in die Freiheit entlassen wird und nahe der Heimat ein neues Leben beginnen kann. Noch schafft sie es nicht, ihrer Familie und den Kinder wieder gegenüber zu treten. Sie ahnt jedoch nicht, dass es kein Wiedersehen mehr geben wird.

Ein trauriges Buch der dunkelsten deutschen Geschichte. Dass Cover verleitet einem dazu, eine Liebesgeschichte zu erwarten, doch es steckt viel mehr dahinter. Feine Unterscheidungen zwischen den Völkern, die zwischen Leben und Sterben entscheiden konnten. Zeichen der Aus- und Abgrenzung, Gewalt und Toleranz von Gewalt, Opfer, die nicht nur keine Hilfe erhalten, sondern noch Schande tragen müssen.

Ein persönliches Buch, dass die Geschichte der Großmutter der Autorin erzählt und durch eine leise, mehr andeutende als offen darstellende Sprache besticht. Der Ton ist hervorragend gelungen und unterstreicht wunderbar den Charakter der Protagonistin, zurückhaltend, aber doch gefühlvoll und nur auf ein wenig Liebe im Leben hoffend.

*****/5

Lucy Caldwell - Notes to Future Self [Hörspiel]

Philosophy Rainbow - sie bevorzugt Sophie, um von dem unsäglichen Namen abzulenken - liegt im Sterben. Obwohl erst 13 scheint sie besser mit ihrer Situation umgehen zu können als ihre Schwester und Mutter. Da sie an Reinkarantion glaubt, macht sie sich vorsorglich Notizen, die dem zukünftigen Ich helfen sollen, die Welt zu verstehen. Vor dem Hörer entfaltet sie so die Familiengeschichte um die Hippiemutter Judy, die schon als Teenager schwanger davongelaufen war, und das Erwachsenwerden der älteren Schwester Peace Warrior Star Calliope.

Eindrucksvoll.

*****/5

Jakob Hein - Herr Jensen steigt aus [Hörspiel]

Nach 10 Jahren treuer Arbeit setzt man den Postboten Herrn Jensen vor die Tür - um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Endlich hat er Zeit für all die Dinge, die während der arbeitsamen Tage liegen geblieben waren. Was ganz entspannt anfängt gestaltet sich mit der Zeit immer schwieriger. Auch das Arbeitsamt irgendwie abzuwehren und Fortbildungsmaßnahmen zu umgehen zwingen Herrn Jensen zu Kreativität und Einfallsreichtum. Immer weiter entfernt er sich dabei von der Realität, bis er schließlich in seinem eigenen Dunkel quasi erstarrt.

Ein Stück bitterböse Realsatire auf die Welt der Arbeitslosen.

****/5

Danny Brocklehurst - Collateral Damage [Hörspiel]

DCI Stone ermittelt wieder. Was zunächst wie eine Überdosis Drogen aussieht, entwickelt sich immer mehr in einen vertrackten Kriminalfall. DCI Stone steckt so tief in den Ermittlungen, dass er es nicht schafft zu seiner kranken Mutter ins Hospital zu fahren - und dann erhält er die Nachricht, dass sie verstorben ist.

Spannend wie auch schon der Vorgänger. Die Lösung entfaltet sich langsam und die Persönlichkeit der Ermittler kommt ebenfalls nicht zu kurz.

****/5

Robert Hültner - Der Stalker [Radiotatort]

Ein Geschäftsmann erhält anonyme Drohbriefe. Informell sucht er Rat bei der Polizei und hat auch schon direkt einen Schuldigen zu bieten: der Filmvorführer. Dieser bestreitet die Vorwürfe und die Polizei belässt es zunächst dabei. Als sein Auto angezündet wird, müssen Senta und Rudi agieren, wieder einmal ermitteln sie auf eigene Faust - doch dieses Mal sind sie zu spät.

Eigentlich mag ich die Radiotatorte aus Bruck am Inn am liebsten - aber dieses Mal bleibt er sehr schwach und weit hinter dem gewohnten Potential zurück.

***/5 [Hörspiel]

Peter Prange - Der Kinderpapst

1981, Tagung der Kardinäle und Bischöfe über Antrage zur Selig- und Heiligsprechung. Vorgeschlagen wird hier auch Papst Benedikt IX, der im 11. Jahrhundert viel Unheil über Rom brachte und dessen Zeit als Kirchenoberhaupt durch Chaos geprägt war. Um über den Antrag bescheiden zu können, muss sich ein Mitglied in die Sachlage einarbeiten. In diesem Rahmen bettet Peter Prange seinen historischen Roman über die Unglücksherrschaft des sogenannten Kinderpapsts.

Seine Mutter deutet seine Geburt als Wunder, ein Zeichen dafür, dass das pfiffige Kind zu mehr berufen ist als nur die geplante Zukunft als Ritter und Gemahl von Chiara di Sasso. Doch die Zeiten ändern sich drastisch und politische sowie monetäre Überlegungen und Schachzüge befördern den jungen Teofilo schon als Kind auf den Heiligen Stuhl. Zu jung und schwach wird er zum Spielball der Kardinäle, von seinem älteren Bruder Gregorio ob der entgangenen Chance verhasst und vom Volk aufgrund zunehmender Schwierigkeiten ebenfalls nicht gestützt. Die Versuche seine Religiösität auf seine Mitstreiter zu übertragen scheitern kläglich, nur knapp entkommt er einem Mordversuch. Das sollte der nicht der einzige Anschlag auf sein Leben und seine Position sein. Jahre zwischen verfeindeten Familien, Machtgeschacher und finanziellen Nöten folgen. Die Bevölkerung verarmt und der Papst selbst verliert den Glauben an Gott und die Welt. Einzig seine Liebe zu Chiara di Sasso, die ihrerseits auch nicht vom Schicksal verwöhnt wird, aber tapfer ihren Weg geht und für Rom zum Segen wird, hält ihn am Leben und gibt ihm immer wieder Mut. Auf den rechten Weg zurückgeführt, zwar ohne Amt aber mit festem Glauben, wird er am Ende erlöst und sein größter Wunsch, das Leben mit Chiara zu teilen, wird doch noch erfüllt.

Historische Romane lassen dem Autor nur einen begrenzten Rahmen in der Handlung. Die Einbettung in eine Realsituation der Gegenwart als Motivation für den Bericht über Benedikt ist gelungen. Der Rückblick auf den Unglückspapst lässt jedoch einiges vermissen. Die offenkundigen Zweifel und das Hadern mit Gott, dass diesen Papst wohl umgetrieben hat, muss immer wieder hinter anderen Handlungssträngen zurücktreten, obwohl das der entscheidende Charakterzug und Motivator in der Figur des Teofilo di Tusculo zu sein scheint. Das Buch hat einige Längen und so manches mal hat man den Eindruck, dass sich einiges zu wiederholen scheint, was durchaus in der Realität so gewesen sein mag.

Sprachlich bisweilen derb, vermutlich um sich der Zeit anzunähern, bietet das Buch leider wenig Diskussions- und Reflektionsraum, dafür wird die Abarbeitung historischer Ereignisse zu sehr in den Vordergrund geschoben. So bleibt es bei einem netten Zeitvertreib, der jedoch die Chance auf ein Nachwirken verschenkt hat.


***/5

Mittwoch, 21. November 2012

Ansgar Oberholz - Für hier oder zum mitnehmen

Am Rosenthaler Platz in Berlin hat der Ich-Erzähler eines frühen Morgens mit nüchternem Magen aber einer ordentlichen Portion Restalkohol eine Eingebung: er will seinen Job an den Nagel hängen und an Ort und Stelle ein Café eröffnen. Trotz der widrigen Umstände wird der Plan in die Tat umgesetzt. Von den holprigen Monaten nach der Eröffnung berichtet er anekdotenhaft: die zwischenmenschlichen Schwierigkeiten des Personals, das Kuriosenkabinett Kundschaft, die immer guten Ratschlägen paraten Nachbarn und sonstige Völker, die sich in und um das Restaurant rumtreiben.

Das Buch ist in lockerem Plauderton geschrieben als wenn einem der Autor bei einem Bierchen am Abend von seinem Alltag berichten würde. Viele Episoden haben eine durchaus unterhaltsame Note, bisweilen urkomisch, manchmal aber auch aus der Kategorie Autsch! Hätte nicht sein müssen.

Leider bleibt das Buch am Ende etwas zu belang- und bedeutungslos. Man liest es weg und schon hat man vergessen, was es gab. Die Personen sind zu wenig plastisch, um in Erinnerung zu bleiben, die Begebenheiten leider auch schon zu bekannt als dass sie durch Innovation oder Besonderheit bestechen würden.

Nette Unterhaltung für zwischendurch, mehr aber nicht.

