Sonntag, 31. Juli 2016

Antoine Laurain - The President's Hat

Since he has to spend the evening alone, Daniel Mercier decides to have dinner in a brasserie and to enjoy himself there. He can hardly believe his eyes when next to him M. le Président de la République, Francois Mitterrand, is seated with two friends. During dinner, he eavesdrops the small group and when they leave, Daniel finds the president’s hat forgotten by its owner. When he puts it on, his life starts to change. An experience that also Fanny makes when she discovers the hat in a train forgotten this time by Daniel. In this way, the hat starts to travel across Paris, miraculously changing the lives of the people who put it on.


I really enjoyed reading the novel. First of all, we are sent back to the 1980s, a completely different era with Mitterrand as socialist president and Paris undergoing dramatic changes. The idea to have an item which triggers your own superpowers is funny in one way, in the other it also shows that just by believing in something you can achieve quite a lot. Not to forget: this is a novel to enjoy and indulge in since the changes are positive ones. Each possessor makes a stop forward in life, overcomes old believes and finds the courage to end things. The novel leaves you with a smile on your face and a bit of sadness when you have reached the last page knowing that the hat’s story will not go on. 

Han Kang - The Vegetarian

Yeong-hye und ihr Mann leben ein bescheidenes und unauffälliges Leben in Seoul. Sie haben sich wenig zu sagen und arrangieren sich mit den Gegebenheiten des Alltags. Ein Alptraum veranlasst Yeoung-hye, Vegetarierin zu werden. Ihren Mann irritiert dies zunächst, bei einem wichtigen Geschäftsessen blamiert ihn dies auch, aber viel stärker reagiert Yeong-hyes Familie auf diese Entscheidung. Bei einem Familienessen kommt es zum Eklat. Ihr Schwanger indessen ist fasziniert von dieser Frau, die sich nach dem einschneidenden Erlebnis immer mehr zurückzieht und an Gewicht verliert. Der Künstler sieht in ihr das perfekte Motiv, doch ist seine Kunst sehr avantgardistisch für die Zeit und den Ort, weshalb auch hier nur kurze Zeit die Illusion von Perfektion herrscht. Im abschließenden Teil des Buches erleben wir Yeong-hyes Schwester, die über die Entwicklung der jungen Frau nachdenkt und die Ursachen in der Familie findet. In der Psychiatrie, in der sie wegen akuter Gefährdung und völliger Nahrungsverweigerung untergebracht ist, unternimmt sie einen letzten Versuch, zu ihr vorzudringen.

Auch wenn es einen roten Faden gibt, so besteht das Buch doch aus drei gänzlich verschiedenen Geschichten mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Gemeinsam haben sie die Einsamkeit, die die Figuren spüren, das nicht verstanden werden von ihrer Umwelt und den Eindruck, das falsche Leben zu leben und an einem Punkt zu sein, an dem sie alles hinterfragen. Das Buch ist außergewöhnlich, die Sprache unglaublich stark in ihrer oftmals reduzierten, fast unpoetischen Art. Dies steht dann wieder im Kontrast zur inspirierten künstlerischen Kraft des Schwagers, der in der Welt mehr als die Oberfläche erkennen und hervorbringen kann. Dafür hat das Buch völlig zurecht den International Man Booker Prize erhalten. Auch erhält man einen Einblick in eine doch sehr fremde Kultur und die dort vorherrschenden Konventionen, die die Menschen sehr stark in ihrem Leben leiten und auch beschränken.


Was mich jedoch beim Lesen gänzlich überfahren hat, war die Brutalität in diesem Buch. Die Autorin beschönigt nicht und wenn ihre Figuren Gewalt ausgesetzt sind, setzt sie auch den Leser dieser aus. Physisch wie auch psychisch müssen alle drei Protagonisten leiden und oftmals trifft es einem eher unvermittelt und dafür umso härter. Psychische Erkrankungen fast bis zum Suizid, explizite Sexszenen, unverhohlene Gewalt – drei Dinge, die mich etwas überrascht haben, aber durchaus im Kontext des Buches stimmig sind.

Jane Gardam - The Man in the Wooden Hat

Filth – short for ‘Failed in London, Try Hong Kong’ – is building his career in Hong Kong. When he meets Elisabeth, he knows that she is to be his wife. Betty is like Filth a Raj orphan, growing up in the eastern part of the empire and never really accustomed to the British lifestyle, she is a free spirit. Nevertheless, she agrees to marrying this promising young man, even though she hardly knows him and has a lot of doubts. On the evening of the proposal, she gets to know Veneering and regrets that she had consented to marry and never leave Filth only a couple of hours before. Her whole life she will be oscillating between the two men, enemies in business matters and private life alike, until she finally resolves to stop lying.


