Freitag, 9. Dezember 2016

Attila Hildmann - Vegan for Fit Gipfelstürmer

Attila Hildmanns 7. Buch aus seiner „Vegan for…“ Reihe fokussiert dieses Mal auf dem populären Schlagwort „detoxen“. Nach wenigen einleitenden Worten befasst er sich mit dem Phänomen „detox“ und der (angeblichen) Notwendigkeit, seinen Körper bei der Befreiung von allerlei Giftstoffen zu unterstützen. Nach ein paar kurzen Erfolgsgeschichten und der Erläuterung, weshalb aus dem vormals einmonatigen Programm nun ein 7-Tage-Programm wurde, kommt auch schon der Rezepteteil.  Abschließend werden noch einige mentale Tipps gegeben und ein die Ernährung ergänzendes Sportprogramm vorgestellt.

Für jeden Tag werden jeweils zwei Alternativen für Frühstück, Mittagessen und Abendbrot präsentiert, aus denen man sich jeweils eins aussuchen kann im Rahmen der Challenge. Die Rezepte sind aufeinander abgestimmt, so dass man zwar innerhalb des Tages wählen kann, aber nicht zwischen den tagen tauschen sollte. Was aufeinander abgestimmt ist, wird allerdings nicht verraten; zumindest die Kalorien sind es nicht, denn diese variieren erheblich zwischen den Gerichten. Ergänzt werden die Rezepte durch Getränke und Smoothie Vorschläge. Nicht fehlen dürfen, genau wie auch in den vorhergehenden Büchern der Reihe, wirklich ansehnliche Fotographien der Gerichte, die tatsächlich sehr viel Lust aufs Kochen machen.

Wenn man die Bücher von Attila Hildmann kennt, wird man wenig überrascht sein von den hier vorgestellten Gerichten. Ich habe nicht im Detail geprüft, ob sie exakt schon einmal in einem der anderen Bücher vorgekommen sind, aber vieles kommt einem doch bekannt vor. Dies ist nicht so negativ zu verstehen, wie es zunächst klingen mag. Das Frühstück setzt oft auf Beeren bzw. Obst generell und Haferflocken. Die Gerichte für mittags und abends beinhalten auch vielfach die alten Bekannten der veganen Küche: Süßkartoffel, Kürbis und verschiedene Hülsenfrüchte, für die Getreidenote vorrangig Quinoa, daneben diverse Gemüse wie Rotkohl, rote Bete oder Spinat und natürlich Tofu. Das Angebot ist insgesamt sehr variabel, was sicherlich in einer Woche genügend Abwechslung bieten kann.


Einmal Lob und zwei Kritikpunkte zum Abschluss: Mir gefallen Hildmanns Rezepte insgesamt sehr gut. Ich lebe zwar nicht vegan, aber diese Art der Ernährung hat weitaus mehr kreative Ideen und Abwechslung als die meisten vegetarischen Kochbücher, die einfach nur die Menge an Nudeln und Gemüse erhöhen und mir ansonsten meist ziemlich langweilige Kost offerieren. Ganz wesentlich negativ stößt mir jedoch immer wieder der Einsatz von einfach sehr teuren Lebensmitteln auf: Matcha, Acai oder Goji Beeren, Mandelmus und Reismilch sind schlichtweg für den Alltag für die meisten Menschen nicht in diesen Mengen erschwinglich. Sie tauchen zwar nicht in allen Rezepten auf, aber doch in einer sehr großen Anzahl, was für mich die Nützlichkeit deutlich einschränkt. Der zweite Punkt ist sicher nicht für alle Leser interessant, aber ich frage mich schon: was ist neu an diesem Buch? Den detox-Hype grundsätzlich in Frage zu stellen, ist die eine Problematik, andererseits drängt sich mir der Verdacht auf, dass wieder ein Jahr rum ist und kurz vor Weihnachten so ein Kochbuch marketingtechnisch einfach sinnvoll ist. Dieser Punkt nimmt ihm nichts an seiner Qualität, besitzt man jedoch schon das eine oder andere Kochbuch von Hildmann, kann man sich dieses hier m.E. getrost sparen. 

Dienstag, 8. November 2016

Blogmigration

Ich bin umgezogen und dieser Blog wird nicht mehr aktualisiert.

 Die neue Seite findet sich hier:

Sonntag, 6. November 2016

Mleanie Raabe - Die Wahrheit

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Melanie Raabe - Die Wahrheit

Sieben Jahre lang musste Sarah Petersen mit der Ungewissheit leben, was mit ihrem Mann geschehen ist. Sieben Jahre zwischen der Sorge, dass er tot sein könnte, und der Hoffnung, dass er wieder zurückkehrt zu ihr und ihrem gemeinsamen Sohn Leo, der keine Erinnerung an den Vater hat. Dann kommt der Anruf vom Auswärtigen Amt: man konnte ihren Mann in Kolumbien befreien und er ist auf dem Weg nach Deutschland. Voller Spannung fiebert Sarah dem Moment am Flughafen entgegen. Wie wird das Wiedersehen sein? Wie hat sich Philipp verändert? Doch dann der Schock: ein Fremder steht vor ihr und gibt sich als ihr Mann aus. Nimmt den Sohn auf den Arm, um den Journalisten zuzuwinken, die auf sensationelle Fotos bei die diesem spektakulären Fall hoffen; geht mit ihr nach Hause. Dort beginnt das perfide Spiel. Sarah droht die Behörden über den Betrug zu informieren, doch der Mann warnt sie: er wird auch sie auffliegen lassen, denn er kennt ihr dunkel Geheimnis. Was führt er im Schilde? Wer ist er? Und warum glauben selbst ihre Freunde dem charismatischen Fremden mehr als ihr? Seine Taktik ist offensichtlich: sobald Sarah von allen als verrückt wahrgenommen wird, kann er sie einweisen lassen und ganz über das Vermögen der Familie Petersen verfügen.

Ein spannender Thriller, der einem an unzähligen Stellen das Herz aussetzen lässt. Zunächst Sarah zwiegespaltene Stimmung ob der guten Nachrichten: nach so vielen Jahren wieder gemeinsam leben? War nicht eigentlich die Ehe zwischen ihr und Philipp am Ende, als er damals verschwand? Hatte sie nicht sogar damit gerechnet, dass er alles geplant hatte? Sehr nah und glaubwürdig folgt man ihren Sorgen. Dann der Schock über diesen Fremden und ihre blanke Angst allein mit ihm im Haus zu sein. Bedrohung folgt auf Bedrohung, was wird er tun? Man kann Sarahs Furcht regelrecht greifen und wird als Leser in dasselbe Gefühl geschickt. Gänsehaut ist angesagt als er klar ist, dass der Kampf nicht physisch, sondern psychisch ausgetragen wird. Die schlimmsten Momente sind jedoch die, wenn Sarah Hilfe sucht und diese verwehrt wird. Ihre Hilflosigkeit und Verzweiflung sind dermaßen greifbar, dass man sie selbst als Leser spüren kann.

Zunehmend kann man auch die Perspektive des Antagonisten nachvollziehen, mehr und mehr Informationen erhält man von ihm, ohne jedoch seine Motive durchschauen zu können. Ab einem gewissen Punkt wendet sich langsam das Blatt und man fragt sich, ob nicht auch Sarah eine andere Rolle hat als nur die des Opfers. Man bekommt Zweifel und im Raum steht immer noch die Frage, womit sie erpressbar ist. Was hat sie getan? Ist sie womöglich selbst eine Mörderin?

Was kann sich mehr von einem Thriller wünschen als starke Charaktere und nervenzerreißende Spannung? Melanie Raabe gelingt genau das. Dass sich die klare Verteilung in Gut und Böse plötzlich auflöst und man beginnt zu zweifeln und die Dinge neu zu bewerten: schlichtweg hervorragend von der Autorin konstruiert. Der Roman reißt einem mit sich und aufzuhören zu lesen, ist schlichtweg unmöglich. Gespannt war ich besonders auf die Auflösung. Wie kommt man aus dieser Situation heraus, die irgendwann für den Leser emotional auch schwer zu beurteilen ist? Und die Antwort: nicht so gelungen. Nein, mich konnte ihr Ausweg nicht überzeugen. Zum einen kam er zu unvermittelt und unvorbereitet. Das soll’s gewesen sein? Zum anderen ist es für mich nicht ganz glaubwürdig, dass dies psychologisch möglich sein soll, was sich abgespielt hat. Zwar kann alles erklärt werden und offene Fragen bleiben letztlich nicht, aber enttäuscht war ich schon. Hochspannung über mehr so eine lange Strecke und dann ein doch recht banales Ende. Schade, der Roman hätte eine angemessene Auflösung verdient.