****/5

Dienstag, 20. November 2012

Petra Oelker - Ein Garten mit Elbblick

Hamburg, Ende des 19. Jahrhunderts. Ein junges Mädchen; Henrietta, vergnügt sich in der Stadtvilla, wo sie mit ihrem Vater lebt. Der Gouvernante kann sie entfliehen und so ein Stück von der anderen, viel härteren Welt Hamburgs kennen lernen. 14 Jahre später ist sie verheiratet und lebt in England. Der Tod ihres Vaters bringt sie zurück an die Elbe. Doch bei diesem einen Trauerfall soll es nicht bleiben. kurz nach ihrer Ankunft findet man auch ihren Ehemann tot - ermordet. Aber was hat er in Hamburg zu suchen, war er nicht in Amsterdam auf Geschäftsreise? Und wer hatte Grund ihn zu töten? Nicht nur diese Fragen treiben die Hamburger Polizei, Henrietta und ihre Verwandten um, sondern auch die Tatsache, dass scheinbar ihr ganzes Vermögen - väterlicher und ehegattennseits - verloren scheint. Es wird Zeit, dass sich die junge Frau selbst um ihre Angelegenheiten kümmert und Licht in die verborgenen Seiten der Männer in ihrem Leben bringt.

Das Buch zeichnet die Entwicklung eines gut behüteten, weltfremden Mädchen zu einer selbstbestimmten frau nach, die Konventionen schon einmal ignorieren kann. Daneben wird das Hamburg zur Jahrhundertwende, auf dem Welt zu einer bedeutenden Handelsmacht skizziert, integriert in eine gut gelungene Kaufmannsgeschichte. Die sozialen Standesunterschiede und damit verbundenen Schwierigkeiten im Umgang miteinander kommen genauso zum Tragen wie innerfamiliäre Zwistereien und verborgene Ausreißer.

Ein Garten mit Elbblick ist ein Sittengemälde des hanseatischen Bürgertums des wilhelminischen Deutschlands gepaart mit Krimiaspekten und ersten Anzeichen von Emanzipation junger Frauen. Eine gelungene Verbindung, die gute Unterhaltung bietet.

*****/5

Sonntag, 18. November 2012

Lolita Pille - Hell [Hörspiel]

"Ich bin eine Schlampe. Eine Luxusschlampe." So beginnt Lolita Pilles Geschichte über die Pariser Gegenwartsjugend, deren Leben aus Partys, teuren Lokalen, Shopping in Luxusboutiquen und Antidepressiva besteht. Ella - genannt Hell - führt ein von den Eltern finanziertes Luxusleben, das gerade eine Auszeit von der Uni nimmt. Mit ihren Freundinnen feiert sich bis morgens früh, schläft und isst wenig, zwischendrin eine Abtreibung, hat Sex mit irgendwelchen Typen und nebenbei beschäftigt sie noch die Suche nach einem passenden Mann, der ihr auch in Zukunft den gewohnten Lebensstil ermöglicht. Es scheint ihr an nichts zu fehlen und doch ist ihr Leben ein großes, trostloses Nichts.

Einerseits unterhaltsam, andererseits erschreckend wie desillusioniert junge Menschen, die scheinbar alles haben (können), vom Leben sind und schon als Teenager nichts mehr erwarten.

****/5 (Hörspiel)

Alex Shearer - The Diabolical Gourmet [Hörspiel]

Ein raffinierter Mörder geht um in Paris - und man kann ihm die sieben, acht oder gar über zehn Morde nicht nachweisen. Ende des 18. Jahrhunderts amüsiert sich der Landbesitzer Gourier in allen angesagten Restaurants. Dabei hat er gerne Gesellschaft, alleine zu speisen ist ihm zuwider. Nach und nach nehmen seine Gäste erst beträchtlich an Gewicht zu, bis sie schließlich auf ungeklärte Weise sterben. Ameline, Polizeiassistent, wird auf ihn angesetzt und nach zwei Jahren gemeinsamen Speisens kommt es zum finalen, tödlichen Showdown.

Köstlich - im wahrsten Sinne des Wortes.

*****/5 (Hörspiel)

Samstag, 17. November 2012

Lucy Flannery - Like a Daughter [Hörspiel]

Ruth arbeitet als Altenpflegerin und betreut Harry. Er ist nicht besonders freundlich, aber behandelt sie gut. Sie mag ihn und tut weit mehr als sie eigentlich müsste. Eines Tages erfährt sie, dass er eine größere Summe Geld angespart hat und keine Familie vorhanden ist, die ihm was bedeutet. Als Harry verstirbt, steckt Ruth in der Zweickmühle und fragt sich, ob ihr nicht auch etwas davon zusteht, bevor alles an den Staat geht.

Danny Brocklehurst - Deserved Dead [Hörspiel]

Ein Bekannter Sexulastraftäter wird brutal ermordet. DCI John Stone und sein Team stehen vor einem Rätsel. Keiner scheint diesen Mord als probematisch zu sehen und den ersten Verdächtigen - ein ehemaliges Opfer - müssen sie schon bald aus Mangel an Beweisen wieder laufen lassen. Es kommt zu weiteren Übergriffen und es scheint fast so als wolle jemand die Gegend reinigen.

Spannend und gut gemacht mir verblüffendem Ende.

****/5 (Hörspiel)

Kai Hensel - Das Perseus Protokoll [Hörspiel]

Was als entspannter Urlaub auf Kreta beginnt, entwickelt sich für Maria nach einem Fahrradausflug, bei dem sie einem seltsamen Mann begegnet, der er zunächst mit Wasser aushilft, sie aber dann versucht zu töten, zu einem Kampf ums Überleben. Sie flüchtet nach Athen, wo sie schnell von der Journalistin Eleni aufegegabelt und instrumentalisiert wird. Bald schon weiß Maria nicht mehr, wem sie trauen kann, wer wie in welche Geschichte vertrickt ist. Ein Anschlag auf die gesamte griechische Regierung, unzählige Tote und mittendrin die deutsche Studentin.

Recht spannend, aber gegen Ende doch etwas verworren und zu dick aufgetragen.

**/5 (Hörspiel)

Hartwig Hochstein (Hrsg) - Stammtischmorde. 9 Leipziger packen aus

Die Stammtischmorde sind eine Krimi-Kurzgeschichtensammlung. Eine Rezension dazu zu verfassen, fällt schwer, denn so unterschiedlich wie die Autoren sind auch die Geschichten. Nicht nur in der Länge (von drei Seiten bis fünfzig ist alles dabei), sondern auch in der Gestaltung der Geschichten ist die Spannbreite enorm. Der kurze knackige Krimi ist darunter, genauso das eher psychlogisch angelegt Stück - bei manchen fehlt gar der Mord. Gemeinsam bleibt der Bezugsort Leipzig, der bei den meisten Geschichten auch Schauplatz ist und sich als roter Faden hindurchzieht. Ich habe drei Favoriten unter den Kurzkrimis: Mandy Kämpf "Ich weiß, wer es getan hat" besticht durch die enorme Spannung unter der die Hauptfigur steht. Sophie Sumburanes "Ein ehrenwertes Haus" wartet mit viel Witz und Humor in einer bissigen Mordgeschichte auf und Romy Fölcks "Pauliner-Pakt" überzeugt mich durch die historisch-geographische Verankerung mit der Stadt Leipzig. Warum mich gerade die Frauen in der Sammlung am meisten ansprechen, weiß ich nun nicht genau, die männlichen Kollegen bieten nämlich auch gute Unterhaltung.

Eine gelungene Abwechlung zum Langkrimi. Auch wenn große Schwankungen zwischen den Geschichten sind, kann die Anthologie überzeugen und gerade die Variation in Ton, Stil und Plot ist sehr gelungen. Dass ein verbindendes Moment gegeben ist, lässt die Zusammenstellung in sich stimmig werden.

*****/5

Donnerstag, 15. November 2012

Uwe Schiewe - Die Hure Babylon

1147, Südfrankreich. Ermengarda, Herrscherin über Narbona führt ihr Reich auf ungestüme und unkonventionelle Weise. Dazu gehört die Kirche und ihre weltlichen Vertreter nicht ganz so ernst zu nehmen und bevorzugt zu behandeln, wie diese es gerne hätten, und genauso lebt sie ihre Liebe zu dem jungen Arnaut aus, obwohl sie anderweitig verheiratet ist - doch der Ehemann ist fern und sie ist ihm eh egal. Ihr Volk liebt sie, doch der Druck seitens der Kirche und herrschsüchtiger Nachbarn wächst. Es kommt eins zum anderen und die Liebe zerbricht und Arnaut schließt sich den Kreuzzügen an.

Beschwerliche Zeiten voller Entbehrungen erwarten die Ritter, Kämpfer, Geistliche und Frauen. Die Euphorie verfliegt schon bald und die Zeiten der Märsche und Kämpfe hinterlassen ihre Spuren. Die Verluste sind groß, doch zugleich erwachsen auch neue Bündnisse, Freundschaften und auch die Liebe hat ihren Platz in schweren Zeiten. An der Seite des tüchtigen Arnaut erlebt der Leser, wie der Glaube an Gott, an die Kirche und die Richtigkeit der Kreuzzüge auf eine schwere Probe gestellt wird. Was im Namen Gottes begann, erweist sich schon bald als nur allzu weltliche Herrschsucht und Gier. Im Land des Feindes muss auch der letzte Kreuzzügler einsehen, dass hier der Name des Herrn und viele Leben missbraucht wurden.