The second novel in Jane Gardam’s trilogy about Filth and Betty and the fall of the British Empire. Here we get the opposite side of the story, told from Betty’s point of view and thus we see a lot of things in a completely different light. The tone, again, is wonderful and fits the setting perfectly. A novel just to enjoy and to indulge in.

Samstag, 30. Juli 2016

Jane Gardam - Old Filth

Long ago, Old Filth – short for ‘Failed in London Try Hong Kong’ – was a young and successful lawyer in the far east of the former empire. Born there, he grew up without his mother, she died while giving birth, and father, he was not interested in his son. Like all those Raj orphans, he was sent back to the mother country to get an education and to return later to find his career somewhere in Asia. Now, Edward Feathers by real name thinks back of his life and different episodes which made him the person he is now as an old man prepared for dying.


A wonderful novel leading the reader into a time which is long gone and will never be there again. The protagonist had the classic biography of people of the British Empire who made their careers in the eastern parts of the kingdom. What I liked especially were the episodes of Old Filth as a young boy, his experiences among Malayan people and his life there as one of them. What was done to him then when sending him to England, was a rather sad story but I assume also close to reality. All in all, an enjoyable plot narrated in a perfectly fitting tone.

Shulamit Lapid - Lokalausgabe

Nach einer rauchenden Party in ihrer Villa wird die Gastgeberin ermordet in ihrem Garten gefunden. Das Entsetzen in Tel Aviv ist groß, die Polizei ermittelt auch Hochtouren und auch Lisi Badichi, Lokalredakteurin und mit ihren Plattfüßen und feinen Spürsinn, geht den Geschehnissen nach, war sie doch selbst Gast auf dem Fest. Schnell schon deckt sie Verwicklungen verschiedenster Art auf und gerät der Polizei immer wieder in Quere, wenn nicht ihr Schwager der Ermittlungen leiten würde, hätte man sie schon längst kaltgestellt, denn er sieht auch, dass Lisi die richtige Spur verfolgt und Informationen erhält. Doch je mehr sie sich einmischt, desto mehr gerät auch sie in Gefahr.

Meine Israelbegeisterung hält an und so findet sich auch der Weg zu älteren Romanen, wobei die Reihe um Lisi Badichi (ausgezeichnet mit dem deutschen Krimipreis 1996) nun von dotbooks neu aufgelegt wurde. Leider konnte mich der Krimi nicht überzeugen. Die Protagonistin ist für mich zu unglaubwürdig und unstimmig gezeichnet. Wird sie uns erst als platt und laut verkauft, weshalb sie mit 30 immer noch Jungfrau ist und alle Männer verschreckt, wird sie plötzlich zum attraktiven Schwan, dem alle nachrennen, ohne dass sie etwas dafür getan hätte. Auch die Tatsache, dass sie einerseits immer wieder einen guten Sinn für interessante Geschichten beweist, die in ihrer Zeitung auch veröffentlicht und prämiert werden, sie gleichzeitig aber wegen Erfolglosigkeit auf der Abschussliste steht, ist irgendwie seltsam. Der Fall selbst ist durchaus inter4essant, vor allem die Verwicklung unterschiedlichster Gruppen erscheint mir glaubwürdig, aber die Auflösung durch Lisi als Betthäschen war mir dann doch etwas zu billig.


Freitag, 29. Juli 2016

Joel Dicker - Die Geschichte der Baltimores

Schon als Kind hat Marcus seine Cousins beneidet, die Goldmans aus Baltimore, er gehört zu den Goldmans aus Montclair, doch in Baltimore passierte immer so viel mehr und er war nur in den Ferien Mitglied der Gang. So adoptieren sie Woody, ein Sportass und verlässlicher Freund für Hillel, der in jungen Jahren schwerem Mobbing ausgesetzt war. Als Teenager lernen sie zum ersten Mal auch Konkurrenten zu sein als sie sich alle drei in das Nachbarsmädchen Alexandra verlieben. Die Schulzeit erfolgreich beendet gehen sie das Studium an, dass für den sportlichen Woody und den intelligenten Hillel ebenfalls ein großer Erfolg werden soll. Doch die Dinge laufen anders als geplant und erst viele Jahre nach der Katastrophe gelingt es Marcus zu rekonstruieren, was wirklich geschah.


Einmal mehr gelingt es Joel Dicker eine Familiengeschichte in diskontinuierlicher Weise langsam zusammenzusetzen und als Ganzes vor dem Auge des Lesers auferstehen zu lassen. Langsam und ruhig erzählt er, immer unterbrochen durch Schilderungen der Gegenwart, was zwangsweise Brüche erzeugt und so das Interesse noch steigert zu erfahren, wie es dazu kommen konnte. Für mich einer der großen Unterhaltungserzähler der Gegenwart.