Ein herzlicher Dank geht an das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar. Mehr Informationen zum Titel finden sich auf der Seite der Verlagsgruppe Random House.

Montag, 31. Oktober 2016

Rabih Alammedine - Eine überflüssige Frau

Roman, Rezension

Ein einziger Tag, ein ganzes Leben. Mit einem Unglück startet Aaliya in diesen Morgen: ihre Haare sind blau, viel blauer als sie sein sollten. Aber warum sich aufregen, mit 72 Jahren spielt das auch keine Rolle mehr. Noch dazu lebt sie allein in ihrer kleinen Beiruter Wohnung; zu den anderen Bewohnern des Hauses hatte sie nie viel Kontakt, man kennt sich, weiß das Nötigste und fertig. Lieber hat sich Aaliya mit Büchern umgeben, in der Buchhandlung, in der sie viele Jahrzehnte gearbeitet hat, oder zu Hause, wo sie in den letzten 50 Jahren jährlich ein Werk der Weltliteratur übersetzt hat. Das neue Jahr steht an, eine Entscheidung für ein neues Buch muss getroffen werden. Wie viel Zeit bleibt ihr noch, kann sie sich an einen dicken Wälzer wagen? Immer wieder wird diese Überlegung unterbrochen, durch ein Klopfen an ihrer Tür, durch eine Erinnerung an die Vergangenheit, an die Geschichte ihrer geliebten Heimat und an Hannah, ihre einzige Freundin. Die blauen Haare waren nur der Anfang, das Schicksal hat noch mehr große Erschütterungen für Aaliya an diesem Tag vorgesehen.

Rabih Alameddine entführt seine Leser einmal mehr in den von ihm so sehr geliebten Nahen Osten, in den Libanon, seine Heimat. Das Schicksal dieser Stadt, das ihn offenbar schwer getroffen und beeindruckt hat, findet sich auch in diesem Roman wieder. Aaliyas Leben ist eng verbunden mit den Geschehnissen der Metropole zwischen Mittelmeer und Gebirge, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von zahlreichen Kriegen gezeichnet, immer wieder zerstört und wieder aufgebaut wurde und es schafft, unterschiedlichste Konfessionen und Lebensweisen zu beheimaten. 

Das Leben Aaliyas verläuft nicht nach Plan, jung verheiratet wird sie doch nie zur echten Ehefrau und Mutter, als Geschiedene lehnt sie eine weitere Hochzeit ab und bleibt so allein, wenn auch nicht einsam, denn die Literatur begleitet sie. Für jede Lebenslage findet sie Trost bei einem Dichter, alles lässt sich erklären, denn es wurde bereits niedergeschrieben; auch die Philosophen und Maler, ebenso die klassischen Musiker haben es ihr angetan und ihr ferne Länder eröffnet. Aaliya macht einen zufriedenen Eindruck und scheint mit sich und der Welt im Reinen zu sein, nach all den Jahren, in denen sie auf sich allein gestellt war und auch schon einmal mit der Kalaschnikow im Bett schlafen musste. Und dennoch tut sich ein Riss auf. Dies wird an einer Stelle besonders offenkundig:

   Henri Matisse hat einst gesagt: „Es hat mich mein ganzes Leben lang beschäftigt, dass ich nicht male wie jeder andere.“ Ich liebe dieses Zitat, liebe die Tatsache, dass der strahlendste Maler des 20. Jahrhunderts so gedacht hat.

Nein, sie ist keine typische Frau ihrer Zeit. Sie ist eigensinnig und durchsetzungsstark, beweist Rückgrat und Bildung. Als Autodidaktin wurde sie zur Übersetzerin, eine Arbeit für ein nicht vorhandenes Publikum. Aber sie sagt selbst, dass nicht das Ergebnis zählt, sondern der Weg dahin. Vielleicht ist das das Geheimnis ihres Lebens: nicht was sie am Ende erreicht hat, sondern die Zufriedenheit und Freude auf dem Weg dahin ist das, was wirklich zählt. 

Rabih Alameddine zeichnet eine Figur, die nicht auffällt und doch heraussticht. Eine starke Frauengestalt, die sich in einer patriarchalischen Gesellschaft ihren Weg bahnt und eigene Maßstäbe zu setzen weiß. Dabei wirkt sich ein wenig schrullig, aber immer liebenswert. Und wer große Literatur liebt, muss unweigerlich auch Aaliya lieben.

Sonntag, 30. Oktober 2016

Jeanette Winterson - The Gap of Time

novel, review, Hogarth

Leo Kaiser is rich, he has everything he can wish for: money, a beautiful wife, MiMi, a beloved son, a successful business. Nevertheless, there is a certain guilt that he has been carrying around all his life: he was responsible for his best friend Xeno’s accident when they were kids. Is this the reason why Xeno has an affair with his wife and is the father of MiMi’s unborn child? MiMi and Xeno as well as his business partner Paulina try to make him see reality again, but Leo is stubborn and blinded by his anger. His rage finally leads to the catastrophe: his best friend gone, his son dead, his wife divorced and his daughter missing. Apart from his money, Leo has lost everything. On the other side of the world, Perdita grows up with a loving father and a caring older brother. She lives eighteen years not knowing what had happened to her real, biological family. When she meets the love of her life, suddenly, all the pieces match and add up to a completely new picture of her life.

The Gap of Time is part of the Hogarth Shakespeare series and Jeanette Winterson has created a cover form of the bard’s comedy The Winter’s Tale. The author stuck quite close to the original: we have King Leontes - now Leo, king of a business imperium called Sicily; Hermione, his beautiful wife has become lovely singer MiMi; Polixenes, Leo’s childhood friend and later enemy shows up as Xeno; his son Florizel is now represented as Zel; the noblewoman Paulina who secretly holds the reins in both stories; and Shep(herd) and his son Clo(wn) who raise Perdita, the lost daughter. The plot itself has been placed into the computer game world of London and a bit refreshed to give the impression of a modern story. Albeit the story is known and the happy-end could be expected, I enjoyed the novel because Jeanette Winterson has a virtuous way of using language creating humorous and sharp puns and she does not refrain from openly alluding to Shakespeare himself. The comedy is downright entertaining from the first to the very last page and she absolutely managed to create characters who can surprise us, even though we are quite familiar with them, and seem to be authentic and imaginable as real persons.

Again, we can see also in this novel that Shakespeare’s plays can easily stand the test of time. Quite obviously, we have not developed any further during the last 400 years and are still governed by basic emotions such as love, pride, anger, desire, sadness and fear. Those universal sensations can easily be transferred to other places and times and do not lose any of their impact on human behaviour. One really has to congratulate the people behind Hogarth Shakespeare for picking gifted authors who make something new by respecting all that Shakespeare stands for. I am really looking forward to Jo Nesbo retelling Hamlet and Tracy Chevalier on Othello which both are to published in 2017. which both are to be


Matthew Costello/Neil Richards - Final Cut

novel, review

Big Hollywood in small Cherringham: a film team has set up its camp to shoot a historical drama in the lovely British village. The lead is taken over by Zoë, a rising star and beautiful young woman. When a series of suspicious accidents happen, the crew gets nervous, not only because they are already far behind schedule but also because the actors are concerned: is it really just bad luck or is somebody trying to sabotage the shooting? When Zoë’s life becomes actually endangered, Sarah and Jack are asked to have a look not only on her, but also on the set. But the traitor has already set up his final plan…

Episode 17 in the cosy crime series comes with a completely new environment: the film set located outside the village which this time does not play a role at all. Also the protagonists Sarah and Jack have to step back behind the rising stars. Thus, the overall story about those two does not continue which is a bit a pity, since it is often more interesting to see than the actual plot. This time, the solution comes not completely out of nowhere but it cannot be foreseen and at least for me, the motivation behind is not totally convincing. Therefore, one of the weaker episodes of the series.



Samstag, 29. Oktober 2016

Margaret Atwood - Hag-Seed

review, Hogarth, Shakespeare

After many years as Artistic Director of the Makeshiweg Theatre Festival, Felix is finally about to have one of Shakespeare’s most famous and magical plays performed: The Tempest. This will be a show like no other before – but fate has another plan for him; or rather Tony, his assistant, who has to deliver the information of Felix being fired by the board, a treachery well played by the second in row. Felix withdraws to some far away place where he not only mourns the loss of his job, but also the loss of his beloved daughter Miranda to whom he still talks as if she were alive. One day, the chance of getting back to work arises: The Fletcher Correctional Centre has set up some correction scheme involving theatre and Felix is to become the new teacher. He makes the prisoners experience Shakespeare in a completely new way and the outcome is stunning. In his fourth year, he selects The Tempest to see it finally on stage – and with the magical play comes his chance of revenge.

