Unterhaltsame Lektüre, die so manchen Mythos aufdeckt und mit unerwarteten Erkenntnissen lockt. Obwohl es sich um ein Sachbuch handelt, ist der Ton keineswegs trocken, sondern unterhaltsam plaudernd, was das Lesen neben all der Information auch noch angenehm gestaltet. Das besondere Schmankerl kommt im Nachwort: der Hinweis, dass man sein neu erworbenes Wissen nicht während des nächsten Fernsehkrimis zum Besten geben sollte, wenn man den lieben Familienfrieden wahren möchte. Für Krimiliebhaber ein echter Gewinn.
Freitag, 30. August 2013
Matthias Matting - Schöner sterben. Kleine Mordkunde für Krimifans
Schussverletzung, stumpfe Gewalt, Elektrizität, erfrieren oder vergiften - die Möglichkeiten, das Zeitliche zu segnen, sind unzählig und werden von Krimi- und Drehbuchschreibern auch in vielfältiger Weise verarbeitet. Doch kann man dem, was man sieht oder liest immer trauen oder schieben uns die Autoren eine ganze Portion Humbug unter? Matthias Matting geht dieser Frage nach und erläutert in unterhaltsamem Plauterton die Grundlagen des ordentlichen Dahinscheidens, egal ob mit oder ohne fremde Hilfe. Es beginnt schon mit der Frage, wann man wirklich tot ist und was der Pathologe auf seinem Seziertisch so tut und tatsächlich an der Leiche ablesen kann. Die einzelnen Todesarten werden ausführlich dargestellt, ohne langwierig oder gar langweilig zu werden. Immer wieder erfolgt auch der Bezug auf typische Film- und Krimiszenen, die in die Welt der Fiktion gehören.
Mittwoch, 28. August 2013
Dinah Marte Golch – Wo die Angst ist
Kurz vor Weihnachten wird Noyan Akay abends überfallen und
fast zu Tode geprügelt. Wäre ihm ein Passant nicht zu Hilfe geeilt, wäre er
schon am Tatort verstorben, so liegt er auf der Intensivstation mit schlechter
Prognose. War es eine Zufallstat oder hatte jemand etwas gegen den Abiturienten,
der sich massiv gegen Rassismus stark machte? Sigi Kamm muss die Ermittlungen
leiten und bekommt ausgerechnet die Psychologin Alicia Behrens an die Seite,
mit der er sich schon in einem früheren Fall vor Gericht bis aufs Blut
zerstritten hat. Der Fall kommt nur schleppend voran, doch als der Zeuge überfallen
wird, scheinbar, um ihn ruhig zu stellen und seine Aussage zu verhindern, nimmt
der Fall nach und nach eine unerwartete Wendung. Da wo die Angst ist, liegt der
Schlüssel zur Lösung.
Dinah Marte Golch hat einen überzeugenden Auftakt für das
Ermittlungsteam Behrens-Kamm vorgelegt. Viele unerwartete Wendungen,
erstaunliche Verstrickungen, die jedoch alle glaubwürdig gelöst werden und bis
zum Showdown für den Leser Spannung bieten. Dramaturgisch und von der Plot Gestaltung
gelungen, die Figuren facettenreich und mit Ecken und Kanten, lässt das Debut
auf interessante Folgebände hoffen.
****/5
Sonntag, 25. August 2013
Anna Grue - Die guten Frauen von Christianssund
Die dänische Provinz, das Städtchen Christiannsund idyllisch
gelegen am Fjord, ist der Schauplatz von Dan Sommerdahls erstem Fall.
Eigentlich ist er ja Werbetexter, doch eine Depression fesselt ihn seit Wochen an
heimische Bett. Ein Mord in seiner Agentur weckt jedoch seine Lebensgeister,
denn die Putzfrau Lilliana hatte einen solchen Tod sicher nicht verdient und
die Vorstellung, dass einer seiner Kollegen daran Schuld haben könnte, weckt
die Neugier. Mit Finesse und Gespür für die kleinen Lügen kann er dem
befreundeten Kommissar Flemming Torp weiterhelfen, nicht ahnen, in welches
Wespennetz er da gestochen hat und dass dies auch für seine Familie zu Bedrohung
wird.