Donnerstag, 28. Juli 2016

Michael Harvey - Brighton

1975, Boston, a problematic neighbourhood where racial hatred dominates everyday life. When 15-year-old Kevin finds his beloved grandmother stabbed and his sister hurt by a black teenager, there is only one way to solve the problem. His best friend Bobby helps him in seeking revenge. More than 25 years later, Kevin is a famous investigative reporter and returns to his hometown. Not much has changed there, the suburb still has to face violent murders and gangs control the people’s life. When the gun which had been used a quarter of a century ago is linked to recent murders, Kevin as well as his old friend, now a big fish in illegal business, get on the police radar.

It takes quite some time until the novel develops a bit of speed. By far too long for a thriller. The prologue takes about a fifth of the novel and I was already prone to putting the novel away. Luckily I kept on reading since then the story suddenly gathered pace and became more and more interesting. The plot - which at first glance seemed only slightly promising since you as a reader knew what happened in 1975 – became more and more complex and had a real surprise to offer in the end which made things look completely different.

The last part of the novel really could atone for the slow start, nevertheless, no full points.


Dienstag, 26. Juli 2016

Bert Wagendorp - Ventoux

Sommer 1982. Voller Übermut brechen die 5 Freunde auf, um den berühmten Mont Ventoux zu bezwingen. David, aus Surinam stammend und bald das Reisebüro seines Vaters übernehmend; Joost, das Physik-Genie, dem eine bemerkenswerte Uni-Karriere bevorsteht; André, dessen Karriere sich im Zwielichtigen Milieu abspielen wird; Peter, der Dichter und neue Stern am niederländischen Literaturhimmel und Bart, der als Journalist seine Freunde im Auge behalten wird. Dabei ist auch Laura, in die alle fünf gleichermaßen verliebt sind. Doch ein Unglück geschieht und nur vier von ihnen kehren heim. Dreißig Jahre später erst ist der Moment gekommen, die Geschehnisse von damals aufzuarbeiten und nicht nur zu schauen, was aus den Freunden geworden ist, sondern auch festzustellen, was und wie viel sie noch verbindet. Genau wie damals wird auch dieses Mal die Besteigung des Berges ihrem Leben eine neue Wendung geben.

Scheinbar ein Buch übers Radfahren, dem Titel und Cover nach wird es passionierte Radler vermutlich direkter ansprechen. Doch welch ein Trugschluss, drückt sich durch das gemeinsame in die Pedale treten nur das aus, was zwischenmenschlich die Freunde bewegt: gemeinsames Leiden, Konkurrenzkampf, gemeinsame Ziele, individuelle Erfolge und Misserfolge, die sich nur schwer planen lassen. Ein mysteriöser und sagenumwobener Berg, an dem schon viele Große gescheitert sind, nicht weniger ist drin für diese Freundschaft, die etwas Besonderes ist und die Zeit überdauern kann, deren Erhalt jedoch erkämpft werden muss. Die eine Etappe, die sie fahren, als junge Männer wie als Erwachsene – Sinnbild für den Weg, den sie im Leben teilen, der hart und steinig ist und den man nicht allein bewältigt.

All dies erzählt Wagendorp in einem unterhaltsamen Plauderton, der die Zwischentöne erkennen lässt und so eine beim Aufschlagend es Buches nicht zu erahnende Tiefe erreicht. Oftmals spielt es keine Rolle, ob man als Leser eine gewisse Altersnähe zum Protagonisten hat, hier würde ich aber sagen, dass man jenseits der 40, wenn man ein paar Jahre zurückblicken kann, mehr von dem Buch hat.


Dorit Rabinyan - Wir sehen uns am Meer

Liat kennt noch nicht viele Menschen in New York, als ihr Freund Andrew kurzfristig eine Verabredung nicht wahrnehmen kann, schickt er ihr seinen Arabischlehrer Chilmi, nicht ahnend, was er damit auslöst. Die Übersetzerin und der Künstler verlieben ineinander und sind fortan unzertrennbar. Doch ihre Liebe hat ein Verfallsdatum, denn am 20.5., nur wenige Monate nach ihrem Kennenlernen, muss Liat schon wieder zurück in die Heimat. Doch das ist das geringste Problem der beiden: Liat ist Israelin und und Chilmi Palästinenser – eine Liebe, die nicht sein darf und auch tausende Kilometer entfernt die Konflikte ihrer Heimat nicht gänzlich ausblenden kann und ganz sicher keine Zukunft haben wird.