Hag-Seed is a novel of the Hogarth series in which authors re-write Shakespeare’s plays and transfer them to our days. Margaret Atwood has chosen quite a clever way of doing so, she integrates Shakespeare’s play into her novel, but that is - of course - not all this wonderful author manages to do: we have the play in the play, and we have characters who themselves incorporate the roles of the play in their fictional lives. Felix is undoubtedly Prospero using all his power to steer the people around him and to manipulate reality. His daughter Miranda, albeit dead, parallels Shakespeare’s Miranda in a very clever way. Sal and Tony, Felix’ enemies in the theatre world, can easily be identified as Antonio and Alonso. And the prisoners act as spirits and goddesses performing for Prospero-Felix. Apart from the characters, there are so many parallels between the drama and the novel, it would go far beyond the scope of this review to name them all.

Finding the parallels and detecting how Margaret Atwood transformed the drama into a modern novel, is great fun, but even more so is reading the dialogues. It is rare to have so much pleasure and entertainment when reading a rather serious plot; Felix’ interaction with the guards is hilarious, his work with the prisoner-students and their questions against the background of their criminal records and experiences in a world far away from elitist theatres, are fascinating. I wonder if the approach Felix’ chooses might not actually be the perfect way to bring Shakespeare’s ghost closer to today’s youth and thus become a model for teachers.


We know how much is hidden in Shakespeare’s plays and I have the impression that there is so much more in Atwood’s novel which I did not see at the first reading. This is definitely a novel worth giving a second read to dig deeper into what she has created. Coming back to the idea of the Hogarth series, I liked Anne Tyler’s version of The Taming of the Shrew a lot, but Hag-Seed is simply a masterpiece. 

Camilla Grebe - The Ice Beneath Her

review, novel, crime

A shocking crime scene: a woman has been found beheaded in the apartment of Jesper Orre, Sweden’s most popular and scandal-ridden CEO of a clothing company. The prime suspect has disappeared and what astonishes the police, too, is a weapon found on the site, a weapon which has been used before in a similar case. Four weeks before, Emma Bohman, a saleswoman of one of the clothing company’s shops, is in seventh heaven. Jesper has finally proposed to her. For months they have been dating, secretly since the journalists are always after Jesper, but now, her dream seems to come true. But one evening, Jesper does not show up for dinner, and he does not answer the phone, and strange things start to happen in her apartment. As Emma’s life slowly gets out of control, the police investigate the murder: has Emma become the victim of a serial killer? A man the whole country only knows too well?

Camilla Grebe’s latest thriller can grip the reader from the first page. The description of the crime scene is just horrible, it is obvious that the offender must have been full of hatred and rage, but also creative in a way since the arrangement of the corpse is quite remarkable. Most of the tension, however, arises from the structure of the novel. On the one hand, we follow the investigation in the present, on the other, we get Emma’s last weeks and her narration of how she met Jesper and how their relationship developed. It is obvious from the start that the famous businessman has something in mind and that there are aspects in his behaviour which make you shudder.


You quickly get an idea of what could have happened and who victim and suspect are – but then, Camilla Grebe walks in and has a completely different story to tell. When you reach this point of the novel, you sit there staring at the pages in disbelieve since all your ideas just vanish into thin air and most explanations you have made up before are simply wrong. I really enjoy novels which can surprise me, which play with me as a reader, put me on a completely wrong track and then offer another story which is absolute believable and in tune with the characters and their actions. Thus, “The Ice Beneath Her” a perfect read for fans of Scandinavian crime fiction who like strong characters and psychological thrillers.

Montag, 24. Oktober 2016

Ottessa Moshfegh - Eileen

novel, review, Man booker prize

Eileen looks back at the life she once had, the life in X-Ville, where she grew up with her father, a former policeman and alcohol addict, her older sister who was everything she was not and her mother who died much too early. Due to the mother’s illness, Eileen had to give up college and return home to care for her, she found a job in a juvenile detention centre which she hated. There is no such thing as a private life for Eileen, stalking one of the prison guards, some shoplifting from time to time, drinking a bit too much with her father. This is definitely not the life Eileen had imagined, but how can she flee from it? She spends her days daydreaming of different possibilities of escape. When Rebecca Saint John arrives at the prison, Eileen is intrigued by the women’s demeanour. She immediately admires her and even kind of falls in love with her – not foreboding what is behind the nice looks and outer appearance of this woman.

Ottessa Moshfegh’s novel combines psychological aspects with a crime story in a very unexpected way. For the largest part, we follow Eileen and her rather pitiful life. How the parents treat her, especially her father who seems to take her rather as a servant and not as his daughter, her sister with whom she does not relate at all. And her concept of herself: she perceives herself as invisible, ugly even, nobody could ever be interested in her, nobody seems to take notice of her presence. Her thoughts about escape, escape from the village, escape from life, her fantasies about killing her father who is responsible for her deplorable situation arise from her borderline state of mind. Thus, it is not surprising how she reacts when she finds herself suddenly in a critical and threatening situation with a gun in her hand.


From a psychological point of view, the nomination for the 2016 Man Booker Prize shortlist can easily be understood. The novel offers deep insight in the character’s mind and opens a completely new world to the reader. The atmosphere created, the lonely far away village, deep in snow, also wonderfully blends with the inner state of the protagonist. Nevertheless, I would have preferred some more action a bit earlier. The sudden crime situation came a bit too late to my taste. 

Sonntag, 23. Oktober 2016

Nele Neuhaus - Im Wald

Roman, Krimi, Rezension

Im Wald beim beschaulichen Taunusdorf Ruppertshain kommt es Mitten in der Nacht zu einer Explosion und einem Großbrand. Offenbar kam dabei ein Mann ums Leben, der in einem Campingwagen eingeschlossen war. Die einzige Zeugin ist leider nicht sehr brauchbar, voller Restalkohol ist sie sich nicht sicher, ob sie noch jemanden am Tatort gesehen hat. Ein zweiter Mord, die Mutter des ersten Opfers, erschüttert tags drauf das Dorf erneut – wer kann Interesse daran gehabt haben, eine sterbenskranke Frau, der nur noch wenige Tage blieben, vorzeitig ins Jenseits zu befördern? Die Angst geht um in Ruppertshain, denn schnell zeigt sich, dass viel mehr dahintersteckt und weite Teile der Bevölkerung sich nicht ohne Grund zurückziehen. Pia Sander und Oliver von Bodenstein machen sich an die Arbeit, aber Bodenstein merkt schnell, dass er viel tiefer in die Taten verwickelt ist, als er zunächst glauben konnte und dass die Menschen, die er seit seiner Kindheit kennt, möglicherweise nicht die sind, für die er sie gehalten hat.

Band acht der Serie um das Ermittlerduo im Taunus. Ich hatte bereits mehrere der Vorgänger gelesen und war somit mit den Protagonisten und ihren Vorgeschichten vertraut, was den Einstieg eigentlich erleichtern sollte. Hier jedoch war ich recht schnell verloren. Auch wenn dem Buch ein Personenregister vorangestellt wurde, habe ich einige Zeit gebraucht, halbwegs das sehr zahlreiche Personal auseinanderzuhalten. Zudem war mir oftmals nicht klar, wer ist in Olivers Alter, wer nur wenige Jahre älter, aber noch dieselbe Generation, wer gehört zu der Elterngeneration, bisweilen haben diese sich scheinbar auch überschnitten. Ob die Verwirrung durch die Masse an Figuren beabsichtigt war oder durch das Durcheinander unterschiedlichster Fälle entstanden ist, lässt sich für mich auch nach Ende des Buchs kaum sagen. Über weite Strecken fand ich es jedoch eher frustrierend als hilfreich.

Der Fall ist – vom Ende her betrachtet – nicht ganz überzeugend für mich. Ich kann zwar nachvollziehen, dass ein Dorf gewisse Geheimnisse unter den Teppich kehrt, aber dass ein einiger Mensch alle im Griff haben soll und mit ihren Taten erpressen konnte, ist mir jetzt doch ein wenig zu weit hergeholt. Auch dass traumatisierte Kinder einfach den Mund halten und keiner je etwas erzählt, sondern alle ganz unauffällig und normal ihr Leben leben – das erscheint mir unglaubwürdig.