Anna Grue ist es gelungen einen unaufgeregten, aber überzeugenden
Provinzkrimi zu schreiben, der den Charme der Kleinstadt und ihrer Bewohner
transportiert und menschlichen Makel und Schwächen der Charaktere liebevoll in
die Handlung einbettet. Es ist nicht die große Spannung, kein brutaler Mord
oder psychischer Druck, der den Leser überzeugt, sondern das Normale und
Alltägliche, das mit einer Leichtigkeit transportiert wird, die nie langweilig ist,
sondern prägnant einfängt, was sich überall abspielen könnte. Weder Superhelden
noch sonstige außergewöhnliche Figuren treten auf, sondern der durchschnittliche
Nachbar, Freund und Kollege. Die Zwischentöne verleihen ihnen Profil und machen
gerade Dan Sommerdahl und Flemming Torp zu echten Sympathieträgern.
Ähnlich wie auch Hakan Nesser ist Anne Grue eine ausgezeichnete
Geschichtenerzählerin, die ein wenig skandinavische Idylle mit der grausamen
Realität in einen glaubwürdigen, unterhaltsamen Krimi vereint. Ich bin schon
auf die Fortsetzung gespannt.
*****/5
Sonntag, 18. August 2013
Karen Sander - Schwesterlein, komm stirb mit mir
Eine schauderhafte Mordserie an Transsexuellen stellt die
Mordkommission Düsseldorf vor viele Fragen. Sie bittet die Psychologin Liz Montario
zu Hilfe, die schön früher Muster bei Serienmördern erkennen konnte. Dass sie selbst
derzeit Opfer einer Bedrohung wird, verschweigt sie. Ebenso ihren familiären
Hintergrund, der Auslöser für ihre psychologische Spezialisierung. Eine zweite
grausame Mordserie beginnt und Liz muss schon sehr bald erkennen, dass sie das
Zentrum eines perfiden Katz-und-Maus-Spiels ist und nicht nur ihr eigenes,
sondern auch das Leben ihrer Freunde und Kollegen in größter Gefahr ist.
Der Thriller lässt es an Spannung nicht mangeln. Verschiedene
Ereignisse und Handlungsstränge werden von Karen Sander sauber und logisch in
grausamer Weise zusammengeführt. Auch erspart sie dem Leser abscheuliche
Tatortbeschreibungen nicht, obwohl letztlich psychologische Faktoren und nicht
reine Mordlust hinter den Motiven des Mörders stecken. Die Charaktere sind vielschichtig
gezeichnet, insbesondere Liz, mit Stärken und Schwächen, auch die Darstellung
der Polizei verzichtet auf übernatürliche Superhelden, sondern lässt sie auch
mal Fehler begehen ohne gleich dümmlich und unfähig zu wirken. Kleine
Seitenhiebe und Nebenschauplätze haben durchaus ihren Reiz.
Gute Unterhaltung, intelligent konstruiert und fesselnd
geschrieben.
*****/5
Gillian Flynn – Gone Girl
Eine Frau verschwindet spurlos. Der Tatort wirft jedoch mehr
Fragen auf als er beantwortet. Der Ehemann ist schnell als Hauptverdächtiger im
Visier von Polizei und presse, Nicks Verhalten ist seltsam und auch das
Tagebuch von Amy legt den Verdacht nahe, dass sie sich schon lange bedroht
gefühlt hat. Und das, wo sie doch alles für ihren Mann aufgegeben hat. Die
Schlinge zieht sich für ihn immer mehr zu, hat er seine Schwester und Schwiegereltern
belogen und Amy heimtückisch ermordet? Doch die Geschichte kann auch von einer
anderen Seite erzählt werden und die Frage, wer das Opfer ist erscheint in ganz
anderem Licht.
Für mich einer der erzähltechnisch besten Krimis aller
Zeiten. Eine unglaubliche Geschichte wird hier überzeugend und fesselnd
erzählt, mit überwältigenden Wendungen, die einem als Leser immer wieder alles
neu ordnen lassen. Wo normalerweise die Sympathien für Figuren klar zuzuordnen
sind, wird hier bewusst mit den Emotionen gespielt und der Leser immer wieder
aus der Bahn geworfen.
Intelligent, fesselnd und zu Recht mit all den Lobeshymnen
versehen.
*****/5
Kate Mosse – Die Achte Karte (Hörbuch)
Ende des 19. Jahrhunderts in Paris. Der junge Anatole
genießt das Leben und die Liebe, doch tritt er damit Victor Constant auf die
Füße, der Rache schwört. Mit seiner Schwester Léonie flüchtet er ins Languedoc
zu einer verwitweten Tante. Dort gerät Léonie in den Bann des von ihrem Onkel
ausgelösten Tarot-Dämons. Hundert Jahre später ist die Amerikanerin Meredith
auf der Suche nach Spuren ihrer Vorfahren und auch sie wird durch die
Tarotkarten in ein Spiel um Leben und Tod gezogen.