Dorit Rabinyans Geschichte wird auf mehreren Ebenen erzählt und geht ungemein tief. Vordergründig die Liebesgeschichte zweier New Yorker, die auch Alltagsprobleme kennen und dennoch immer wieder gänzlich die Außenwelt ausblenden können, um nur für sich zu zweit sein zu können. Spannend wird es jedoch, wenn die konfliktreiche Lage in Israel zwischen sie gerät. Obschon sie im gleichen Land aufgewachsen sind, teilen sie keine Sprache und auch keine Kindheitserinnerungen, denn das Leben der Palästinenser ist von Flucht und Unterdrückung geprägt, die Israelis wiederum werden stark durch die Erfahrungen beim Militärdienst geprägt – sie hätten sich als Feinde gegenüberstehen können. Noch kritischer die Situation, wenn Familie und Freunde ins Spiel kommen. Liat und Chilmi wählen ganz verschiedene Wege des Umgangs: Liat verheimlicht ihre Liebe, leugnet Chilmi oder spielt seine Herkunft herunter. Chilmi wieder setzt seine Freundin seiner Familie aus - mit der Gefahr den Nahostkonflikt an den Esstisch zu holen.


Ich habe viel über die Lage in Israel gelesen, Sachbücher wie auch Belletristik, aber selten fand ich den Konflikt so greifbar und persönlich dargestellt wie in Dorit Rabinyans Roman. Die Autorin zeigt, dass man versuchen kann, ein „normales“ Leben zu führen und die Politik auszublenden, dass man weder als Israeli noch als Palästinenser nicht davor gefeit ist, unmittelbar hineingezogen zu werden und Position beziehen zu müssen. Und hier kann es keine neutrale Position geben, zu sehr sind beide Seiten historisch und familiär belastet. Dass man sich in Israel entschieden hat, das Buch in den Schulen zu verbieten ist ausgesprochen bedauernswert, denn es hätte einen Blick auf die andere Seite des Konflikts erlaubt.

Sonntag, 24. Juli 2016

Howard Jacobson - Shylock is My Name

Kunstsammler Simon Strulovitch ist am Verzweifeln. Nicht nur dass seine Frau schwerkrank ist, macht ihm seine Tochter Beatrice auch nur Probleme. Schon in jungen Jahren hat sie Männern reihenweise den Kopf verdreht und nun droht sie mit einem Fußballer durchzubrennen. Rat sucht er bei Shylock, den er zufällig auf dem Friedhof kennenlernte und zu sich einlädt. Derweil kämpf in einem anderen Stadtteil Londons D’Anton damit, der liebenswürdigen, aber leider ziemlich falschen Pluralbelle (aka Anna Livia Plurabelle Cleopatra A Thing of Beauty is a Joy Forever Christine) alles recht zu machen und deren etwas dümmlichen Verlobten derart zu manipulieren, dass Plurabelle bei Laune bleibt. Als Beatrice samt Verlobtem im Haus auftauchen, wird D’Antons ohnehin schweres Leben noch eine Nummer komplizierter.


Howard Jacobson hat Shakespeares Komödie „The Merchant of Venice“ neu interpretiert und in das London der Gegenwart verlegt. Einige der Figuren erkennt man leicht wieder, vor allem die Problematik des Judentums bzw. der Juden in einer christlichen Mehrheitsgesellschaft kommt auch in dieser Variante des Sujets sehr gut zum Vorschein, aber alles in allem hat mich der Roman mehr verwirrt als überzeugt. Herrliche Dialoge können über die schwache Grundgeschichte nicht hinwegtäuschen, ebenso sind die Figuren derart überzeichnet, dass es nur wenig an ihnen zu entdecken gibt an Facetten und Schattierungen, die sich erst im Laufe der Handlung hätten zeigen können. Es bleibt bei einem interessanten Ansatz, der bei mir jedoch nicht angekommen ist.

Eunice Charlton-Trujillo - Fat Angie

Nachdem ihre Schwester bei einem Einsatz im Irak gefangen genommen wurde und das Schicksal der Familie durch alle Kanäle gezerrt wurde, hat sich Angie immer weiter zurückgezogen. Ihre Trauer und Frust um den Verlust der geliebten Schwester bekämpft sie mit Essen. Immer mehr frisst sie ihr Lied in sich hinein, immer noch hoffend, dass die Schwester irgendwann doch noch lebendig wiederauftauchen wird. Ihre Mitschüler haben wenig Mitleid und als Fat Angie führt sie ein Außenseiter Dasein bis KC Romance in der Schule auftaucht und sich mit ihr anfreundet. Neuen Lebensmut gewinnt Angie auch durch das Baskeballspielen – das Spiel ihrer Schwester. Ihr Ehrgeiz wird geweckt, es ihrem Vorbild gleichzutun.