Zwar werden am Ende die Fäden gelöst und alles ist aufgeklärt, aber richtig zufrieden war ich mit dem Krimi nicht. Ich empfand ihn zudem gerade am Anfang als sehr schleppend, zig Nebenhandlungen haben immer wieder zu Verzögerung geführt, was jedoch in diesem Fall nicht zu mehr Spannung, sondern zu Ablenkung und Langeweile geführt hat. Das Highlight waren somit fast nur noch die örtlichen Beschreibungen, da ich mich in der Gegend auskenne. Das ist zu wenig für einen Krimi.

Samstag, 22. Oktober 2016

Matthew Costello - Cherringham 15: The Last Puzzle

Rezension, Review, Krimi, novel

Quentin Andrews is dead. As a surprise to many not only in Cherringham, he was quite wealthy and has left a large fortune. Sarah’s father is astonished, obviously he hardly knew anything about his chess mate who pretended to work as an inventor of crossword puzzles. When the deceased’s will is read, the very last puzzle is opened: whoever of the four potential heirs – his brother, his ex-lover, his carer and an old friend – can solve it, will get all the money. Since Quentin Andrews was already 89 years old and suffered from heart weakness, the attack does not raise suspicion first, but when Sarah and Jack dig a bit deeper into Quentin’s life and the four heirs, the death becomes more and more suspicious.

The 15th episode of the cosy crime series can come up with a good story and a surprisingly exciting plot. I have read the previous episodes but after some time, they became more and more repetitive and could not really entertain me anymore. Yet, I had some waiting time today and picked another one which could fulfil what I expect from such a quick cosy crime novel: some twists and turns in the plot, yet a straightforward solution which does not leave any questions unanswered and some typical English-village-ingredients. All in all, I could cover the waiting time in quite a pleasurable way.


Meg Haston - Alles so leicht

Roman, Jugendbuch, Rezension

Stevie weiß nicht, wo sie sich befindet. In einem Auto, mit einer unbekannten Frau. Doch wo bringt diese sie hin? Und was ist geschehen? Egal, nur noch wenige Wochen, dann ist der große Tag und ihr Ziel ist erreicht. Doch so einfach wird es nicht werden zu verschwinden, schon gar nicht, wenn man sich tothungern möchte. Denn die Unbekannte liefert sie gerade in eine Fachklinik für essgestörte Mädchen ein. Die Regeln sind streng und die anderen alle doof. Stevie wird ihrer Psychologin zeigen, wie stark sie ist und dass bei ihr die Therapie nicht anschlagen wird, denn das ist sie ihrem Bruder schuldig, dem Bruder, der nicht mehr da ist. Wegen ihr. Genau wie ihre Mutter.

Meg Haston hat mit „Alles so leicht“ ein durchaus relevantes Thema aufgegriffen und ihm ein Gesicht gegeben. Essstörungen sind nach wie vor insbesondere bei jungen Mädchen ein wichtiges und auch erschreckendes Thema. Wie sie schön anhand Stevie und der anderen Mädchen aufzeigt, können die Ursachen vielfältig sein und doch zu derselben Krankheit führen. Insbesondere das verquere Weltbild ist eine große Hürde, um Heilung oder zumindest Besserung zu verlangen. Dies sieht man in dem Roman, wenn der Vergleich nie zu den Gesunden erfolgt, sondern immer nur zu den noch dünneren Mädchen, wenn die Diagnose Bulimie eine Katastrophe darstellt, denn noch die Anorektischen gelten als willensstark und diszipliniert, was man gerne sein möchte. Der Kampf um jede Kalorie, der Kampf mit sich, seinem Körper und den Menschen, die einem eigentlich helfen wollen – all das gelingt der Autorin glaubwürdig darzustellen.

Die größte Stärke des Romans ist für mich die Figurenzeichnung. Nach und nach wird die Vergangenheit Stevies aufgerollt und unterschiedliche Aspekte als Auslöser und Verstärker der Anorexie/Bulimie hervorgebracht. Die Arbeit der Psychologen kann ich schwer einschätzen, möglicherweise sind die Arbeitsweisen in diesen Fachkliniken auch anders als außerhalb, bisweilen erschien mir der Kontakt zu nach, zu persönlich und zu wenig professionell. Auch die Tatsache, dass nur wenige Tage im Prinzip ausreichen, um zu einem Therapieerfolg zu führen, bei einer Jugendlichen, die seit über einem Jahr darunter leidet, erscheint mir nicht ganz überzeugend und realistisch.


Alles in allem jedoch ein lesenswertes Jugendbuch, das die Thematik Essstörungen gut umsetzt und zum Nachdenken anregen kann.

Freitag, 21. Oktober 2016

Wystke Versteeg - Boy

Roman, Rezension

Boy ist tot, ihr Sohn, für den sie so lange gekämpft haben. Nachdem es mit der Schwangerschaft nicht geklappt hat, haben sie eine Adoption gewagt. In einer Villa wird er groß, bekommt alles, was er sich wünscht, aber er kommt nie wirklich in Deutschland an. Und dann ist er verschwunden – tot. Für die Eltern bricht eine Welt zusammen, doch die Mutter kann die einfache Erklärung Suizid nicht glauben. Sie begibt sich auf Spurensuche und lernt einen ganz anderen Jungen kennen als den, den sie für ihren Sohn hielt.

Das Buch ist kein Krimi, auch wenn sie spannende Frage im Raum steht, was vor dem Unglückstag passiert ist, wenn erst nach und nach das andere Leben Boys offenbart wird. Es ist vor allen Dingen das Dokument einer Frau, die große Schwierigkeiten hat, mit Gefühlen umzugehen, diese erst einmal zuzulassen, Nähe zu leben und Vertrauen zu anderen Menschen zu haben – und das, wo sie als Psychiaterin arbeitet. Interessant fand ich insbesondere die Diskrepanz zwischen den geschilderten fehlenden Emotionen, sowohl gegenüber dem Ehemann wie auch dem Kind, die Schwierigkeit eine klassisch-liebende Mutter zu sein, die sich für alles interessiert, was im Leben des Kindes passiert, und dann dem Schmerz, den sie empfindet, als Boy nicht mehr da ist. Auch die zweite Frau, vermeintlich verantwortlich für den Tod, wird mit vielen schwierigen Emotionslagen präsentiert, die ihr das Leben in Gemeinschaft und den Umgang mit anderen Menschen schwermachen. Erst in der Ferne und Einsamkeit können sie das zulassen, was sie in der Heimat nicht erleben konnten.


2013 wurde Wytske Versteeg in ihrer niederländischen Heimat mit dem BNG Nieuwe Literatuurprijs für diesen Roman ausgezeichnet, eine Anerkennung vielversprechender Jungautoren. Im Zuge der Frankfurter Buchmesse 2016, bei der die Niederlande und Flandern Ehrengast sind, wurde auch dieser Roman in Deutschland bekannt. Kein leichtes Werk, das einem bisweilen an die Substanz geht, aber dadurch enorm ausdrucksstark.

Dienstag, 18. Oktober 2016

Nathan Hill - Geister

Roman, Rezension

Ein Griff nach Kieselsteinen, ein Wurf, ein Skandal. Eine scheinbar unbescholtene Frau attackiert einen Präsidentschaftsbewerber und die Medien reiben sich die Hände: ein Skandal, den man ausschlachten kann. An dem Literaturprofessor Samuel geht das völlig vorbei. Frustriert von seinem Dasein verbringt er die meiste Zeit mit Online-Spielen. Dass ihm eine Studentin ernsthaft droht und seine bescheidene Karriere zerstören will, passt da nur ins Bild. Erst als er realisiert, dass die Steinewerferin seine Mutter ist und diese offenbar 1968 eine entscheidende Rolle in den Chicagoer Studentenprotesten gespielt hat, wird Samuel in die Realität zurückkatapultiert. Wer ist diese Frau, die ihn geboren, aber schon in jungen Jahren verlassen hat und welche Geister der Vergangenheit hat sie mit ihrer Attacke heraufbeschworen?

Nathan Hills Erstlingswerk ist mächtig. Die rund 850 Seiten lassen einem erst einmal zucken, doch dann fliegen die Seiten nur so dahin. Sowohl Samuels Geschichte in der Gegenwart, sein wenig zufriedenstellendes Dasein, sein Ärger mit den Studenten - leider kommt gegen Ende die Geschichte um Laura viel zu kurz, ein wirklich unterhaltsamer Charakter, der mir mehr als einmal ein Grinsen ins Gesicht zaubern konnte - und seine Spielsucht sind authentisch geschildert und sicherlich weit weniger individuell als man zunächst glauben mag. Seine Kindheitsschilderungen, geprägt durch die Brille des Kindes, das nicht alles versteht, nur Teile sieht und die Zusammenhänge erst spät nachvollziehen kann, konnten überzeugen. Am stärksten jedoch ganz sicher ist der Handlungsstrang um Faye und die Studenten 1968. Wie aus dem braven und strebsamen Mädchen eine vermeintliche Prostituierte und Rebellin werden konnte, wird glaubwürdig nachvollziehbar beschrieben. Als weiterer Aspekt wird die Vergangenheit von Samuels Großvater und seine undurchsichtige Flucht aus Norwegen eingeflochten, auch hier spannende Wendungen und Geheimnisse, die nach und nach gelüftet werden.