Das Buch erzählt eine dunkle Geschichte der Christenheit. Beschönigt wird nichts, das Grauen wird nicht nur beim Namen genannt, sondern in plastischer Sprache vorgeführt, die manchmal fast zu viel ist - was jedoch in diesem Fall kein negatives Urteil ist. Neben des historischen Figuren und Fakten, die die Geschichte Arnauts einrahmen, wird auch eine psychologisch interessante Entwicklung eines jungen Menschen geschildert, der vieles in Frage stellt, an den Herausvorderungen des Kampfes wächst, Verantwortung übernimmt und am Ende eine gewachsene Persönlichkeit darstellt, die nichts im weltlichen Leben mehr erschüttern kann.

Ein unterhaltsamer historischer Roman, der gut recherchiert ist und viel Wissen und Verständnis des Autors zeigt, die Verbindung von historischen Tatsachen mit einer fiktiven Geschichte ist auf jeden Fall gelungen.

*****/5

Samstag, 10. November 2012

Michael Tucker - So it goes/After Annie

Die Geschichte einer Liebe, die zu Ende geht. Seit Jahrzehnten lieben sich Annie und Herbie. Sie teilen nicht nur das Leben, sondern auch den Beruf. Sie sind Schauspieler und gehen ganz in dieser Künstlerwelt auf. Als Seelenverwandte bezaubern sie ihre Umwelt, doch selbst ihre Tochter Candy kann nie in die Welt der beiden eindringen, die eine undurchbrechbare Symbiose darstellt. Gelegentlich nehmen sie sich gemeinsam Liebhaberinnen, manchmal auch alleine - der Sex mit anderen kann ihrer Verbindung nichts anhaben. Doch nun droht der Krebs diese tiefe Innigkeit zu zerstören und Annie aus der Welt zu reißen. Kurz vor ihrem Tod macht Herbie die Bekanntschaft mit Olive, einer verunsicherten Barfrau, die davon träumt als Sängerin zu arbeiten. Annie nutzt ihre letzten Stunden, um Olive vorzubereiten - auf die Zeit nach ihrem Dasein. Und dann ist Herbie plötzlich alleine. Er flüchtet aus New York, doch trotz seiner Suche findet er nicht das, was er mit Annie hatte. Olive hält zum ihm Kontakt, sie braucht ihn und seine Tipps, denn dank seiner Hilfe hat sie ein Engagement in einem Theaterstück. Doch was ist Herbie für sie? Väterlicher Ratgeber, potentieller Liebhaber, guter Freund, gar Familie? Die wichtigste Rolle - das Leben - ist zugleich die schwerste nachdem Annie nicht mehr ist.

Das Buch ist voller Liebe - zwischen Herbie und Annie - und Verlust nach ihrem Tod. Man spürt regelrecht die Verbindung der beiden und welche Wirkung sie auf andere haben, denn sie lieben nicht nur sich, sondern die Menschen. Die Figur der Olive ist in ihrer Unsicherheit, Selbstentdeckung und am Ende der Stärke wunderschön gezeichnet und kann die depressiven Phasen von Herbie konträr spiegeln. Dieser, etwas eigen und verschroben, lässt den Leser mit dich leiden und suchen nach dem neuen Halt im Leben.

Das Buch ist nicht nur traurig, wie man vermuten könnte, sondern hat durchaus auch einige amüsante Momente zu bieten. Für mich unverständlich bleibt jedoch, wieso man der deutschen Ausgabe einen englischen Titel gibt, der vom Original abweicht und gleichzeitig die Aussage völlig kaputt macht. "After Annie" beschreibt exakt worum es geht im Buch, "So it goes" ist nichtssagend, belanglos und dämlich. Das gleiche ist beim Cover passiert. Schade.

*****/5

Mittwoch, 7. November 2012

Sophie Sumburane - Gestörte Verhältnisse

Eine junge Frau überlebt knapp ein grausames Verbrechen: zuerst betäubt, dann gefesselt und schwer misshandelt und zum Abschluss der versuchte Mord durch das Aufschneiden der Pulsadern. Ihre Nachbarin findet sie glücklicherweise in letzter Minute. Die leitende Ermittlerin der Leipziger Mordkommission, Janine Anders, in ihrem ersten Fall. Doch die Polizei tappt schnell auf der Stelle. Die Flucht oder Entführung des Opfers aus der Klinik, kritische und drängende Presse, sowie ein weiterer bestialischer und dieses Mal erfolgreicher Mord bringen sie immer mehr in Bedrängnis. Unterdessen geht ihr Privatleben vor die Hunde: ihr Mann zieht samt Sohn zu seinen Eltern. Immer wirrer werden die Verstrickungen um die beiden Fälle, das Drogen- und Prostitutionsmilieu ist auch involviert und der Kommissarin will einfach der entscheidende Schluss nicht gelingen.

Der Krimi ist für ein Erstlingswerk gut, hat aber seine Schwächen. Die Autorin wollte zu viel: zu viele Themen auf einmal lassen am Ende die Geschichte zu gewollt wirken. Die Mordgeschichte ist für mich am Ende schlichtweg überzogen. Was den Charakter Janine Anders anbelangt wurden zu viele Türen auf einmal geöffnet und nicht weiter verfolgt: weder die Eheprobleme noch die Familien-/Schwesterngeschichte ist ausgereift oder zu einem ordentlichen Schluss gebracht. Das lässt zwar andererseits Raum für weitere Bände, ist aber für dieses Buch unbefriedigend.

Positiv zu bemerken ist der Spannungsaufbau. Man möchte wissen, wie es weitergeht und mag die Lektüre eigentlich nicht unterbrechen. Auch die Passagen des zunächst ungeklärten Ichs, das zu dem Leser spricht, ist gelungen, da hier eine Ambivalenz entsteht, die die Neugier weckt. Der Sprachstil ist insgesamt unterhaltsam und ansprechend und die Figuren sind ebenfalls in ihren Unzulänglichkeiten und Macken gelungen.

Gute Unterhaltung, die nötige Spannung für einen Krimi und durchaus noch ausbaufähig für weitere Folgen.

****/5

Montag, 5. November 2012

Helmut Barz - African Boogie

Der zweite Teil der Katharina Klein Serie.

Nachdem Katharina es nach ganz oben auf die Todesliste südamerikanischer Drogenbosse geschafft hat, steht zuerst einmal Untertauchen an. Mit einer neuen Identität und ausreichend passender Waffen wird sie verabschiedet. Am Flughafen ergattert sie ein Last-Minute-Ticket nach Afrika: Mafia Island scheint ihr in Anbetracht ihrer Lage absolut passend und der perfekte Unterschlupf, um den Kopf wieder frei zu bekommen. Dass Andreas Amendt dasselbe Ziel ansteuern wird, kann sie ja nicht ahnen.

Was sich als Entspannungsurlaub im Wellness-Resort anlässt, verwandelt sich schon bald in einen nackten Kampf ums Überleben. Aber es ist nicht der erwartete Killer mit dem Codenamen Ministro, der ihr das Leben schwer macht, sondern ein anderer durchgedrehter Serienmörder, der nach und nach die Reisegruppe dahinrafft. So ganz zufällig sind diese jedoch alle nicht auf der Insel gestrandet - und dank einer gesprengten Brücke auch vorerst zwangsweise festgesetzt. Nach und nach kommen immer mehr Verbindungen ans Licht. Doch bis der Täter identifiziert wird, müssen noch einige Urlauber den letzten aller Gänge antreten. Auch für Katharina sieht sie Lage nicht gut aus, als sie sich plötzlich gefesselt Ministro gegenüber sieht.

Die Geschichte um Katharina und Andreas wird nahtlos fortgeführt, als Einzelroman also nicht unbedingt empfehlenswert. Die große Frage, was eigentlich am Tag des Mords an ihrer Familie geschah, schwebt auch dieses Mal wieder über der Handlung und wird stückchenweise weiter aufgedeckt. Die aktuelle Mordserie ist zwar in sich schlüssig, aber ein wenig überzogen, sorgt jedoch für enormes Tempo in der Handlung. Auch dieses Mal wieder neben den Hauptfiguren interessante Nebencharaktere, die dem Krimi eine gewisse Humornote verleihen. Unterhaltsamer Krimi, der sich schneller wegliest als man sich umsieht, leider insgesamt ein wenig schwächer als Band eins der Serie.

****/5

Sonntag, 4. November 2012

Dirk Schmidt - Task Force Hamm [Hörspiel]

Hamm - der Inbegriff westfälischen Niemandslandes und in Sachen Verbrechensbekämpfung jwd. Hierhin kommt nur, wer woanders versagt oder nicht funktioniert hat und nun im Dienst verwahrt werden muss. Scholz hat das schnell durchschaut und geht entsprechend motiviert an seinen neuen Job. Der erste Fall gestaltet sich auch gleich nicht ganz gewöhnlich: der ermordete Metzger weißt Hinweise auf gleich drei Todesursachen auf.