Eine ungewöhnliche coming of age novel, denn Angies Schicksal ist zwar einerseits sehr typisch – das Außenseitermädchen, dass im wahrsten Sinne des Wortes alles in sich hineinfrisst – und doch ist sie mit der Geschichte um ihre Schwester eher selten zu lesen. Die Autorin verzichtet auch auf schnelle Erfolge beim Kampf gegen die Mitschüler, das Übergewicht, die Eltern etc., sondern zeichnet ein recht realistisches Bild eines komplexen Falles. Die Protagonistin ist ebenfalls sehr authentisch präsentiert, in ihrem Handeln nicht immer stringent, Rückfälle verschiedener Art, die Trauer, die sich unterschiedlich ausdrückt. Insgesamt für einen Jugendroman thematisch recht anspruchs- und gehaltvoll.

Cay Rademacher - Mörderischer Mistral

Capitaine Roger Blanc wurde strafversetzt: von Paris in die provenzalische Provinz, wo man ihn nicht gerade erwartet hat. In seiner baufälligen Ölmühle, die er vor Jahren geerbt und nie besucht hat, findet er eine neue, wenn auch unbequeme Heimat. Der erste Fall, der voraussichtlich ohnehin an die police nationale abgetreten werden muss, ist eine Leiche auf einer Müllhalde; doch wider Erwarten bleibt es an Blanc und seinem Partner Marius Tonton, das Verbrechen aufzuklären. Sie ahnen noch nicht, dass dies nicht der einzige Tote bleiben und welche Kreise ihre Ermittlungen ziehen werden.


Ein cosy crime Roman in der französischen Provinz, wie er seit einigen Jahren hundertfach auf den Büchermarkt geworfen wird. Bei dem typischen Setting bleibt s jedoch nicht, ansonsten wird ebenfalls hauptsächlich mit banalen Versatzstücken gearbeitet: der übergehabte Polizist, der keine Anerkennung findet und wegen seiner tollen Ergebnisse strafversetzt wird; das malerische Dörfchen mit den schablonenartigen Bewohnern (der ewig meckernde Nachbar, das nette und zuvorkommende Winzer-Ehepaar...); die hochattraktive Vorgesetzte, die sich dem Protagonisten bei der ersten sich bietenden Gelegenheit an den Hal und ihre Klamotten vom Leib wirft. Dazu ein mäßig spannender Fall, der zwar durchaus nachvollziehbar gelöst wird, aber keinerlei Reiz ausüben konnte. Ich hätte mir mehr davon erwartet, so war es dann doch eine etwas platte und pauschale und weitgehend austauschbare Geschichte.

Samstag, 23. Juli 2016

Shappi Khorsandi - Nina is not OK

17-year old Nina is suffering from her boyfriend breaking up with her. He went to spend a gap year in Hong Kong and already on the plane met another girl. Nina tries to get over him by partying hard and drinking until losing consciousness. More and more often she already needs alcohol at lunch or even for breakfast. Repeatedly, she cannot remember what happened while she passed out, if she slept with some guys or not. She completely loses contact with reality when her family moves away and leave her  alone in London with her friend Beth's family. After she approached Beth' father when being drunk another time, her family sends her to rehab. But the way back into reality is a lot harder than all of them imagined, especially since life in the time of the Internet has much more to offer than a mistake made at the weekend.

This novel quite often is no fun at all. You read about a girl losing control, you want to prevent her from doing what she does, but just like her friends, you cannot do anything about it, you stand there helplessly having to watch what's happening. This is how you must feel when this happens to somebody close to you in real life. Being addicted is shown in an unembellished way. This makes the plot quite realistic. What I appreciated most was the fact that there is no easy happy-end with everybody loving everybody else again quickly.  The author really shows how hard the way back is and thus illustrates that booze is nothing to go easy about.  The stress is on Nina's emotional state which shows an addicted not as a despicable person but somebody like you and me. Therefore, I think this can really be a novel for teenagers who might underestimate what too much drinking can do to your life.

Lisa Unger - Ink and Bone

Finley moves to The Hollows, the place her mother has fled from due to the dark mood lingering there. But for Finley it is the right place to live with her grandmother Eloise as both of them are different from ordinary people. They hear voices and see people no one else can hear or see. They are gifted and haunted at the same time - nothing you can really wish for. When young Abbey goes missing, Finley's first case arrives. She can make contact, but is she able to locate the girl before it is too late?

Lisa Unger's novel plays with our darkest dreams and nightmares. Could the dead still be around us and try to make contact? Are there things between heaven and earth that only the gifted can perceive and which go unnoticed by all the others? Everybody knows these feelings that cannot be explained, knows certainties without knowing where they come from, thus, we consider them rather coincidences than something real. But is there more to it?

The plot plays with those things and mixes the fictional reality with those supernatural perceptions. In this way, there is a lot of suspense and thrill since you never know who will win this game between real and unreal. Additionally, the main characters are convincingly drawn with all their positive and negative traits which gives the novel a lot of authenticity.