Kate Mosse verbindet auch hier – ähnlich wie in „Das
verlorene Labyrinth“ – eine gegenwärtige Handlung mit einer sagenumwobenen
historischen Geschichte, wieder in Südfrankreich. Da fängt für mich auch schon
das Problem an: es ist alles irgendwie bekannt und der Reiz war etwas weg.
Hinzukommt, dass die Geschichte um Léonie deutliche Längen hat und Meredith
jetzt auch nicht gerade Sympathieträgerin war, so dass spätestens ab Stunde 7
das Hörbuch mehr zur Qual als zu Genuss wurde. Besonders nervig auch die Sprecherin,
immer wieder kommen französische Einwürfe in einer dermaßen grottigen
Aussprache, dass es einem als Hörer physische Schmerzen bereitet. Leider
insgesamt eher enttäuschend.
**/5 Sterne
Dienstag, 13. August 2013
Rezension zu Christian Försch – Der Tote am Lido
Journalist Kaspar Lunau ist samt neuer Lebensgefährtin und
Kindern an der Adria im Urlaub. Was als entspannende Erholung geplant war, wird
durch den Fund einer Leiche direkt am Badestrand jäh unterbrochen. War es
zunächst die Sorge, wie sehr den Kindern der Anblick des Toten schadet, wird
die Lage schon bald lebensbedrohlich, als Joy, die Freundin des ermordeten
Meseret Kontakt zu Lunau aufnimmt und so eine Reihe von zwielichtigen Gestalten
sich aufgeschreckt fühlen. Auch die Polizei ist wenig begeistert von Lunaus
Engagement in der Sache und als die Tochter seiner Lebensgefährtin entführt
wird, ist der Fall nicht mehr nur das Problem illegaler Einwanderer, sondern
Lunaus ganz persönlicher Horrortrip.
Die Geschichte beginnt stark und legt verschiedene Konflikte
an, verliert sich dann aber leider in Nebenschauplätzen und der rote Faden, der
den Leser leiten sollte, verknotet sich hie und da, so dass man den Eindruck hat
nicht mehr ganz zu wissen, worum es eigentlich geht. Einige kleine sprachliche
Schnitzer und Unstimmigkeiten kann man übersehen, schwieriger war für mich als
Leserin, dass viele Zusammenhänge und Konflikte der Figuren gänzlich unklar
blieben, da mir nicht klar war, den zweiten Band einer Reihe gelesen zu haben,
der sich ohne den ersten schlichtweg nicht erklärt. Überhaupt stellten die
Figuren für mich den größten Schwachpunkt dar: ein überzogener Protagonist, der
alle Eigenschaften bekannter Superhelden in sich vereint und locker flockig auch
mit der Mafia fertig wird, gleichzeitig aber mit massiven gesundheitlichen
Vorschädigungen ausgestattet wird und darunter leidet, dass die bösen Frauen in
seinem Leben nicht erkennen, was er doch für ein toller Hecht ist, bekommt von mir
leider keine Sympathiepunkte. Ebenso die Kinder, die in ihrer vorgeblich kindlich-naiven
Art die Intelligenz und Beherrschtheit an den Tag legen, die kaum Erwachsene in
Extremsituationen im Ansatz haben.
Ein Fazit ist nicht ganz einfach. Die Geschichte wollte vielleicht
einfach zu viel und wird dadurch nur wenig gerecht. Das Potenzial für einen
klassisch-guten Mafiakrimi ist in der Handlung durchaus gegeben, die Umsetzung hat
mich jedoch nicht ganz überzeugen können.
2,5/5
Sonntag, 11. August 2013
Edith Wharton – Dämmerschlaf
New York, 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Pauline Manford
hat als Mutter zweier erwachsener Kinder und angesehener Dame besserer
Gesellschaft alle Hände voll zu tun. Minutengenau ist ihr Tag getaktet und
zwischen all den gesellschaftlichen Verpflichtungen, kosmetischen Notwendigkeiten
und spirituellen Heilsmethoden bleibt ihr kaum Zeit, sich mit ihrer Familie
auseinanderzusetzen. Ihr Mann ist derweil durch seine Arbeit vollkommen
eingebunden und sehrt sich nach nichts mehr als nach Ruhe und Abgeschiedenheit
vom städtischen Trubel. Sohn James erklimmt gerade die Karriereleiter und ist
frischgebackener Vater; sein Leben wäre perfekt, würde sich seine Frau Lita
nicht grässlich langweilen obschon sie ihre Tage lediglich mit Müßiggang und die
Nächte mit Tanzveranstaltungen füllt. Tochter Nona indes spürt ein allgemeines
Unbehagen mit der Gesamtsituation und Unzufriedenheit mit ihrer persönlichen
Lage, die zwischen freiheitsliebender Unabhängigkeit und Sehnsucht nach Liebe
schwankt. Die zwischenmenschlichen Beziehungen sind schwierig, geradezu
förmlich bisweilen und geprägt von dem, was die Gesellschaft von den einzelnen
erwartet. Als Lita droht auszubrechen und James zu verlassen, ist seitens der
Familie Manford Handeln gefragt, um den schönen Schein zu wahren.