Ein Radiotatort, der den Ermittlungsort Hamm vorstellt. Inhaltlich noch etwas schwach, aber Uwe Ochsenknecht und co sorgen für Unterhaltung.

***/5 (Hörspiel)

Nick Warburton - Not Bobby [Hörspiel]

Nachdem der Vater gestorben ist, erfüllt sich Frank endlich den Traum eines Haustieres. Seine Mutter ist zunächst nicht begeistert von Kaninchen, das sie nach dem Vater Bobby taufen. Bald schon stellt sich heraus, dass sie es mit einem außergewöhnlich intelligenten Tier zu tun haben. Bei der Kommunalverwaltung nach Hilfe zu fragen war keine gute Idee, denn jetzt gerät eine absurde Maschinerie in Gang, in der nur nach Vorschrift gehandelt und so manche Regelung des Schulsystems gänzlich ad absurdum geführt wird.

Zwar zum schmunzeln, in der Tragweite der Absurdität jedoch beängstigend.

***/5 [Hörspiel]

Roald Dahl - Gift [Hörspiel]

Indien zur Zeit der englischen Besatzung. Eine Bungar, eine giftige Natter, hat sich ins Haus geschlichen und liegt schon seit Stunden auf Harrys Bauch. Er hat Angst sich zu bewegen, da dies das Tier zu einem tödlichen Biss verleiten könnte. Sein Nachbar Timber findet in völlig verschwitzt und holt den Arzt Ganderbai zu Hilfe. Dieser verabreicht Harry zunächst das Antiserum, bevor er sich an die Betäubung des Tieres macht.

Eine Kurzgeschichte mit Gift. Aber nicht das der Natter, sondern das der Vorurteile und Rassenüberlegenheit, das hier zu Ausdruck kommt.

****/5

Jane Austen - Lady Susan

Ein kurzer Briefroman, eines der ersten Werke Jane Austens. Lady Susan, seit kurzer Zeit Witwe, sucht für sich einen neuen Ehemann und ebenso für die 16-jährige Tochter Frederica. Aus der Korrespondenz zwischen Lady Susan und ihrer Vertrauten Alicia Johnson erfahren wir von ihren Ränkespielen und Manipulationen. Ihre Schwägerin Catherine berichtet ihrer Mutter vom höchst fragwürdigen Verhalten der Dame und sorgt sich um ihren Bruder, der sich zeitgleich mit Lady Susan und deren Tochter bei ihnen aufhält.

Insgesamt unterhaltsam. Erstaunlich ist hier die aktive Frau, die bewusst Männer manipuliert und zu ihrem eigenen Vorteil nutzen will. Die Herren erscheinen durch die Bank passiv und lassen sich gerne auf sie ein - obwohl sie älter ist. Ein gesellschaftlich unangepasstes Verhalten, das jedoch am Ende nicht gänzlich verurteilt wird.

***/5

Donnerstag, 1. November 2012

Nick Warburton - Available Means [Hörspiel]

David, ein englischer Literaturdozent, wird in eine osteuropäische Stadt eingeladen, um dort über Poetik zu sprechen. Kurz vor seinem Vortrag erinnert er sich, was in den vorausgegangenen Tagen passierte. Ein Zimmermädchen, Oksana, erregt seine Aufmerksamkeit. Sie versteht ihn kaum, möchte sich aber mit ihm treffen - außerhalb des Hotels. Schnell wird klar, dass sie sehr wohl des Englischen mächtig ist und ihm zudem nicht zufällig begegnete. Sie bittet um seine Hilfe. Ihr Bruder - später wird sich herausstellen: ihr Mann - wird von der Regierung gefangen gehalten und möglicherweise gefoltert. Der Polizeichef, als Davids Begleiter vorgesehen, mag dessen Nachfragen nicht. Er hat die Stadt gesäubert, um um das zu erreichen, sind ihm alle Mittel recht.Was kann David tun?

Ein politisch brisantes Hörspiel, aber mehr als realistisch, vor allem der Zwiespalt des westeuropäischen Gastes, der die Methoden nicht billigt, zugleich aber in seiner Funktion auch nicht seine Meinung völlig frei artikulieren kann.

*****/5

Mittwoch, 31. Oktober 2012

Reiner Neumann - Die Macht der Macht

"Macht ist immer und überall" schreibt Reiner Neumann in der Einleitung. Zu Hause, im Beruf, in jeder Form von Gruppe, überall im Alltag, von der Politesse über den Finanzbeamten bis hin zur Putzfrau - ständig sind wir mit Fragen von Macht und Ohnmacht konfrontiert. In elf Kapiteln beleuchtet Neumann das Thema von nahezu allen Seiten: Charisma, Sprache, Symbole und Beziehungen sind nur einige der Aspekte, die der Autor näher erläutert bevor er im abschließenden Abschnitt zu dem wesentlichen Punkt "Macht und Karriere" kommt.

Wissenschaftlich fundiert, mit vielen z.T. bekannten und prominenten Beispielen bringt Neumann dem Leser das komplexe Thema Macht näher. In Stichworten oder kurzen Phrasen werden am Ende des jeweiligen Abschnitts die wichtigsten Punkte zusammengefasst. Ganz konkrete Tipps für den Leser machen das Buch zu einem nicht nur informativen, sondern auch nützlichen Werk. Er warnt vor falschen Schlüssen und typischen Fehlern auf dem Weg nach oben. Sehr konkret ist das letzte Kapitel auch darauf ausgerichtet und liefert zahlreiche praktische und lebensname Hinweise.

Der Sprachstil ist angenehm zwischen unterhaltsam und doch nicht zu oberflächlich. So viele Beispiele wie nötig, um das Gesagte zu verdeutlichen, ohne aber in Längen zu verfallen, auf den Punkt gerichtet und auf das Wesentliche beschränkt verzichtet Neumann auf jede Form von Selbstdarstellung und Abseitsplauderei.

Informativ, in der Breite eine Zusammenfassung und Einführung in das Thema liefernd und mit vielen praktischen Tipps ein gelungenes Buch.

*****/5

Dienstag, 30. Oktober 2012

Helmut Barz - WestEnd Blues

Katharina Klein wird durch das Klingeln eines Handys geweckt: ihr Vorgesetzter. Sie ist einen Moment desorientiert. Wo ist sie aufgewacht - ach ja, der One-Night-Stand, weil sie sich irgendwie davon ablenken musst, dass sie zwei Männer getötet hat, nachdem diese ihren Partner niedergeschossen hatten. Dem schlechten Morgen sollen für die Hauptkommissarin noch mehr schlechte Neuigkeiten folgen. Nicht nur ist sie suspendiert und ein Verfahren mit dem Ziel sie für immer aus dem Dienst zu entfernen wird eröffnet, nein, ihre Nachbarin wurde tot aufgefunden und in Ermangelung eines Vaters muss sie Ersatzmutter für die vierjährige Laura spielen. Inoffiziell versucht sie nun den Mörder von Lauras Mutter zu finden und gleichzeitig ihre eigene Haut zu retten. Doktor Amendt wird ihr tatkräftig Unterstützung leisten, doch auch er muss gerade um seine berufliche Zukunft fürchten.

Der erste Band der Katharina-Klein Reihe, die in Frankfurt am Main angesiedelt ist und mit dezenten Hinweisen Seitenhiebe auf die hessische Metropole liefert, überzeugt. Eine spannende, durchaus komplexe Geschichte, deren Handlungsstränge geschickt verwoben werden und in rasantem Tempo voranschreiten. Die Charaktere sind ausgefallen und mit vielen interessanten Facetten ausgestattet. Es fehlen die klassischen, hunderte Mal gelesenen Züge der Ermittler, erfrischen neu kommen Katharina Klein und Andreas Amendt daher. Die Familiengeschichten der beiden lassen Raum für weitere Romane und können - neben dem aktuellen Fall - Lust auf mehr wecken.

Helmut Barz ist für mich auf dem Regionalkrimi-Markt eine echte Entdeckung. WestEnd Blues kann nicht nur überzeugen, sondern vor allem gut unterhalten. Ein echtes Lesevergnügen.

*****/5

Sonntag, 28. Oktober 2012

Donna Leon - Acqua Alta [Hörspiel]

Commissario Brunetti dieses Mal nicht nur im Regen, sondern auch noch im Acqua Alta - Hochwasserzeit in Venedig. Brett Lynch, amerikanische Archäologin und Expertin für chinesische Kunst wird zu hause von zwei Gorillas brutal zusammengeschlagen und gewarnt: sie solle Abstand von einem treffen mit dem Museumsdirektor Semenzato Abstand nehmen. Als dieser kurze Zeit später tot aufgefunden wird, ist klar, dass hier mehr dahintersteckt. Die Kollegen aus Rom bestätigen, dass es Unregelmäßigkeiten in der Kunstszene gibt. Während sich Brett noch um ihren guten Ruf und die Beziehungen zu China sorgt, planen dunkle Kräfte schon ihren Abgang - um sich selbst an edlen Vasen zu erfreuen.