Delia Ephron - Siracusa

Two couples on their trip to Italy. Michael, a famous writer, and Lizzie, his wife. Both have affairs, Michael with the waitress of their favourite restaurant, Lizzie with Finn, husband of Taylor, father of Snow and lover of Lizzie. The five of them only get along quite awkwardly, but the trip becomes even more catastrophic when Michael's lover Kathy unexpectedly also shows up in Siracusa. All of them want to get rid of their partner - but how to tell them?

The novel is the perfect summer read. The circumstances- an Italian island, stressed people forced together and masses of lies which threaten to come to the light - are ideal for quarrels and accidents. What I liked especially was the fact not to have a narrator but to let the four characters tell the story from their point of view and also commented by each other. In this way you could read the same incident from different perspectives and now and again you were ahead of one of them, nervous to follow the revelation of the lies. Underlying it all was the basic question of how to live your life and what to do when you are unhappy. So besides some rather lightweight summer holiday story, there is also something to think about.

Boris Schumatsky - Die Trotzigen

Das Ende der Zeit bricht an. Zumindest in der Sowjetunion, die vor dem Zerfall nicht mehr zu retten ist, nachdem im Westen die neue Zeitrechnung bereits begonnen hat. Der Moskauer Sascha, seinerseits Dolmetscher, und die Deutsche Anna erleben ihre komplizierte Beziehung inmitten der Panzer und Revolution Anfang der 1990er. Anna ist begeistert von der gewalttätigen Umwälzung, Sascha überlegt nur, wie er endlich in den gelobten Westen kommen kann. Doch auch in Berlin lockt nicht die erwartete Freiheit, so dass unweigerlich die Rückkehr in die russische Heimat und eine ungewisse Zukunft ansteht.

Boris Schumatsky hat das Lebensgefühl einer Generation eingefangen. Die Jugend der Wendezeit, die große Hoffnung in den Aufbruch und gleichzeitig große Verunsicherung vor der unbekannten Zukunft spürt und nicht weiß, wofür sie sich entscheiden soll. Die komplizierte politische Lage spiegelt sich in den komplizierten persönlichen Beziehungen wieder und parallelisiert auch die Frage, wie kompromissbereit oder bedingungslos man für eine Sache ist.

Besonders überzeugen konnten mich die absurden Episoden, insbesondere beim Moskauer Putsch auf der Straße, die vermutlich gar nicht so weltfremd waren, wie sie beim Lesen erscheinen. Denn auch hier fängt der Autor die Verunsicherung der Menschen wieder ein. Auch die herrlichen Dialoge zwischen Anna und Sascha – oftmals völlig bar jeder Logik auf Seiten der jungen Frau und doch in ihrer Gesamtheit stimmig zur Figur.


Fazit: ein gelungenes Portrait einer komplizierten Zeit.

Mittwoch, 20. Juli 2016

Joao Tordo - Stockmans Melodie

Hugos Flucht nach Kanada hat ihn auch nicht wirklich weitergebracht. Zwar hat er dort den Kontrabass und Jazz Musik für sich entdeckt, aber schließlich zieht es ihn doch mittel- und perspektivenlos in die portugiesische Heimat zurück. Auf einem Konzert des berühmten Pianisten Luiz Stockman meint er sich verhört zu haben: hat dieser Musiker gerade genau die Melodie gespielt, an der er seit Jahren komponiert? Wie ist er an die Noten gekommen? Und warum sieht Stockman aus wie sein toter Zwillingsbruder? Eine irrwitzige Verfolgung beginnt.

Tordo gelingt es in seinem Roman den typisch portugiesischen Fardo einzufangen. Die Geschichte wird von einer schwer greifbaren, aber stets präsenten Melancholie überlagert. Das macht sie nicht schwer, aber traurig. Man wünscht sich ein Happy-End für Hugo, oder zumindest eine Erklärung. Diese wird der Figur vorenthalten, aber dem Leser präsentiert. Der Bruch ist ungewöhnlich, der vermeintliche Autor, der sich direkt an den Leser wendet und seine Sicht der Dinge schildert - man liest dies selten und ist irritiert bis verwundert. Aber es erlaubt auch die zweite Perspektive, die von genauso viel Traurigkeit und Einsamkeit geprägt wird. Ein emotional aufgeladenes Buch, das tief berührt ohne jedoch zu verstören.

Dienstag, 19. Juli 2016

Lodewijk van Oord - Das letzte Nashorn

Ein genialer Plan: aus dem Amsterdamer Zoo soll mehr werden als nur eine Ansammlung von Tieren, die man anschauen kann. Der Direktor, Edo, hat Großes vor und Sariah soll ihm dabei helfen. Die niederländisch-afrikanische Expertin für Wildtiere erhält einen Vertrag und gemeinsam machen sie sich daran, den unbekannten Kontinenten für die holländische Hauptstadt auferstehen zu lassen. Als Hauptattraktion werden drei Nashörner gekauft, die einen realen Einblick geben sollen. Aber genauso wie in der Realität muss auch der Zoo mit Wilderern, fiesen Viruserkrankungen und manchmal auch dem natürlichen Tod kämpfen.