Edith Wharton zeichnet ein detailliertes Bild der Gesellschaft
ihrer Zeit. Es ist bisweilen amüsant, bisweilen erschreckend, wie die Figuren
es nicht schaffen, den Konventionen zu entspringen oder ehrliche Gefühle zu
entwickeln und zu äußern. Alle sind auf ihre Weise gefangen in einem Käfig, aus
dem sie nicht ausbrechen können oder wollen. Ein Buch, das auf die ganz große
Handlung verzichtet und dafür die Nähe im Alltag sucht und findet. Auch wenn
die Figuren und ihr Lebensstil einer längst vergangenen Zeit angehören, werden
sie doch geplagt von Ängsten und Sorgen, die heute noch genauso aktuell sind
wie vor hundert Jahren: was ist wichtig im Leben, welchen Weg soll man
einschlagen, wem kann man vertrauen und wann kann endlich man selbst sein und
dafür auch geliebt werden?
Andrea Ott hat den Originaltext in überzeugender Sprache
dargeboten und bisweilen sehr schöne Formulierungen gefunden, die die Zeit wunderbar
wiederspiegeln. Zahlreiche Annotationen ebenen die Brücke zwischen Edith
Whartons satirischem Blick auf ihre egozentrischen Mitmenschen und der
Gegenwart.
*****/5
Montag, 5. August 2013
Rezension zu Sarah Moss – „Schlaflos“
Es könnte so schön werden als Anna samt Mann Giles und den
beiden Söhnen Raph und Moth auf eine Insel zieht. Ihr Buch möchte sie fertig
schreiben um den nächsten Karriereschritt nach dem Stipendium in Oxford zu
machen, was könnte da hilfreicher sein als die schottische Abgeschiedenheit? Doch
dort warten auf sie ein nicht zu bewältigender Haushalt, die beiden Kinder
entwickeln ihre eigenen Neurosen, Giles meldet sich nur, wenn das Essen nicht
rechtzeitig auf dem Tisch steht und zu allem Überfluss soll jetzt auch noch das
Gästehaus vermietet werden und Anna als Putzfrau und Chauffeur agieren. War das
das Leben, das sie sich gewünscht hatte? Als Mann dann Knochen eines verscharrten
Babys in ihrem Garten findet, wird dies zur Zerreißprobe für die Ehe.
In unterhaltsamem, selbstironischem Ton erzählt Sarah Moss
Annas Geschichte zwischen Kindern und Karriere. Die Verzweiflung aus der
ständigen Überforderung und mangelnden Unterstützung seitens des Gatten wird
auf jeder Seite deutlich und rufen mehr als Mitgefühl hervor. Der Spagat
zwischen Kind und Karriere ist für Anna nicht zu schaffen. Nicht nur dass sie an
eigenen Ansprüchen scheitert, sie sieht auch, wie ihr Leben und all das, was
sie für lebenswert erachtet einfach weg ist und sie nicht mehr an ihren
intellektuellen Fähigkeiten, sondern am Grad der Sauberkeit des Hauses und
ihren kulinarischen Experimenten gemessen wird. Der Mann, dem sie einst auf
Augenhöhe begegnete, ebenso wie die Inselbewohner, die sie permanent der Kindesmisshandlung
bezichtigen, erwarten eine Rolle von ihr, die sie weder ausfüllen kann noch
will. Mit kleinen Details, wie die konsequente Verweigerung sie mit ihrem Namen
anzureden statt sie zur „Frau von“ zu machen, treibt Moss die Lage immer weiter
auf die Spitze.
Ein sehr gelungener Roman, der sicherlich je nach Perspektive,
aus der man ihn liest, verschieden beurteilt werden kann. Meiner persönlichen
Erfahrung nach werden aber sehr realitätsnah typische Probleme junger Akademikerfamilien
geschildert. Die Degradierung der Frau zum Heimchen, das dem Mann stets zu
Diensten sein soll, während er sich entfaltet und ihre Träume von Karriere nach
und nach beerdigt werden einerseits. Andererseits das Verlangen nach dem Leben,
das man nicht führen kann – lange Abende mit Freunden, aber auch Banalitäten
wie ausschlafen und Körperhygiene werden zu Sehnsuchtsorten. Unterhaltsam zu
lesen, bisweilen fast erschreckend aber ganz sicher mit genügend Gesprächs- und
Diskussionspotenzial.