Gewohnt legerer Brunetti, wieder einmal angesiedelt in den besseren Kreisen und mir Kunst und Kultur geschmückt.

****/5 (Hörspiel)

Daniela Böhle - Leichen im Keller [Hörspiel]

Daniela Böhle stellt uns in dem kurzen Hörspiel das Krankenhaus der Zukunft vor. Wer im Besitz einer Goldkarte ist, wird nicht nur bevorzugt behandelt, sondern bekommt sogar noch seine eigenen Röntgenbilder  und nicht irgendwelche aus dem Archiv zugeteilten. Mit etwas Glück reichen die Wertmarken noch für Bettpfanne und Schmerzmittel, sonst muss man eben warten, bis einem der nächste Besuch auslöst. Als medizinisches Personal finden sich willige und vor allem Billige Hilfskräfte, die mit virtueller Unterstützung Operationen durchführen. Da kann schon mal was daneben gehen, aber die Kollegen im Keller kümmern sich schon um die Entsorgung.

Eine bissige Komödie - oder eher Satire auf das heutige Gesundheitssystem und vermutlich realistischer als man sich das vorstellen und wünschen kann.

****/5 (Hörspiel)

Samstag, 27. Oktober 2012

Hans-Jürgen Heinicke - Was vom Leben übrig bleibt, kann alles weg

Das Cover des Buchs zeigt eine Straßenszene: diverse halbverpackte Möbel, ein Mann in zweckmäßiger Kleidung und ein Lieferwagen, indem diese Dinge gleich verschwinden werden. Was vom Leben übrig bleibt, kann alles weg. Fundstücke eines Wohungsauflösers. Hans-Jürgen Heinicke berichtet aus seinem Berufsleben - 30 Jahre professionelle Entrümpelung.

Nach einer kurzen  Einführung, die das eine oder andere seines Berufs erhellt und erläutert, wie eine Auflösung durch externes Personal vonstatten geht, taucht der Leser ein in verlassene Wohnungen. Ein reisebegeistertes Ehepaar, ein dekantener Steuerberater, eine berühmte Schauspielerin, Firmengründer, ganz verschiedene Wohnungen und Personen werden anhand ihres Nachlasses skizziert und wieder zum Leben erweckt. Die zum Teil unerwartet wertvollen, bisweilen aber auch nur für die Müllhalde tauglichen Gegenstände werden von Heinicke begutachtet. So mancher Schatz ist darunter, manchmal bleibt aber auch nur Entsorgungsarbeit.

Der Klappentext und der Inhalt des Buchs haben viel versprochen. Vieles ist auch sehr amüsant und spannend zu lesen. Neben den Wohnungsberichten schweift der Autor jedoch immer wieder auch lange aus und berichtet von seiner Lebensgeschichte und Nebenschauplätzen wie Trödelmärkten und polnischen Vertickungsmaschen. Auch fehlt mir ein vernünftiges Ende, das letzte Kapitel suggeriert zwar durch den Titel ein solches, bleibt es dann aber doch schuldig.

Der Schreibstil ist an sich ein angenehmer Plauderton, den man locker nebenbei wegliest. Vermutlich ist dies auch die Ursache für die fehlende Struktur des Buches und die ausufernden Nebengeschichten und Erinnerungen und Meinungen des Autors.

Mein Urteil fällt durchwachsen aus. Meine Erwartungen wurden nur zum Teil erfüllt. Zwar wurden ganz nette Episoden geschildert und das eine oder andere Erhellende des Berufs war auch dabei, aber einen nachhaltigen Eindruck könnte das Buch nicht hinterlassen.

**/5

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Lucy Clarke - Die Landkarte der Liebe

Katie wird mitten in der Nacht durch das Klingeln an der Tür geweckt. Zwei Polizisten stehen davor und haben eine schreckliche Nachricht für sie: ihre Schwester Mia, die seit Monaten mit ihrem besten Freund Finn auf Weltreise ist, hat sich in Bali von einem Felsen gestürzt. Nach dem Tod der Mutter wenige Monate zuvor ist Katie nun völlig allein auf der Welt.

Die junge Frau kann die polizeiliche Version vom Tod der Schwester nicht ganz glauben und nach kurzer Bedenkzeit entschließt sie sich, auf Basis des Reisetagebuchs aufzubrechen und auf den Spuren ihrer Schwester zu wandeln. Sie möchte nachvollziehen können, was diese in den letzten  Monaten erlebt hat und weshalb sie diesen Schritt getan hat.

Sie ahnt bereits beim Aufbruch, dass dies keine leichte Reise wird. Welche schrecklichen Erkenntnisse und Erfahrungen auf sie warten, ahnt sie jedoch nicht. Am Ende hat sie nicht nur Licht ins Dunkel  der letzten Stunden im Leben ihrer Schwester gebracht, sondern auch ihrem eigenen Leben eine völlig neue Wendung gegeben.

Das Cover des Buchs ist sehr kitschig, was mich vom Kauf eher abgeschreckt hätte. Der deutsche Titel ist völlig unpassend zum Inhalt und lenkt zusammen mit dem Cover klar in die Frauen-Schnulzen-Ecke. Das ist das Buch nicht. Es ist die Geschichte zweier sehr verschiedener Schwestern, voller nicht gesagter Dinge, Missverständnisse und später Reue. Ein wenig kitschig schon auch, gegen Ende etwas zu wenig gradlinig in der Handlung mit mehreren überflüssigen Schnörkeln und Nebensträngen.

Gut gefallen hat mir die zeitversetze abwechselnde Erzählperspektive zwischen den Schwestern. Sprachlich war das Buch nicht weiter bemerkenswert, das Erstlingswerk einer jungen Autorin erfüllt eher die Erwartungen. Die Geschichte an sich ist nicht uninteressant, auch die Tatsache, dass nach und nach immer mehr aufgeklärt wird und zugleich weitere Fragen aufgeworfen werden, hat die Spannung aufrechterhalten.

Die Charaktere waren leider vielfach etwas schablonenhaft und klischeebehaftet. An mancher Stelle fand ich auch das Verhalten nicht kohärent, bisweilen auch unlogisch. Gegen Ende verzettelt sich Clarke und trägt schlicht zu viel auf.

***/5

Sonntag, 21. Oktober 2012

Frida Mey - Manchmal muss es eben Mord sein

Elfie, Elfriede Ruhland, hat es sich zur Aufgabe gemacht, in der Welt für Ordnung zu sorgen. Als freelance Büro-Organisatorin übernimmt sie diese Aufgabe an verschiedensten orten, aktuell ist eine Versicherung ihr Auftraggeber. Aber auch das Zwischenmenschliche muss manchmal wieder geordnet werden, damit es allen gut geht und sich die Stimmung wieder hebt. Gelegentlich funktioniert das nebenbei - manchmal muss es eben Mord sein. Geschickt meistert sie die selbst auferlegte Aufgabe. Doch dieses Mal droht sie aufzufliegen, denn ihre Gegenspielerin, Kommissarin Alex von Lichtenstein, ist ihr auf den Versen. Und das obwohl ihr Privatleben gerade massiv durch Schwiegertante Lydia gestört wird.

Das Autorinnen-Duo Friedlind Lipsky und Ingeborg Struckmeyer haben versucht eine Verbindung zwischen Krimi und Komödie zu schaffen. Es ist ihnen gelungen. Neben den obligatorischen Mordfällen, die die Ermittlerin aufzuklären hat, kommt die Situationskomik nicht zu kurz und selbst die Figuren (sowohl die beiden Protagonistinnen wie auch die Nebenfiguren) werden liebevoll konstruiert und als interessante, bisweilen auch skurrile Charaktere gezeichnet.

Hoher Unterhaltungswert mit durchaus spannenden Krimielementen. Bleibt abzuwarten, wie sich die beiden Hauptfiguren weiterentwickeln.

*****/5

Samstag, 20. Oktober 2012

Rafik Schami - Eine Hand voller Sterne

Damaskus zu Zeiten politischer Unruhen und Umwälzungen. Ein Bäckersjunge beginnt in seinem 14. Lebensjahr damit, Tagebuch zu führen und aus seinem Alltag in Syrien zu berichten. Sein großer Traum ist es, eines Tages als Journalist zu arbeiten. Ein älterer Mann, der im selben Haus wohnt und den er Onkel Salim nennt, ist einer seiner Begleiter und weiser Ratgeber auf dem Weg ins Erwachsenwerden. Sein Vater, zunächst wenig von dieser Idee angetan, nimmt ihn auch schon bald von der Schule, da er Hilfe in der Bäckerei braucht. Doch der Junge verfolgt sein Ziel weiterhin, kann eine Anstellung in einer Buchhandlung erhaschen und die ersten seiner Gedichte werden veröffentlicht. Durch die Bekanntschaft mit dem Journalisten Habib kommt er seinem großen Traum immer näher und muss doch auch lernen, dass er sich in der gegenwärtigen politischen Lage eine heikle Aufgabe gesucht hat.