Ein insgesamt vielseitiges Buch, dass parallel mehrere Handlungen gekonnt miteinander verwebt, ohne den roten Faden zu verlieren. Sich auf dieser Länge nicht zu verheddern, ist eine Kunst, die Nathan Hill wirklich beherrscht. Auch die verschiedenen Motive der Figuren greifen am Ende glaubwürdig ineinander, es bleiben keine Fragen offen, so dass man eine runde Geschichte hat, die sich über mehrere Generationen zieht. Auch schafft es Hill sein Tempo an die Handlung anzupassen, die Aufstände werden mit kurzen Kapiteln und schnell wechselnden Perspektiven geschildert, die Rückblicke in die Kindheit verlaufen langsamer und intensiver. Handlung und Ton finden so stimmig zueinander.

Ein toller, vielseitiger Roman, der von der ersten bis zur letzten Seite überzeugt.

Herzlichen Dank an den Piper Verlag für das Rezensionsexemplar. Mehr Informationen zum Buch finden sich auf der Seite desVerlags.

Anne Tyler - Die störrische Braut

Roman, Rezension, Shakespeare

Im Haushalt der Battistas läuft vieles anders als in anderen Häusern. Dr. Battista hat wenig Sinn für überflüssige Dinge wie Essen, die Spülmaschine wird aus und wieder eingeräumt, warum den Umweg über den Küchenschrank nehmen? Die Töchter muss er alleine erziehen, wobei das eher in der Hand der Natur liegt, lieber verkriecht er sich in sein Labor. Entsprechend fristet Kate mit 29 ein jungfernhaftes Leben mit einem Job im Kindergarten, den sie hasst, der aber nach Abbruch des Studiums die einzige Alternative war. Bunny ist mit ihren 15 Jahren das genaue Gegenteil. Das eingespielte Trio lebt nach festen Routinen bis diese einen herben Schlag erhalten: Dr. Battistas Assistent droht ausgewiesen und somit die letzten Jahre Forschung zunichte gemacht zu werden. Da wäre es dich passend, wenn Pjotr einfach Kate heiraten könnte. Völlig überraschend für den Vater ist die zukünftige Braut ist wenig angetan von der Idee, den schrägen Polen zu ehelichen.

Anne Tylers Roman ist eine Hommage an William Shakespeares " Der Widerspenstigen Zähmung" und im Ehrenjahr des großen Dichters erschienen. Der Autorin gelingt es den leichten Ton der Komödie auch in ihrem Buch aufzugreifen. Mit viel Situationskomik und schrulligen Charakteren ist das Lesen ein wahres Vergnügen. Der durchaus etwas stereotypisch geratene Forscher, dem der Alltag zuwider ist, die störrische junge Frau, die mit ihrer direkten Art aneckt, aber durch ihre intelligenten Anmerkungen viel Spaß macht, das etwas dumpfe junge Mädchen und zuletzt der sprachlich eingeschränkte Einwanderer - in der Tat ein Kuriosenkabinett. Das alles in einem Plot ohne große Schnörkel, aber mit kleinen Verwicklungen, die für reichlich Turbulenzen sorgen und so ein herrlich unterhaltsames Lustspiel ergeben.


Was ist von den Remakes von Shakespeares Stücken zu halten? Der große Dichter hat ja nun selbst seine Plots übernommen, Generationen und Jahrhunderte überdauernde Motive gewählt, die gerade deshalb auch heute noch populär sind. Ein bekanntes Sujet zu transformieren und zu adaptieren ist keine leichte Sache, wenn es originell und überzeugend werden soll. Anne Tyler ist das gelungen. Sie kann unterhalten, das Setting passt in die heutige Zeit, ist in sich stimmig und transportiert meines Erachtens den Geist Shakespeares auf wunderbare Weise: das Volk kam ins Theater, um unterhalten zu werden. Anne Tyler bietet ein Buch an und der Leser wird unterhalten.

Herzlichen Dank an das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar. Mehr Informationen zum Titel finden sich auf der Seiteder Verlagsgruppe RandomHouse.

Lucy Foley - The Invitation

Review, Rezension, Novel, Roman

Early 1950s, Hal Jacobs has fled England to find his future as a writer in Rome. When a friend cannot make it to a party of a highly-regarded Contessa, Hal takes the invitation and goes there instead. At the door, he is rejected, but the host finds him interesting and ask him to enter. The same evening, he meets a woman whom he will never forget, but she is gone as suddenly as she appeared. Only two years later, when Hal has accepted a job with the Contessa, he will meet her again. To promote a film project, the actors as well as other staff will sail the French-Italian coast and stop over from time to time. Hal is asked to accompany them and to write about the trip. When he meets Stella, he is struck, but the presence of her husband makes it difficult for him to approach her. Yet, their former meeting is not the only secret on board.

Lucy Foley sends us back into the post-war era of Italy. The gap between the rich and the poor is visible everywhere, as are the scars from the war-time. Everybody has made their traumatising experiences and wants to bury them. However, some things are not as easy to forget as others. It is this specific ghost that the author awakes in the characters and manages to portray in a convincing way. The atmosphere of this time and place can well be felt throughout the novel. The setting is one of the strongest points for me. The characters are also interestingly drawn, especially Stella with her slowly unfolding past can lead through the novel. But also the male characters, especially when Stella's husband realises Hal's interest in his wife become more and more interesting.


All in all, a journey back into the past which profits from the author's capacity of creating a stunning setting for an unusual love story.

Rabih Alameddine - The Angel of History

review, novel

Satan has to have a word with Death, somethings wrong with Jacob and for quite some time they got along quite well. But now, Jacob, a poet by devotion, is looking for help in a psychiatric clinic. It is not the first time Jacob is there, but this time, things seem to be serious. While waiting for the doctor, he thinks back to the time when he was a child, first fleeing Yemen with his mother, then finding shelter in a whorehouse in Egypt. Years later his father puts him into a church school in Lebanon. But also newer memories arise, his lovers whom died one after the other, his cat who picked Jacob and his roommate albeit they never wanted to care for a pet. Like this, the evening advances slowly.

Admittedly, I had serious problems finding into the novel. The most problematic was that I could not perceive the different parts as belonging to the same book. The discussion between Satan and Death is quite absurd and funny, here Alameddine can really entertain the reader. Much more interesting but also depressing are Jacob's memories of his childhood, especially his time in Cairo which, due to the conditions, could have left deep scars and negative feelings but are remembered as a time of being loved and feeling secure. This all is at times interrupted by the poet's work of art which somehow does not relate at all to the rest and then the actual situation in the waiting room with his roommate sending texts to find out what is wrong. 

Rabih Alameddine has a poetic style of writing and to my perception, whenever we move with the plot to the Middle East, no matter which country, his is strongest in his expression and narration. Nevertheless, there was no real development in the character, action I did not expect from the description, but such as it is, I could not really make sense out of the story.


Robert Schneider - Premières Dames

Sachbuch, Rezension,

Das wichtigste Amt im Staat: Monsieur le Président. Und an seiner Seite eine Frau ohne offizielle Funktion aber immer im Blick der Öffentlichkeit. Acht erste Damen gab es seit Gründung der V. Republik, die verschiedener kaum hätten sein können. Robert Schneider porträtiert sie und ihr schwieriges Verhältnis zum Amt des Mannes.

