Es könnte so schön werden als Anna samt Mann Giles und den
beiden Söhnen Raph und Moth auf eine Insel zieht. Ihr Buch möchte sie fertig
schreiben um den nächsten Karriereschritt nach dem Stipendium in Oxford zu
machen, was könnte da hilfreicher sein als die schottische Abgeschiedenheit? Doch
dort warten auf sie ein nicht zu bewältigender Haushalt, die beiden Kinder
entwickeln ihre eigenen Neurosen, Giles meldet sich nur, wenn das Essen nicht
rechtzeitig auf dem Tisch steht und zu allem Überfluss soll jetzt auch noch das
Gästehaus vermietet werden und Anna als Putzfrau und Chauffeur agieren. War das
das Leben, das sie sich gewünscht hatte? Als Mann dann Knochen eines verscharrten
Babys in ihrem Garten findet, wird dies zur Zerreißprobe für die Ehe.
In unterhaltsamem, selbstironischem Ton erzählt Sarah Moss
Annas Geschichte zwischen Kindern und Karriere. Die Verzweiflung aus der
ständigen Überforderung und mangelnden Unterstützung seitens des Gatten wird
auf jeder Seite deutlich und rufen mehr als Mitgefühl hervor. Der Spagat
zwischen Kind und Karriere ist für Anna nicht zu schaffen. Nicht nur dass sie an
eigenen Ansprüchen scheitert, sie sieht auch, wie ihr Leben und all das, was
sie für lebenswert erachtet einfach weg ist und sie nicht mehr an ihren
intellektuellen Fähigkeiten, sondern am Grad der Sauberkeit des Hauses und
ihren kulinarischen Experimenten gemessen wird. Der Mann, dem sie einst auf
Augenhöhe begegnete, ebenso wie die Inselbewohner, die sie permanent der Kindesmisshandlung
bezichtigen, erwarten eine Rolle von ihr, die sie weder ausfüllen kann noch
will. Mit kleinen Details, wie die konsequente Verweigerung sie mit ihrem Namen
anzureden statt sie zur „Frau von“ zu machen, treibt Moss die Lage immer weiter
auf die Spitze.
Ein sehr gelungener Roman, der sicherlich je nach Perspektive,
aus der man ihn liest, verschieden beurteilt werden kann. Meiner persönlichen
Erfahrung nach werden aber sehr realitätsnah typische Probleme junger Akademikerfamilien
geschildert. Die Degradierung der Frau zum Heimchen, das dem Mann stets zu
Diensten sein soll, während er sich entfaltet und ihre Träume von Karriere nach
und nach beerdigt werden einerseits. Andererseits das Verlangen nach dem Leben,
das man nicht führen kann – lange Abende mit Freunden, aber auch Banalitäten
wie ausschlafen und Körperhygiene werden zu Sehnsuchtsorten. Unterhaltsam zu
lesen, bisweilen fast erschreckend aber ganz sicher mit genügend Gesprächs- und
Diskussionspotenzial.
*****/5