Obwohl als Kinderbuch erschienen ist der fiktive Tagebuchbericht auch für Erwachsene interessant. Rafik Schami stellt sein Heimatland und seine Heimatstadt Damaskus, die er schon früh verlassen musste vor und entwirft ein bisweilen erschreckendes Bild des politischen Terrors. Die kindlichen Augen verstehen nicht alles, berichten aber trotzdem auf interessante Weise und erlauben Einblicke in den Alltag der Syrer - ein seit langen Zeiten gebeuteltes Volk.


*****/5

Ursula Waage - Kreuzwege am Oderstrom

Ursula Waage zeichnet in ihrer zeitgeschichtlichen Dokumentation ihren eigenen und den Lebensweg einer jungen Polin nach. beide wurden im selben Jahr - 1928 - geboren und haben nach durchaus glücklicher Kindheit die Wirren und Entbehrungen der Kriegsjahre und Naziherrschaft in Breslau erlebt. Erst Jahrzehnte nach Kriegsende wird durch eine Fernsehdokumentation die Parallelität sichtbar und die beiden Damen freunden sich an und tauschen ihr Schicksal aus.

Aus unterschiedlichen sozialen Schichten und Gebieten des heutigen Polens stammend, verschlägt sie die Schreckensherrschaft in die gemeinsame lebensgefährliche Zwangsarbeit im Zentrum Breslaus - nichts von einander ahnend kämpfen die Mädchen in diesen und in den Folgejahren ums Überleben und um ihre Zukunft. Unterstützt mir diversen Realia zeichnet Ursula Waage dies nach und liefert einen eindrucksvollen Zeitzeugenbericht über die ostdeutsch-polnischen Kriegs- und Nachkriegsjahre.

Das Thema ist heute für mich relevanter denn je, denn endlich sind die Menschen in großem Stile mobil und zeigen auch das Interesse an den Nachbarvölkern im Osten - und das nicht nur, weil sie eine persönlich-familiäre Motivation dazu haben. Die Idee die Stadt oder besser den Fluss im Titel als verbindendes Glied zwischen den beiden Leben zu wählen, gefällt mir gut. Ein Dank an die Autorin, ihre Erfahrungen als Schatz an die jüngeren Generationen weiterzugeben. Das individuelle menschliche Schicksal ist häufig viel eindringlicher als faktische, historische Berichte.

Zwei Kritikpunkte gibt es für mich an diesem Büchlein. Insgesamt hätte ich mir einen ausgewogenen Bericht über beide Frauen gewünscht, Danuta kommt mir zu kurz, die zeit nach dem Krieg, der Wiederaufbau in Polen ist fast gänzlich ausgeblendet. Zum zweiten ist mir die Distanz zwischen der Erzählung und den Personen oft zu groß. Gemessen an den Erlebnissen, hätte es für mich etwas mehr Emotion und genauere Schilderung sein dürfen. Beide Punkte schmälern aber das Buch in seiner Aussage und historischen Relevanz.

****/5 (Sachbuch)


Freitag, 19. Oktober 2012

Christoph Koch - sternhagelglücklich

Christoph Koch begibt sich auf die Reise ins Land der Glückseligkeit - zumindest wird er sich 12 Monate lang intensiv damit beschäftigen, wie man glücklich(er) wird. Das Buch ist eine Dokumentation seines Selbstversuchs unterfüttert mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und einer ganzen Reihe von Alltags-Anekdoten und Überlegungen.  Vom Lachyoga über ehrenamtliches Engagement, von Heirat bis zum Guerrilla Gardening und Gesangsunterricht stellt er sich mutig noch so absurden Herausforderungen, um auf der Glücklichkeitsskala nach oben zu klettern. Auch wenn ich das Fazit hier vorwegnehme: er ist erfolgreich bei seinem Versuch.

Bei einem Sachbuch ist die Bewertung schwieriger als bei einem Roman. Daher möchte ich einzelne Aspekte bewerten:

Unterhaltungswert: 5/5 Punkte
Das Buch ist unterhaltsam und interessant zu lesen und man ist fast zu schnell durch.

Erkenntnisgewinn: 3/5
Vieles wusste ich bereits, es war nur im Ansatz neu. Manches halte ich für kolossalen Humbug.

Nützlichkeit: 4/5
Ich war nicht wirklich auf der Suche nach einem Ratgeber, es werden aber durchaus auch einige konkrete Tipps genannt, die zu mehr Zufriedenheit im Alltag führen können und direkt umsetzbar sind.

Mirjam Pressler - Ein Buch für Hanna

Mirjam Pressler zeichnet den Lebensweg von Hanna nach. Angelehnt an wahre Begebenheiten wird die Geschichte eines jungen, jüdischen Leipziger Mädchens erzählt, die sich mit ihren Freundinnen noch kurz vor den exzessiven Gewaltausbrüchen der Nazis nach Dänemark retten kann. Lebt sie zunächst in einer Art Sommercamp, wo sie trotz der Trennung von der Mutter fast ausgelassen den Sommer genießen kann, wird sie im Anschluss bei einer wohlhabenden Kopenhagener Familie untergebracht, die sie fast wie eine ihrer Töchter behandeln. Die Lage spitzt sich auch in Dänemark immer weiter zu, so dass die Freundinnen schon bald die Stadt verlassen müssen und aufs Land zu Familien ziehen. Da Leben dort ist hart und anstrengend, doch auch hier gelingt es Hanna und ihrer besten Freundin Mira das Beste daraus zu machen. Mit dem Angriff auf das Nachbarland hat das Naziregime auch dort die Situation für die jüdische Bevölkerung unmöglich gemacht und unausweichlich fallen die Mädchen den Soldaten schließlich in die Hände und werden nach Theresienstadt gebracht. Für manche die letzte Station ihres jungen, permanent von Flucht und Angst geprägten Lebens.

Die Lebensgeschichte Hannas, sicherlich beispielhaft für viele der damaligen Zeit, geht dem Leser sehr nah. Die Beschreibungen in Theresienstadt sind unglaublich und erschreckend. Schön zu wissen, dass es trotz allem aber auch positive Momente und Erfahrungen gab, die jedoch vielfach in den Personen selbst begründet liegen. Ein nachdenklich Stimmendes Zeugnis der dunkelsten Epoche der deutschen Geschichte.

*****/5

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Yasmina Khadra - Les sirènes de Bagdad

Les sirènes de Bagdad ist der dritte und abschließende Teil von Khadras Serie zum Dialog zwischen Orient und Okzident, die Vorgänger sind Les hirondelles de Kaboul und L'attentat. Dieses Mal ist die Geschichte im Irak zu Zeiten der amerikanischen Angriffe nach der Jahrtausendwende angesiedelt. Der eigentlichen Geschichte ist ein Prolog vorangestellt, in dem wir den Ich-Erzähler erleben, der la plus grande opération jamais observée en terre ennemie plant. In der Folge blickt er zurück und legt erzählerisch dar, wie aus einem jungen optimistischen Studenten mit großer Zukunftsplänen ein lebensverneinender Gotteskrieger werden konnte.

Wie auch in den ersten beiden Bänden erzählt Khadra eine intensive, traurige Geschichte, die dem Leser aus dem Westen eine völlig neue Welt eröffnet. Das Leben und die Perspektive der irakischen Bevölkerung im Kriegszustand, die kleinen Bausteine, die zu Frustration und Hass führen, die Verzweiflung und Aussichtslosigkeit sind erdrückend. Auch wenn eine fiktive Geschichte erzählt wird, ist es doch so realistisch, dass man nur mit Verständnis auf vieles reagieren kann, was wir in Westeuropa aus der gegnerischen Perspektive aus den Nachrichten kennen.

Khadra ist für mich schon lange die Entdeckung wenn es um Literatur aus dem arabischen Raum geht. Den Titel als Vermittler zwischen den Kulturen hat er als in französischer Sprache schreibender Algerier zu hundert Prozent verdient.

*****/5

Sonntag, 14. Oktober 2012

Michael Butt - The Moscow Prodigal [Hörspiel]

Nach 10 Jahren in England kehr Vasily in seine Heimatstadt Moskau zurück. Ein neues Leben will er sich aufbauen und Erfolg haben. Sein alter Freund Andrei, den er zufällig trifft und dessen Auftreten für ein gewisses Maß an Reichtum und Einfluss spricht, soll ihm dabei helfen. Angezogen von dem schnellen Geld verfolgt er die Idee, die Wohnung seiner Mutter zu verkaufen, beste Lage im Zentrum der Stadt, da ist einiges zu holen. Auf die Warnungen seines Bruders Sasha hört er dabei nicht und muss lernen, dass sich in seiner Heimat einiges verändert hat und der Wert eines Menschenlebens in Russland nicht sehr hoch ist.

Michael Butt zeichnet ein sehr negatives Bild Russlands. Korruption, Mord, Bandenwirtschaft und der nackte Kampf ums Überleben bestimmen den Alltag der Menschen. Die Gier nach Geld macht weder halt vor Freundschaft noch vor der eigenen Familie.