  • Yvonne de Gaulle - die nach den turbulenten Kriegsjahren gerne die ruhige und traute Zweisamkeit mit ihrem Mann gelebt hätte, der sich jedoch seiner Aufgabe für das Land stellen will. Bescheiden bleibt sie im Hintergrund und vermeidet überhaupt wahrgenommen zu werden.
  • Claude Pompidou - ein ganz anderes Kaliber, stellt sie die französische Version der Jacky Kennedy dar und zeigt, was die moderne Französin ausmacht. Unbeirrbar und durchsetzungsstark bleibt sie auch Jahrzehnte nach dem Tod des Mannes eine resolute Frau, die ihre Ziele beharrlich weiterverfolgt.
  • Anne-Aymone Giscard d'Estaing - geborene Prinzessin hat sie das Amt immer gehasst und die Medien dazu, die an ihr kaum ein gutes Haar ließen. Schon Jahre vor Ende der Amtszeit bekannte sie, auf keine Wiederwahl ihres Mannes zu hoffen.
  • Danielle Mitterrand - kann eine Frau mehr Stil beweisen als bei der Beerdigung des Gatten dessen Geliebte und uneheliche Tochter am Sarg dabei zu haben? Überzeugte Sozialistin muss sie schnell erkennen, dass sie machtlos ist und nur durch Provokation etwas erreichen kann.
  • Bernadette Chirac – lange Jahre im politischen Betreib haben sie auf ihre Aufgabe vorbereitet. Eine Ehe gegen den Wunsch der Familie, hat sie doch früh das Potenzial des Gatten erkannt.
  • Cécilia Sarkozy - unabhängig und eigenwillig wäre sie beinahe nie Première Dame geworden und ist es auch nur fünf Monate geblieben. Wer verlässt schon einen Präsidenten? Nur eine sehr eigene Frau.
  • Carla Bruni - Glamour zieht in den Elysée Palast ein. Einer der reichsten italienischen Familien entstammend, gebührende Bildung und eine Karriere als Sängerin und Model, dass diese Frau dem Mann die Show stiehlt, ist klar. Und doch ordnet sie sich anstandslos unter.
  • Valérie Trierweiler - Première Petite Amie, da nie mit François Hollande verheiratet. Sie hat als moderne Frau mit Beruf und Karriere die größten Schwierigkeiten und den vermutlich ebenfalls größten Skandal bei der Trennung. Hoffnungsvoller Höhenflug zu Beginn und kläglicher Absturz.


Interessante Einblicke, geheime Details, ein Leben zwischen privatem Glück/Unglück und der Öffentlichkeit, was sich nur schwer vereinbaren lässt. Unterhaltsam geschrieben und gleichsam informativ, werden die Porträts zu einer interessanten Lektüre. Querverbindungen und Vergleiche schaffen Verbindungen und erlauben einen tiefen Einblick in die Maschinerie der französischen Politik. Bleibt die Frage, wer in weniger Monaten als nächste Première Dame den Palast betritt oder ob es ein Wiedersehen mit einer Bekannten gibt.


Dienstag, 11. Oktober 2016

Jennifer Niven - Holding up the Universe

               
Roman, novel, review, Rezension
                          

Libby hat ihren großen Tag vor sich: zum ersten Mal seit Jahren wird sie wieder zur Schule gehen. Nach dem Tod ihrer Mutter hat sie sich zurückgezogen und nicht nur den Kummer in sich hineingefressen. So lange, bis sie sich nicht mehr bewegen konnte. Doch nach einem Klinikaufenthalt ist vieles anders, sie ist nicht mehr America's fattest Teenager, aber immer noch kräftig. Wie werden die Mitschüler auf sie reagieren? Auch Jack zittert vor dem ersten Tag, aber sein Problem verfolgt ihn sogar zu Hause: seit einem Sturz kann er keine Gesichter mehr erkennen und selbst seine Eltern und Brüder sind ihm täglich aufs Neue fremd. Der Zufall führt Libby und Jack zusammen, doch die erste Begegnung ist alles andere als glücklich und lässt nicht erahnen, dass beide langsam lernen und schätzen werden, was sie aneinander haben.

Jennifer Nivens Roman ist eine recht typische Young Adult Geschichte, im Wechsel aus den Perspektiven von Libby und Jack erzählt. Jacks Erkrankung an Prosopagnosie ist dabei recht ungewöhnlich, ansonsten folgt der Roman bekannten Schemata der jugendlichen Liebesromane: sich treffen, gut finden, Zuneigung nicht zugeben können, trennen, doch zueinander finden. Dazu noch das Mantra, dass Aussehen und Gewicht keine Rolle spielen, sondern nur die inneren Werte zählen. Ich hätte mir ein paar mehr Ideen jenseits ausgetretender Wege gewünscht. Man merkt, dass der Roman für den amerikanischen Massenmarkt geschrieben wurde und die political correctness durch und durch erfüllt. Positiv lässt sich bemerken, dass sich der Roman recht flott liest, die Dialoge haben durchaus auch Unterhaltungswert. Daher eine sehr leichte Unterhaltung, die dem passenden Publikum sicher gut gefallen wird.

Samstag, 8. Oktober 2016

Feridun Zaimoglu - Isabel

Roman, Rezension, Deutscher Buchpreis 2014

Isabel hat genug. Es muss Ende sein und deshalb packt sie ihre Sachen und verlässt ihren Freund. Sie streift umher in Berlin, begegnet Menschen, vorrangig am unteren Ende der Nahrungskette. Verdient Geld mit zwielichtigen Aufträgen, kommt weder vorwärts noch zurück. Ihre Eltern wollen den Weg in die Bürgerlichkeit für sie ebnen, aber die präsentierten Heiratskandidaten können nicht überzeugen. Doch dann kommt Markus. Zurück aus dem Kosovo, aus dem Krieg, der ihn auch immer wieder in Berlin einholt. Auch er sucht nach einem anderen Leben, denn das alte ist es nicht wert, weitergelebt zu werden.


Ich habe nie wirklich Zugang zu Feridun Zaimoglus Roman bekommen. Zu fremd blieben mir die Figuren, vor allem Isabels launenhaftes Hin und Her, das nicht wirklich erkennen ließ, dass sie irgendeinen Plan hat, hat mich eher genervt als Verständnis für sie zu wecken. Auch die entstehende Liebe zwischen ihr und dem Soldaten – der auch meist nicht mit seinem Namen, sondern seiner ehemaligen Funktion genannt wird, was ich sehr verstörend fand – hat sich mir nicht erschlossen. Sind sie eine Zweckgemeinschaft, ein sich gegenseitig bemitleidend und haltendes Notbündnis? Natürlich gehören in dieses Setting die Menschen, mit denen man nicht unbedingt täglich Umgang haben möchte, sprechen diese eine Sprache, die man abstoßend und vulgär finden kann – das hat der Autor auch glaubwürdig und authentisch eingefangen, aber was bleibt über die Atmosphäre hinaus? Für mich gibt es keine wirkliche Erkenntnis nach dem Lesen, denn auch Sozialkritik kann ich nicht entdecken. 2014 war das Buch für den deutschen Buchpreis nominiert. Nimmt man einen ähnlichen Kandidaten aus 2016, Philipp Winklers „Hool“, der ebenfalls in einem schwer zugänglichen Milieu angesiedelt ist, so kann dieser jedoch mit viel differenzierterer Betrachtung und klarer Message punkten. Was auch immer Zaimoglu sagen wollte, mir hat er nichts sagen können.

Richard Flanagan - Die unbekannte Terroristin

Rezension, Roman, Terror

Gina Davis, genannt Puppe, hat Träume, mit dem Geld, das sie sich als Tänzerin in einer Nachtbar verdient, will sie irgendwann ein neues Leben anfangen. Bald schon wird sie genug zusammen haben, um eine eigene Wohnung anzuzahlen. Als Puppe nach den Mardi Gras Feiern mit einem Mann eine Nacht verbringt, ahnt sie schon, dass dies vielleicht ihrem Leben eine neue Wendung gibt, immerhin haben sie Nummern ausgetauscht. Und tatsächlich wird ihr Leben nicht mehr so sein wie zuvor: der Unbekannte war ein vermeintlicher Terrorist und sie die letzte, die mit ihm gesehen wurde. Auf pixeligen Bildern einer Überwachungskamera ist zu sehen, was die Polizei und die Medien sehen wollen: ein Terroristenpaar, das Australien in Angst und Schrecken versetzen will. Die Terrorfahndung läuft und Puppe versucht davonzulaufen.

