Sonntag, 25. November 2012

Anna Kaleri - Der Himmel ist ein Fluss

Masuren, Ende der 30er Jahre. Die junge Minna lebt mit ihren Eltern und Trudchen in einer kleinen Stadt. Sie ist eine Außenseiterin, bleibt für sich, kümmert sich um Haus, Hof und das jüngere Mädchen. Durch Zufall trifft sie auf den Vogelforscher Gwidon, zudem sie bald eine tiefe Zuneigung empfindet. Ihm beichtet sie, dass Trudchen ihre Tochter ist - entstanden durch eine Vergewaltigung. Gwidon ist es auch, für den sie eine Stellung in der Stadt annimmt und bei einem Apotheker den Haushalt führt. Eine fast unbeschwerte Zeit bricht an, auch wenn ihr Geliebter verheiratet ist. Doch das Regime wirft weite Schatten und für Polen wie Gwidon wird die Lage kritischer. Als Minna kurz vor Gwidons Flucht mit ihm entdeckt wird, erfährt sie die ganze Härte derNationalsozialisten. Orientierungslos findet sie sich in einem Gefängnis wieder, verständnislos lässt sie den Prozess über sich ergehen, jedoch hat sie immer noch die Hoffnung Gwidon wiederzusehen. Fünf Jahre lautet ihr Urteil - dass sie schwanger ist, wird misstrauisch bis neidisch mit den Mitgefangenen betrachtet. Dass das Kind seinen Vater niemals sehen wird, hat sie noch lange nicht verstanden. Es scheint, als sei das Schicksal ihr wohlgesonnen, als sie schließlich in die Freiheit entlassen wird und nahe der Heimat ein neues Leben beginnen kann. Noch schafft sie es nicht, ihrer Familie und den Kinder wieder gegenüber zu treten. Sie ahnt jedoch nicht, dass es kein Wiedersehen mehr geben wird.

Ein trauriges Buch der dunkelsten deutschen Geschichte. Dass Cover verleitet einem dazu, eine Liebesgeschichte zu erwarten, doch es steckt viel mehr dahinter. Feine Unterscheidungen zwischen den Völkern, die zwischen Leben und Sterben entscheiden konnten. Zeichen der Aus- und Abgrenzung, Gewalt und Toleranz von Gewalt, Opfer, die nicht nur keine Hilfe erhalten, sondern noch Schande tragen müssen.

Ein persönliches Buch, dass die Geschichte der Großmutter der Autorin erzählt und durch eine leise, mehr andeutende als offen darstellende Sprache besticht. Der Ton ist hervorragend gelungen und unterstreicht wunderbar den Charakter der Protagonistin, zurückhaltend, aber doch gefühlvoll und nur auf ein wenig Liebe im Leben hoffend.

*****/5
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