*****/5 (Hörspiel)

Samstag, 13. Oktober 2012

Bianka Minte-König - Milas Ferientagebuch: Paris

Freundin Hanna wird von den Eltern ihres Freundes Gerard nach Paris eingeladen. Ihre eigenen Eltern sind davon jedoch nicht sehr erbaut, also schlägt
Mila vor, sie als Anstands-Wauwau zu begleiten und schon sind die beiden Teenager im Flieger um zwei Wochen lang die Stadt der Liebe zu erobern. In ihrem Tagebuch hält Mila fest, was sie besichtigen, was sie über Land und Leute erfährt und natürlich muss es in Paris auch ein wenig knistern - dabei hat Mila doch ihren Freund Markus in Deutschland! 14 ereignisreiche Tage für die beiden Mädchen mit den beiden unterhaltsamen Franzosen Gerard und seinem Bruder Philippe.

Ein Jugendbuch, das sicherlich bei den jungen Mädchen gut ankommt. Es hat von allem etwas: ein bisschen Liebe, ein bisschen fremde Stadt und viel aufregendes Neues. Der Tagebuchstil erlaubt es die Sprache etwas salopp zu gebrauchen und so der Zielgruppe recht nah zu kommen. Da stört es insgesamt auch nicht wirklich, dass die Handlung (insb. die besuchten Nachtclubs) vielleicht etwas überzogen ist - Mädchen wollen ja träumen.

Zwei kleine Punktabzüge gibt es aber von mir doch: die Fehler im Französischen haben mich gestört und manchmal kommt das Buch etwas oberlehrerhaft daher, fast als wenn man mit der Schule zum Zwangsausflug unterwegs wäre und der Pauker einem Kultur einflößt.

Alles in allem: unterhaltsame Jugendlektüre.

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Angela S. Choi - Hello Kitty muss sterben

Fiona Yu, 28, Anwältin chinesischer Herkunft. Lebt immer noch bei ihren Eltern in San Francisco. Denn wie jedes gute chinesische Mädchen wird sie erst ausziehen, wenn sie heiratet. Dafür wird es jetzt endlich Zeit, ebenso für Kinder - finden ihre Eltern und arrangieren geschwind ein Date. Fiona hat derweil ganz andere Pläne und Sorgen. Immer noch Jungfrau will sie die Dinge nach einer gescheiterten Entjungferung selbst in die Hand nehmen. Doch das bereut sie schnell und wie es der Zufall will trifft sie bei dem Hymenrekonstruktionsspezialisten auf ihren alten Schulfreund Sean. Die beiden haben schlicht keine Lust auf ein angepasstes Leben oder sich selbiges von irgendwem verderben zu lassen. Wer ihnen in den Weg kommt, wir diskret beseitigt.

Ein skurriles Buch. Der Wunsch nach Ausbruch aus der chinesischen Tradition ist ja noch nachvollziehbar. Dass dies gleich in derartige Gewaltexszessen enden muss, ist sicherlich etwas over the top. Nüchtern betrachtet schier unerträglich, aber mit so viel Witz und Biss erzählt, dass man fast Verständnis für Fiona entwickelt. Der Stil macht hier das Buch aus.

Unterhaltsam, wenn auch absurd und sicherlich auch mit nicht wenig Verbitterung der Autorin erzählt. Dass sie Hello Kitty, das Synonym für das angepasste immer lächelnde chinesische Mädchen, in sich endlich loswerden will, ist ein berechtigter Wunsch.
****/5

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Patricia Brooks - Stella und der Koch (Hörspiel)

Stella und Paul beim Frühstück. Seit 16 Jahren sind sie glücklich verheiratet, er in seinen Bürojob viel eingebunden, sie zu Hause. Seit einigen Monaten ist die Harmonie jedoch etwas gestört, weil Stella schon am frühen Morgen den Fernseher einschaltet, um einem Fernsehkoch bei der Arbeit zuzusehen. Paul ist davon genervt, ahnt jedoch nicht, was es mit dem Koch auf sich hat. Stella hat ihn durch Zufall entdeckt und trotz all der Jahre, die zwischen damals und heute liegen, sofort wiedererkannt. Sie hält Zwiegespräch mit ihm und forscht immer weiter in seinem Leben nach...

Die Geschichte entfaltet sich extrem langsam, was sie bisweilen etwas langatmig macht. Erst spät nimmt sie Fahrt auf und man durchschaut Stellas Absichten.

***/5 (Hörspiel)

Montag, 8. Oktober 2012

Martin Walker - Grand Cru

Bruno, chef de police von Saint-Denis, ist wieder da. In seinem zweiten Fall hat er es gleich mit mehreren verschiedenen Problemen zu tun: ein Institut, das mit gentechnisch veränderten Pflanzen experimentiert wird Opfer eines Anschlags. Stecken militante Gentechnik-Gegner dahinter? Ein amerikanischer Investor möchte weite teile des Dorfes aufkaufen, um dort seinen eigenen Wein anzubauen und zu vermarkte. Dann geschieht auch noch ein Doppelmord. War dahinter Berechnung? Bruno muss derweil auch seine Beziehung zu Isabelle überdenken und eine Entscheidung zwischen Liebe zu einer Frau der Liebe zum Land treffen.

Der Roman will zu viel. Moralisch diskussionswürdige Großthemen wie Gentechnik in der Landwirtschaft und die Veränderungen (positiver wie negativer Art) durch ausländische Investoren sind neben einer Liebesgeschichte und einem Kriminalfall einfach zu viel für das kleine Büchlein. Mit dem Ergebnis, dass alles nur halb angerissen und wieder vergessen wird. Hätte Walker sich auf weniger beschränkt, die Geschichte stringenter erzählt und nicht zig Nebenschauplätze aufgemacht - die bisweilen völlig überflüssig waren - hätte ein nettes Büchlein daraus werden können. Die letzten 100 Seiten waren für mich schon fast eine Qual und die Auflösung (man hat ja einiges schon geahnt) dann auch noch völlig übertrieben.

**/5

Sonntag, 7. Oktober 2012

Maxim Gorki - Warenka Olessowa (Hörspiel)

Russland gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Der junge Dozent Ippolit Sergejewitsch wurde gerade als Dozent einer Universität ernannt und möchte vor Semesterbeginn noch ein paar ruhige Tage bei seiner Schwester Elisabetha auf dem Land verbringen. Elisabethas Mann ist gerade gestorben, doch statt sie betrübt und in Trauer vorzufinden, ist sie gerade zu heiter und erleichtert. Wie sich herausstellt war ihr Mann ein Ekel und sie ist froh, ihn endlich los zu sein. Auch für ihren Bruder hat sie sich etwas ausgedacht: die lebenslustige Warenka Olessowa könnte die passende Frau für den Intellektuellen sein. Die Tochter des Oberst fordert all seine Energie, mit ihrer ungestümen Art und ihren seltsamen Ansichten beschäftigt sie ihn den ganzen Tag.

Gorki kontrastiert in den Figuren Warenkas die noch im Zarenreich existente russische Oberschicht, die ihre Angestellten und bauern gar nicht erst als Menschen wahrnimmt. Warenka findet es auch völlig normal sie auszupeitschen, wenn  sie ihre Arbeit nicht zu ihrer Zufriedenheit erledigen. Ippolit vertritt eher die sich später  verbreitenden kommunistischen Ansichten unter der Maxime der Gleichheit und des Werts aller. Mit Elisabetha wird die Rolle der Frau - muss sie sich unterwerfen? Inwieweit kann und darf sie über ihr Leben selbst bestimmen? - in Frage gestellt.

Eine kurze Geschichte, die doch die essentiellen politischen und gesellschaftlichen Fragen eines untergehenden Reiches ausbreitet.

****/5 (Hörspiel)

Freitag, 5. Oktober 2012

Elizabeth Wurtzel - Prozac Nation/Verdammt schöne Welt

Elizabeth Wurtzel berichtet von ihrem Leben mit der Depression. Sie zeichnet ihre (noch) glückliche Kindheit nach bis plötzlich während der Pubertät ihr Leben aus den Fugen gerät und auf zunächst unerklärliche Weise Trägheit, Antriebslosigkeit, Weinkrämpfe, Angstzustände und Panik ihren Tagesablauf bestimmen. Eine Odysse zwischen Unverständnis ihres Umfelds und der Familie, verschiedenen Psychologen und Psychiatern, diversen Medikamenten und Therapien beginnt. Jedoch tritt keine Besserung ein. Bis sie ganz am Ende ist und jede Form von Lebenswillen verloren hat - die junge, talentierte und auch erfolgreiche Frau. In ihrem Fall kommt zum richtigen Zeitpunkt Prozac auf den Markt, was ihr ein relativ normales Leben mit Auf und Ab in erträglichen Dosen ermöglicht.

Das Buch lässt einem sehr intensiv nachvollziehen, wie es Menschen mit dieser Krankheit geht. Warum "sich einfach mal zusammenreißen" oder "aufraffen" eben nicht funktionieren kann. Eine schonungslose Abrechung mit sich selbst, der eigenen Familie, den Ärzten, aber auch der Gesellschaft und ihrem Umgang sowohl mit der Krankheit Depression, aber auch mit der inzwischen inflationären Verschreibungspraxis von Psychopharmaka.