Richard Flanagan bringt die vermutlich schlimmsten Ängste der „einfachen“ Bevölkerung auf den Punkt: einerseits der Terrorist, der wie ein guter Bürger unbekannt und unbehelligt neben einem wohnt und seine perfiden Pläne schmieden kann; andererseits das Opfer einer unheimlichen Verschwörung zu werden und keinen Ausweg mehr zu finden. Das Setting seines Romans bietet genau dies: auf der Polizei, Geheimdiensten und Politikern lastet ein enormer Druck, dem Volk Schuldige zu präsentieren, zu zeigen, dass man die Lage im Griff hat und schnellstmöglich Verbrecher ausschalten kann. Dass dieser Druck bisweilen zu voreiligen oder gar falschen Ergebnissen führt, ist offenkundig. Auf der anderen Seite steht die Protagonistin, die ihre Lage lange Zeit gar nicht erfassen kann und dann wie ein verschüchtertes Tier getrieben wird von den Medien und den Ordnungsorganen bis sie sich selbst zu einer reinen Verzweiflungstat genötigt sieht. Innerhalb weniger Tage wird aus einer Zeugin eine schwarze Witwe, die meistgesuchte Täterin Australiens, eine Frau, deren Leben in die Öffentlichkeit gezerrt wird. Wie sich aus einer einzigen Information ein ganzes, verzerrtes Bild entwickeln kann und wie sich diese Dynamik nicht mehr aufhalten lässt, zeigt Flanagan auf beeindruckende Art und Weise.

Der Roman kann vor allem überzeugen durch die gelungene Kombination einer spannenden, fast krimihaften Story, die mit recht hohem Tempo voranschreitet und von einer glaubwürdigen, facettenreichen Protagonistin getragen wird. Zum anderen von Flanagans kritischen Darstellung des Lebens in einer verängstigten Gesellschaft. Die Menschen sind bereit zu glauben, was die Medien ihnen vorsetzen. Die Medien stehen unter dem permanenten Druck neue und vor allem sensationelle Nachrichten zu produzieren, um ihre Stelle am Markt zu behaupten. Die Politiker müssen liefern, Stärke zeigen und können lange Ermittlungen nicht dulden. Ein Teufelskreis indem alle sich gegenseitig antreiben und dabei völlig den Blick für die Realität verlieren, nicht mehr hinterfragen und bereit sind, die absurdesten Szenarien für möglich zu halten. Wer hier zwischen die Räder der Maschinerie gerät, kann nicht mehr heile rauskommen.

„Die unbekannte Terroristin“ – ein literarischer Beitrag zu aktuellen Entwicklungen, der uns vor Augen führt, dass wir gelegentlich innehalten und fragen sollten, ob wirklich alles so ist, wie es scheint und wer gerade bestimmt, was wir sehen und glauben sollen.

Herzlichen Dank an den Piper Verlag für das Rezensionsexemplar. Mehr Informationen zum Titel finden sich auf der Seite des Verlags.

Donnerstag, 6. Oktober 2016

Zelda Fitzgerald - Himbeeren mit Sahne im Ritz

Rezension, Kurzgeschichten

Die Roaring Twenties in den USA gleichermaßen wie in Frankreich. Zelda Fitzgerald hat das bewegende und bewegte Jahrzehnt in ihren Kurzgeschichten festgehalten. Jedoch gibt es eine Besonderheit: die Autorin schreibt über Frauen. Junge Frauen, denen die Männer nichts zutrauen und die sich über sie erheben, Frauen, die ihren Weg gehen und ihrem eigenen Kopf folgen, statt die Erwartungen der Gesellschaft zu erfüllen. Sie gehen tanzen, schauspielern, verwirklichen sich beruflich, träumen von Männern und geben alles für sie auf. Auf den großen Bühnen der Welt ebenso zu Hause wie in der amerikanischen Provinz. Frauen, die bereit sind, alles zu geben, für ein Leben nach ihrem Maß. Elf Mal legen sie Zeugnis ab, was Frauen schon vor 100 Jahren für ein selbstbestimmtes Dasein gewagt haben.

Zelda Fitzgerald – oft nur als Frau des bekannten F. Scott Fitzgerald wahrgenommen – zeigt, dass das Autorenpaar auf Augenhöhe die Kunst des Schreibens beherrschte. So komplex F. Scott seine Charaktere wie den unvergessenen Great Gatsby zeichnete, so vielfältig und unterschiedlich gelingt es auch Zelda in den Kurzgeschichten das Spektrum an selbstbewussten Frauen darzubieten. Sie sind mutig, anpackend, selbstbewusst, unbeirrbar, zielstrebig und zugleich begehrenswert, attraktiv, talentiert und werden bewundert. Flapper Girls, die sich auch in Paris finden ließen, die den Männern in nichts nachstanden und das Leben in vollen Zügen zu genießen wussten.

Die Geschichten sind allesamt ein Spiegelbild der 20er Jahre und lassen den Weg verfolgen, den auch Zelda und ihr Ehemann gingen. Die Handlungsorte sind im Wesentlichen in den USA und Frankreich zu finden, wo das Paar zu Hause war.  Vieles, was wir über die Frauen in den Geschichten lesen, stammt wohl auch aus Zeldas unmittelbarem Umfeld bzw. direkt aus ihrem eigenen Leben. So hat sie, ebenso wie ihr Gatte, ihre eigenen Erfahrungen als Vorlage für das literarische Werk genutzt und kann als Dokument der 1920er Jahre gelesen werden. Sprachlich bisweilen raffiniert formuliert, mal starke Gegensätze aufbietend, mal verdächtiges Understatement, das durch die Handlung mehr als widerlegt wird. Es macht nicht nur Spaß, den Frauen zuzusehen, sondern auch zu lesen, wie Zelda Fitzgerald sie verbal in Szene setzt.


Unbedingt erwähnt werden muss das wunderschöne Cover des Buches. Im Allgemeinen für mich eine unbedeutende Nebensache, hat Manesse es hier aber geschafft, ein hochattraktives Titelbild zu schaffen, das unheimlich gut die Zeit einfängt und Freude beim Betrachten macht. Das Nachwort von Felicitas von Lovenberg sollte ebenfalls nicht vergessen werden, bringt sie die Geschichten nochmals auf einen Nenner und ordnet sie prägnant und informativ in ihren Kontext ein. 


Herzlichen Dank an das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar. Mehr Informationen zum Titel finden sich auf der Seite der Verlagsgruppe RandomHouse.

Dienstag, 4. Oktober 2016

Bregje Hofstede - Der Himmel über Paris

Roman, Rezension, Paris

Schon als er sie zum ersten Mal bei einem Freund Paul sieht, ist es um Olivier geschehen. Diese Ähnlichkeit, nicht zu fassen. Kann Sofie, genannt Fie, die Tochter von Mathilde, seiner Freundin aus jungen Jahren, sein? Als Paul ihn bittet, die junge Studentin, die gerade ein Auslandssemester in Paris verbringt, zu unterstützen, kann er dies schlecht verweigern. Was als Hilfe im Studium der Kunstgeschichte beginnt, entwickelt sich nach und nach zu einer schwer definierbaren Beziehung, die aber immer für beide den Hauch des nicht Erlaubten hat, schließlich ist er ihr Professor, deutlich älter und sie eine junge attraktive Studentin. Als Fie in Not ist, sucht sie Hilfe bei ihm, doch was sie damit auslöst, ist nicht abzusehen.

Ein Roman, der so wundervoll beginnt und dann doch leider in vorhersehbare Banalität abdriftet. Die ersten Begegnungen von Fie und Olivier sind geprägt von großer Unsicherheit, die die Autorin wirklich gelungen in Worte zu fassen schafft. Oliviers plötzlich hochkommende Erinnerungen an die Zeit mit Mathilde, die Schuldgefühle wegen des Kindes, das sie nie bekommen haben, die Zuneigung und Liebe, die er plötzlich wieder spüren kann wie damals. Gleichzeitig Fies Einsamkeit in der Fremde, die Leere und Unsicherheit, die Unmöglichkeit, mit diesen Menschen, die alle gerade die beste Zeit ihres Lebens zu haben scheinen, in Verbindung zu treten. Man kann sich als Leser vor dem Emotionsstrudel der beiden Protagonisten kaum retten. Man spürt, dass sich die Lage verändern, zuspitzen wird. Doch dann verläuft sich der Roman leider in wenig überraschenden Bahnen, die so abgedroschen sind, dass man sie gar nicht wiederholen mag. Leider kann die Autorin keine Überraschungen bieten, sondern bewegt sich auf ausgetreten Pfaden und der Zauber, der zuvor herrscht, löst sich in Luft auf.


Fazit: über weite Strecken lesenswert, berührend, die leicht melancholische Stimmung hervorrufend, die man nur in Paris erleben kann und die dann leider in einem raschen, einfallslosen Ende mündet.