*****/5
Freitag, 2. August 2013
Rezension zu Rainer Göcht „Schattenleben“
Prof. Sommer hat alles, was man sich wünschen kann: eine
liebende Familie, einen guten Job als Professor. Doch ein Unfall, den er nicht selbst
verschuldet und wegen zu viel Alkohol auch nicht erinnern kann, nimmt ihm nicht
nur Frau und Kinder, sondern seine ganze Existenz. In den Mühlen der Justiz
wird er zermahlen und verurteilt für eine Tat, die er nicht begangen hat und für
die er schon längst von den Medien und Freunden abgestraft wurde. Den fast
aussichtslosen Kampf gegen die Windmühlen tritt er dennoch an. Mit Hilfe ehemaliger
Studenten, einer ordentlichen Portion IT Know-How gelingt es ihm, sich an den Oberen
zu rächen und gleich noch viel mehr Schmutz aufzudecken. Der Preis dafür ist
jedoch seine Existenz.
Das Thema ist interessant gewählt und der erste Teil, der
Unfall und Niedergang des Professors beschreibt auch absolut überzeugend. Seine
Rachfeldzug fällt mir meinen persönlichen Geschmack etwas zu überzogen aus und
ist auch nur begrenzt glaubwürdig. Die Thematik bietet viel Denk- und Diskussionsstoff
und natürlich schwebt über allem die Frage, ob man selbst Opfer der Justiz
werden könnte und wie man im Falle des totalen Existenzverlustes reagieren
würde. Aktuelle Fälle legen nahe, dass dies nicht nur Fiktion ist.
Wehrmutstropfen bei dem reizvollen Inhalt ist die Tatsache,
dass das Buch leider einige typografische Fehler enthält, die beim Lesen
störend sind. Auch sprachlich ist es noch nicht so ausgefeilt und pointiert,
wie es das Sujet verdient hätte.
3,5/5
Donnerstag, 1. August 2013
Rezension zu Gerd Schilddorfer – „Heiß“
Berlin: Mord an einem Wachmann einer Industrieanlage. Kairo:
Anschlag auf eine Museumsleiterin. Hindukusch: grausamer Überfall mit
Todesfolge. Diese fast alltäglichen Schreckensmeldungen setzen die üblichen
Maschinerien in Gang. Ein deutscher Kommissar, der jedoch ganz schnell von zwielichtigen
Kreisen kontaktiert wird, um ihm das Ende der Ermittlungen nahezulegen. Ein
afghanischer Polizeichef, dessen Familie die Aufklärungsarbeiten mit dem Leben bezahlt.
In Kairo wird die Situation für Freunde ebenfalls eng. Was haben die drei Fälle
gemeinsam? Jemand möchte unter allen Umständen verhindern, dass sie aufgeklärt
werden. Die Mittel hierzu scheinen unbegrenzt und die Anzahl der Opfer nicht
weiter relevant. Bald schon wird den Beteiligten klar, dass Profis am Werk sind
und es offenbar um eine ganz große Sache geht.
Gerd Schilddorfer hat einen rasanten und anspruchsvollen
Krimi geschrieben, der unterschiedliche Schauplätze auf drei Kontinenten mit
historischen Ereignissen verbindet. Was dem Leser lange Zeit als parallel
verlaufende aber unabhängige Handlungsstränge erscheint, verwebt sich nach und
nach und wird zu einem komplexen und erschreckenden Komplott, in dem es um Geld
und Ehre, alte Rechnungen und noch ältere Mysterien geht.
Der Krimi bietet alles, was man sich als Leser wünschen
kann: eine komplexe Geschichte, die zum Rätseln einlädt und sich mal in
rasantem Tempo und klassischer Verfolgungsjagd, mal in historisch fundierter
Hintergrundhandlung fortbewegt. Charaktere, die mit ihren Überzeugungen handeln
und liebevoll mit kauzigen Zügen ausgestattet wurden. Dazu noch Material für
Verschwörungstheoretiker und zwischenmenschliche Beziehungen, die mal auf der
Strecke bleiben und mal an den gemeinsamen Erlebnissen wachsen.
Beste Unterhaltung für Krimileser, die Aufmerksamkeit
fordert und dafür einige Stunden fesselt.
*****/5
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