Unbedingt empfehlenswert für alle, die Verständnis für das entwickeln wollen, was in depressiven Menschen vor sich geht. Und ein klares Zeichen für alle, die mal ein wenig durchhängen und sich selbst bemitleiden. Wer das Leid von Elizabeth Wurtzel gelesen hat, merkt, wie gut es einem geht und wie wenig krank man ist. Glücklicherweise.

*****/5

Dirk Schmidt - Baginsky (Radiotatort)

Latotzke kommt aus dem Urlaub zurück und erkundigt sich, was aus dem Fall Baginsky geworden ist. Schnell schwant den Ermittlern Schreckliches: der Mord ist einfach untergegangen und in den drei Woche, die seither vergangen sind, hat sich schlichtweg keiner gekümmert. Dass bei den Ermittlern in Hamm nicht alles rund läuft, hat auch die presse schon bemerkt und Journalist Raij ist der Sache auf der Spur. Das Team steht unter Druck und die Tatsache, dass alle sich über Baginskys Tod freuen - insbesondere seine Ehefrau, die direkt eine große Party wirft - erleichtert die Untersuchungen nicht.

Ein Radiotatort wie man ihn sich wünscht: ein Mord, der nebenbei aufgeklärt wird, skurrile Ermittler mit viel Persönlichkeit, eine eindeutige regionale Verortung des Geschehens und der Personen. Unterhaltung auf höchstem Niveau. Das Fernsehen sollte sich davon eine Scheibe abschneiden!

*****/5 (Hörspiel)

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Eva Maria Mudrich - Das Experiment (Hörspiel)

Ein anonymer Brief eines Anwalt erreicht eine Sendeanstalt. Dabei sind eine Kassette sowie ein weiteres Schreiben mit Erläuterungen. Einige Zeit zuvor hat ihn eine Hotelbesitzerin aufgesucht, die einen sonderbaren Gast für längere Zeit beherbergte. Dieser Gast hat versucht sich das Leben zu nehmen und als einige Erläuterung bleiben die Kassette und der Brief. Der gast war Arzt und wurde zu einem Patienten gerufen, der offenbar unmittelbar zuvor gestorben war. Nach und nach wird die Geschichte zweier älterer Männer aufgedröselt, die ein seltsames Experiment wagen: ihre telepathischen Fähigkeiten haben sie über längere Zeit trainiert und nun wird einer aus dem Leben gehen und dem anderen auf diese Weise mitteilen, was er direkt nach Eintretend es Herztods erlebt.

Spannend, verstörend und gut gemacht.

****/5 (Hörspiel)

Anne Holt - Der norwegische Gast

Norwegen im tiefen Winter. Ein Orkan sorgt für ein schlimmes Wetterchaos und unglückliche Umstände lassen einen voll besetzten Zug nahe dem Bergdorf Finse entgleisen. Trotz der widrigen Umstände haben die Reisenden Glück: schnell sind Retter vor Ort und in einem Hotel findet die Gruppe Unterschlupf. Die einzige Gemeinsamkeit ist der Schicksalsschlag, ansonsten könnte die zwangsvereinte Gruppe kaum unterschiedlicher sein: eine Reihe von Ärzten, die zu einem Kongress wollte, mehrere Pastoren,  eine Mädchen-Handballgruppe, hochindividualistische Jugendliche und auch ein ausländisches Ehepaar. Auch Hanne Wilhelmsen muss sich mit der Situation abfinden. Nach einem Einsatz querschnittsgelähmt lebt die ehemalige Polizistin eher zurückgezogen und meidet fremde Menschen.

Nach der ersten Erleichterung und Freude über den doch glimpflichen Verlauf wird die Stimmung schnell durch den Mord an einem landesweit bekannten Pastor getrübt. Zudem stellt sich den Gästen die Frage, was oder eher wer sich im letzten Wagen des Zugs befand, der offenbar als erster geborgen wurde und jetzt samt Wachen im obersten Stockwerk residiert. Mit zunehmendem Schnee und Orkan wird die Lage kritischer. Hanne muss wohl oder übel ermitteln - doch als ein zweiter Mord geschieht, verliert auch sie langsam die Ruhe.

Das Setting ist spannend: eine unfreiwillig eingeschlossene Menschenmenge und ein Mord bzw. zwei Morde. Interessante, undurchschaubare Charaktere mit Vorgeschichten. Auch die spannende Nebenhandlung - wer war der norwegische Gast eigentlich? - gibt eine zusätzliche Würze. Die Aufklärung ist ein wenig enttäuschend für mich, zu sehr wie in alten Krimis plötzlich aus dem Hut gezaubert und vorher nicht so richtig angelegt.

Ein dicker Minuspunkt auch für die Übersetzung. Es dürfte dem deutschen Publikum geläufig sein, dass es nicht in allen Sprachen die Unterscheidung von Du/Sie gibt. Dies angemessen zu übertragen ist zugegebenermaßen nicht ganz einfach, aber die Variante (habe ich auch schon in anderen Büchern gesehen), die Figuren sich im wilden Wechsel mal duzen mal siezen zu lassen ist einfach störend und unpassend. Hier wäre konsequentes Duzen auch wenn es zunächst komisch erscheint bei fremden Personen die bessere Lösung.

****/5

Dienstag, 2. Oktober 2012

Andrea Maria Schenkel - Tannöd

Die 50er Jahre, Nachkriegszeit im bayerischen Nirgendwo. Die Menschen gehen ihrer Arbeit nach, überwiegend der Landwirtschaft. Man kennt sich, man hilft sich, die Natur und die Kirche bestimmen den Takt. Eine Magd sucht eine neue Anstellung, eine Ladenbesitzerin erfährt so dies uns das, Hilfsarbeiter landen hier und da. Diese zwar nicht idyllische, aber doch einfache und geregelte Welt gerät jäh aus den Fugen als ein bestialischer Mörder auf einem abgelegenen Hof wütete und vier Erwachsene und zwei Kinder ihr Leben lassen.

Ein überschaubares Büchlein mit nur rund 120 Seiten. Die Geschichte wird episodisch und nicht chronologisch erzählt, weshalb sich erst nach und nach erschließt, was passiert ist. Dieser Kniff ist es wohl, der dem Buch so viel Zuspruch gebracht hat. Ansonsten leider ziemlich flach und trotz der interessanten Wendung am Ende nur ein mäßiger Krimi.

***/5

David Foenkinos - Nos séparations

Fritz - Spross alternativer Antiglobalisierungsgegener - trifft Alice, gutbürgerlich angepasste Tochter. Sie verlieben sich ineinander - wie immer bei Foenkinos passiert dies nicht einfach wie bei anderen Schriftstellern, sofort hingerissen, unglaublich attraktiv, die tollen Augen - nein, es ist eine Geste von Alice, die Fritz klar macht, dass sie die Frau seines Lebens ist. Die Germanistikstudentin und der Lexikon-Korrekturleser sind für einander geschaffen, ohne Frage. Es ist nicht die stürmische alles überdeckende Liebe, sondern die leise intensive. Trotzdem kommt es immer wieder zu Trennungen und beiden haben im Laufe des Lebens auch andere Partner, sogar Kinder. Aber auch 10 oder 20 Jahre der Trennung können das Band, das sie zusammenhält, nicht durchschneiden. In intensiven Momenten suchen und finden sie einander.

Foenkinos erzählt einen Liebesroman, der ohne Kitsch und  große Worte auskommt. Auch bedarf es keiner ausufernder Sexszenen, um die Intensität dieser Verbindung zu zeigen. Ein Meister der leisen Worte erzählt eine Liebe, die einem durch die Sprache  mit aufsaugt und den Schmerz der Trennungen ebenso intensiv spüren lässt wie das Glück des Wiedersehens.

Unbedingt im Original zu lesen. Der deutsche Titel ist (ähnlich wie auch bei "La délicatesse" einmal wieder banal-dumm und lässt erwarten, dass auch hier dilettantisch schlecht übersetzt wurde).

*****/5

Montag, 1. Oktober 2012

Erhard Schmied - Gut und Böse (Hörspiel)

In einem Problemviertel wird der Ladenbesitzer Kuhn ermordet. Die guten Bürger haben natürlich direkt die faulen Jugendlichen - vorzugsweise mit Migrationshintergrund - im Visier und da passt es auch gut ins Bild, dass einer von ihnen, Arslan, verschwunden ist. Als dieser schwer verletzt gefunden wird, gerät plötzlich die selbstorganisierte Bürgerwehr ins Interesse der Polizei - wobei sich nach und nach herausstellt, dass auch in deren Reihen mit den Gutbürgern kooperiert wird. Als Arslan seinen Verletzungen erliegt, droht die Situation zu eskalieren.

Guter Stoff jedoch nicht wirklich spannend erzählt.

**/5 (Hörspiel)
Blogverzeichnis - Bloggerei.de