Ein ungewöhnlicher Roman mit einem außergewöhnlichem Thema. Ich kann mich nicht an ein Buch mit einem Zoo im Zentrum der Handlung erinnern; ein Zoo, der nicht Kulisse für menschliche Schicksale bleibt - die es hier auch gibt - sondern als solches den Lauf des Geschehens bestimmt. Die Nashörner insbesondere bilden den roten Faden der Geschichte und so wie ihre Art bedroht ist, wird dies auch hier aufgegriffen. Ernste und vor allem ernstzunehmende Fragen werden aufgerissen, nicht nur bezüglich des Artenschutzes, sondern auch bezüglich der Tierhaltung in Europa und speziell in Zoos. Der Autor verweigert eine Position, legt unterschiedliche Argumentationen nahe und lässt den Leser mit diesen Fragen alleine. Ein mündiger, reflektierter Mensch kann so auch nach Ende der Geschichte hinaus in der Thematik verweilen. 

Van Oord gelingt ein bemerkenswertes Kunststück: er nähert sich der Natur ohne diese für seine Zwecke auszuschlachten, er kann eine Geschichte ganz aus der Nähe erzählen und wird doch nicht Voyeur, er findet einen leichten Ton für ein wenig heiteres Sujet.

Montag, 18. Juli 2016

Karl Olsberg - Mirror Welt

Willkommen in der fabelhaften Welt der Mirror. Schon einmal nach schlagfertigen Antworten gesucht? Kein Problem, mit dem kleinen Flüsterer im Ohr hat man immer die passenden Worte parat. Sich mehr als einmal geärgert, dass im richtigen Moment das Handy nicht einsatzbereits war, um eine Sensation aufzuzeichnen? Auch das kein Problem, die integrierte Brillenkamera weiß sofort Bescheid und filmt mit. Daten, Fakten, Informationen umständlich bei Google suchen? Auch hier kann das kleine Helferlein über Sprachsteuerung direkt alle notwendigen Antworten liefern. Doch der Mirror ist noch viel mehr: guter Freund, Arzt, Berater, persönlicher Assistent in allen Lebenslagen. Davon haben wir doch schon immer geträumt, oder?

Mirror Welt ist das Prequel zu Olsbergs Thriller, der die aktuellen technischen Entwicklungen das kleine bißchen weiterdenkt und die vermeintlichen Errungenschaften auch in einem anderen Licht erscheinen lässt. Die große Frage, die für den Leser im Raum steht ist: wie weit sollen und dürfen wir gehen? Denn vielleicht ist alles, was möglich ist, nicht unbedingt das, was uns als Menschen voranbringt. Ein gedankliches Experiment, dem wir uns besser heute als morgen stellen.

Samstag, 16. Juli 2016

Rose Tremain - Und damit fing es an

Gustav erhält einen neuen Mitschüler, Anton, der weinend vor der Klasse steht. Schnell freunden sich die sehr verschiedenen Jungs an. Gustav wächst mit seiner Mutter in ärmlichen Verhältnissen auf, Geld ist immer knapp. Antons Familie ist wohlhabend und kultiviert und der Junge ein vielversprechendes Musiktalent. Gustavs Mutter beäugt die Freundschaft argwöhnisch, ist Antons Familie doch jüdischen Glaubens und Juden waren es, die ihre Zukunftsaussichten zerstört und ihren Mann letztlich unter die Erde gebracht haben, weil er ihnen geholfen hatte. Ein Leben lang werden die beiden Jungs miteinander verbringen und ganz unterschiedliche Wege gehen, die sie aber immer wieder zusammenführen.

Einmal mehr ein bewegender und feinfühliger Roman von Rose Tremain. Interessant ist die Konstruktion. Man lernt die Jungs zu dem Zeitpunkt kennen, als sie sich zum ersten Mal begegnen und die Freundschaft anfängt zu wachsen. Danach folgt ein Sprung in die Zeit vor ihrer Geburt als Gustavs Mutter eine junge Frau voller Träume war. Der dritte Teil wiederum springt in das spätere Erwachsenenleben und betrachtet das, was aus Anton und Gustav geworden ist. Besonders gelungen ist für mich die Schilderung der Emotionen, die bemerkenswert reduziert ist. Gustavs Mutters meist stilles Leiden und Verbitterung, die doch so klar hervortreten. Gustavs zum Teil widersprüchliche Gefühle, die sich aber ebenfalls nicht in großen Ausbrüchen zeigen, sondern in kleinen Taten. Die historische Einbettung, das jüdische Einzelschicksal, das so verschieden sein kann und hier fast umgedreht wird, eine kleine aber für diese Leben entscheidende Tatsache.