Rafael Chirbes - Paris-Austerlitz

Roman, Rezension

Eine Flucht vor der Familie, dem konservativen Leben in Madrid. Ein junger Maler ist auf der Suche nach der Realisierung seiner Träume. Ziel ist die Stadt der Liebe, Paris, wo er zunächst ohne Arbeit und ohne Wohnung bei dem älteren Michel unterkommt. Die beiden Männer verlieben sich und teilen Wohnung, Bett, Leben. Doch es bleibt immer eine Lücke, nie sind sie völlig vereint. Die Klassenunterschiede, das Alter, aber auch Michels Erwartungen an eine bedingungslose, aufopferungsvolle Liebe halten sie davon ab, völlig ineinander aufzugehen. Ein feiner Riss, der größer wird, je mehr sich der junge Maler emanzipiert und auf eigenen Beinen steht. Doch die endgültige Trennung kann nicht durch getrennte Wohnungen geschehen, nicht durch neue Partner, nicht durch Verleugnung. Erst der Tod kann sie endgültig entzweien.

Ein Roman wie ein Abschiedsbrief. Ein Brief, geschrieben aus voller Emotion und innerer Erregtheit heraus. Dies zeigt sich vor allem in der Struktur; nicht zielgerichtet chronologisch lässt Chirbes seinen Erzähler berichten, sondern sprunghaft, in konzentrischen Kreisen, die Michel im Mittelpunkt haben, sich mal näher um ihn drehen, mal weiter entfernt sind. Der regelrechte stream of consciousness lässt die aufgewühlte Stimmung, in der der Erzähler sich befindet, besonders stark hervortreten. Zunächst die unmittelbaren, zeitnahen Erinnerungen an den Geliebten, dann der Rückblick auf das Kennenlernen und wieder eine Annäherung an die Gegenwart. Teils die Beziehung analysierend, teils fast egoistisch emotionsgeladen wird auf die gemeinsame Zeit geblickt. Man kann sich kaum vorstellen, dass dies bloße Imagination des Autors sein soll, zu wirklich und real erscheinen die Gedanken.

Neben der Frage danach, wie weit Liebe gehen darf oder muss, reißt Rafael Chirbes noch eine Reihe andere Themen an. Die Lossagung von den Eltern, deren Erwartungen und die nie zu lösende Verpflichtung, die man als Kind ihnen gegenüber empfindet. Gleichzeitig auch Homosexualität und die Frage, wie diese aufgenommen wird. Verhindert der Erzähler das Treffen zwischen Michel und seiner Mutter, weil er denkt, dass er die Erwartungen und Hoffnungen nicht erfüllt und die Enttäuschung nicht noch verstärken möchte, indem er den Partner real werden lässt? Oder schämt er sich wegen der Klassenzugehörigkeit, weil Michel nicht seinem Stand entspricht? Darf Liebe durch so etwas in Frage gestellt werden oder gar scheitern? Michels Erkrankung wird nicht namentlich genannt, es gibt gewisse Hinweise, die auf AIDS hindeuten, auch die Sorge, sich infiziert zu haben, treibt den Erzähler um. Durchaus ein Thema, was insbesondere unter Homosexuellen präsent ist.


Rafael Chirbes greift auch auf bekannte Sujets zurück. Die Großstadt, insbesondere Paris als Ziel der Träume, aufgeladen mit hohen Erwartungen an das berufliche und private Glück. Die Gare d’Austerlitz als Ankunftspunkt der Züge aus dem Süden Frankreichs, die erste Begegnung mit der Hauptstadt. Das Wandern durch die Bars, die kurzen, flüchtigen Begegnungen dort ebenso wie die Stammgäste, die sich allabendlich treffen. Auch das ist Chirbes‘ Roman und das Pariser Leben, das gegenüber den Neuankömmlingen schonungslos sein kann und seine Bewohner bisweilen hartherzig und grausam behandelt. In dieser Weise zeichnet auch der Roman kein liebestrunkenes Bild in rosarot, sondern ein buntes Kaleidoskop der menschlichen Emotionen.

Ein herzlicher Dank geht an den Verlag Kunst für das Rezensionsexemplar. Mehr Informationen zum Titel finden sich auf der Verlagsseite.

Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2016: Flandern & die Niederlande

Ehrengast Flandern & Niederlande

Ehrengast der diesjährigen Frankfurter Buchmesse sind Flandern & die Niederlande. Unsere westlichen Nachbarn sind literarisch oft nicht so präsent wie andere Länder, aber sie sollten keineswegs unterschätzt werden.

Im Schnitt werden bei uns jährlich aus diesem Sprachraum 85 Bücher in Übersetzung veröffentlicht, in den vergangenen Monate waren es über 370, darunter rund 230 literarische Werke. Das Interesse an flämisch/niederländischer Literatur ist groß und das völlig zurecht. Beim Stöbern in meinen Büchern bin ich ebenfalls auf einige aktuelle Schätze gestoßen, die ich anlässlich der FB2016 hier vorstellen und empfehlen möchte:

Peter Terrin – Monte Carlo
erschienen: 01.09.2016 im Berlin Verlag
Ein Ausflug in das Jahr 1968 und den legendären Formel 1 Parcours von Monte Carlo. Klingt nach Motoröl und wenig Tiefgang, entwickelt sich aber ungemein eindrucksvoll.

Ernest van der Kwast – Fünf Viertelstunden bis zum Meer
erschienen: 08.08.2016 bei btb
Italienische Sehnsucht in der Nachkriegszeit, eine Liebe, die Jahrzehnte braucht, um sich zu realisieren.

Ernest van der Kwast – Die Eismacher
erschienen: 09.05.2016 bei btb
Einmal mehr stehen Italiener im Focus des Autors. Dieses Mal die legendären Eishersteller, die ihre Winter in Italien verbringen, um dann im Sommer ihre Kunst nach Nordeuropa zu bringen.

P.B. Gronda – Straus Park
erschienen: 27.06.2016 im Luchterhand Literaturverlag
Den schweren Umgang mit dem Erbe und der zurecht gelegten Vergangenheit beleuchtet P.B. Gronda in seinem sehr empfehlenswerten Roman, der sich völlig ungeahnt entwickelt.

Britta Bolt – Das Büro der einsamen Toten
erschienen: 11.03.2015 bei Hoffmann und Campe
Ein literarischer Krimi mit einem ungewöhnlichen Protagonisten. Pieter Posthumus wickelt den Nachlass der Amsterdamer einsamen Toten, diejenigen, die keine Angehörigen mehr haben, ab und stößt dabei bisweilen auf Ungereimtheiten.

Bert Wagendorp – Ventoux
erschienen: 27.06.2016 bei btb
Wagendorp entführt uns in die 80er Jahre und mit einer Gruppe Jugendlicher an den legendären Mont Ventoux, den zu bezwingen schon immer Traum zahlreicher Radfahrer war.

Lodewijk van Oord – Das letzte Nashorn
erschienen: 21.03.2016 bei Knaus
Ein kleiner Privatzoo in Amsterdam, eine kühne Idee und wilde Tiere. Leichtfüßig und doch tiefgründig.

Lot Vekemans – Ein Brautkleid aus Warschau
erschienen: 01.02.2016 im Wallstein Verlag
Eine Flucht, ein neues Leben und das alte kann doch nicht abgelegt werden. Unerfüllte Hoffnungen, nie realisierte Träume und keine Zukunft.

Gustaaf Peek – Göttin und Held
erschienen: 22.08.2016 bei DVA Belletristik
Eine Liebe über Jahrzehnte, die immer wieder gelebt wird und ausgesetzt wird. Erzählt auf ungewöhnliche Weise, die vom Leser einige Aufmerksamkeit erfordert, ihn dafür aber belohnt.


Montag, 3. Oktober 2016

Sarah Combs - The Light Fantastic

novel, review

Delaware, April 19th. It’s her birthday, April’s birthday. April Hope Donovan, that special girl with a special memory. She suffers from hyperthymesia, a condition of not being able to forget. And this is how she links especially negative events with her life. She was born on the day of the Oklahoma City bombing, four years later, the Columbine High School massacre, four days before her 18th birthday, the Boston marathon is bombed. Her whole life seems to turn around those hideous events. She can remember all the details of her life, but what she does not know yet is that the next catastrophe is already knocking on the door. All over the country, desperate teenagers have secretly gathered around the so called Mastermind to seek revenge. And one of them is close to April.


The story actually does not only revolve around April, but she is the most interesting of all characters and especially at the beginning of the novel, when she explains her brain disposition, it is great fun to follow her thoughts. Adding the other characters spread across the USA first lead to a bit of confusion, it takes some time until you realize how they are connected and what they have in mind actually. All individual stories do have some interesting and even gripping aspects, but since they rotate at a high space you do not really get into them. This makes the whole novel stay on the surface, even though the content and message would have deserved to be looked at more closely. This is the reason why I am a bit disappointed. I liked the tone of the novel, especially April’s narrative, but the author could have made more of the idea.
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