Mittwoch, 13. Juli 2016

Ian Simpson - Murder on the Second Tee

Hugh Parsley has found murdered on a golf course in a Scottish hotel. His colleagues, managers of a small but prestigious bank, stay there to sort out some problems. Detective Flick Fortune’s first case turns out to be much more complicated than assumed at first glance since the group of bankers is also observed by an undercover agent, Baggo, who is investigating money laundering at the same time. A third player in the game will make life even more complicated for the two.

Unfortunately, the crime novel could not really convince me. The constant shift between the murder investigation and the laundering scandal, personal animosities or the like was more confusing than creating suspense. Additionally, the characters did not really appear authentic and lively, especially Flick Fortune could not convince me as a real police detective.


Sonntag, 10. Juli 2016

Jessie Ann Foley - Das Jahr, in dem sich kurt Cobain das Leben nahm

Die Mutter der 16-jährigen Maggie ist mal wieder verliebt und heiratet ihren deutlich jüngeren Liebhaber sogar. Damit nicht genug verpflanzt sie die Familie von Chicago in das irische Örtchen Bray. Maggie findet nur schwer Anschluss, ihr einiger Vertrauter ist der 99-jährige Nachbar. Sie vermisst vor allem ihren Onkel Kevin, der sich als Musiker durchschlägt. Als dieser Selbstmord begeht, fällt sie in ein Loch. Nur der zurückhaltende Eoin, zu dem eine zarte Liebe entsteht, kann ihren Schmerz etwas lindern. Als Maggie zusammen mit einem Abschiedsbrief ihres Onkels zwei Tickets für ein Nirvana Konzert in Rom findet, machen die beiden Teenager sich auf in die ewige Stadt.


Ein Jugendbuch, das mehr als 20 Jahre in die Vergangenheit reist und die legendäre Grunge Band wieder auferstehen lässt. Der zeitliche Sprung ist der Autorin sehr gut gelungen, keine Handys, kein Internet bestimmen die Kommunikation der Jugendlichen und das Wissen um Coolness und die richtigen Bands (und Bücher!) wird wie Geheimwissen weitergegeben. Die Autorin spart auch nicht an schweren Themen: das oftmals schwierige Verhältnis zu den Eltern, deren unerfülltes Liebesleben, der Selbstmord einer geliebten Person. Dennoch bleibt der Roman eher leicht und hinterlässt einem in einer positiven Stimmung – insbesondere, wenn man 1993 Teenager war und Nirvana verehrt hat. 

Samstag, 9. Juli 2016

Monika Detering - Wer liebt, stirbt zweimal

Zwei Mädchen bei einem Hausbrand auf Langeoog aufgefunden, eine tot, die andere schwer verletzt. Doch es war nicht der Rauch, sondern ein Mordversuch, der mittels K.O. Tropfen und gezielten Schlägen auf sie verübt wurde. Carla Bernstiel und Gerrit Blau ermitteln, doch niemand scheint die Mädchen zu vermissen, Papiere oder sonstige Merkmale zur Identifizierung sind nicht zu finden und die Presse lauert schon. Gleichzeitig treibt ein „auserwählter“ Wunderheiler sein Unwesen auf der Insel und verspricht den Inselbewohnern und Feriengästen ein langes Leben.


Der Plot an sich war recht vielversprechend, aber der Roman konnte mich nicht überzeugen. Die Ermittler wirken irgendwie hölzern und unausgegoren. Ihre Dialoge sind für mein Empfinden unnatürlich und das Verhältnis der drei untereinander wird völlig uneinheitlich geschildert, mal unterstützend, dann wieder völlig ablehnend, so richtig sinnhaft wird dies aber nie. Auch das Agieren mancher Figuren lässt an Glaubwürdigkeit vermissen. Die Mutter eines der Opfer ist zunächst völlig verzweifelt und begibt sich auf die Suche nach der Tochter – wir dann aber mit einer 3-Wort-SMS zufriedengestellt und verschwindet unverrichteter Dinge wieder. Dass das Haus ihrer Mutter verwüstet wurde, schien ihr völlig gleich zu sein. So ganz stimmig ist vieles nicht und die Auflösung war mir auch etwas zu platt und schleunigst herbeigezaubert.

Wilhelm Genazino - Bei Regen im Saal

Reinhard hatte eigentlich ganz gut Perspektiven mit Studium und abgeschlossener Promotion. Doch der akademische Alltag ist hart und so endet er nicht als Professor, sondern als Redakteur einer unbedeutenden Provinzzeitung. Auch in der Liebe läuft nicht alles nach Plan. Seine Freundin verlässt ihn, um mit einem gestandenen und erfolgreichen Mann ein neues Leben zu beginnen. Doch für beide bleiben Wünsche unerfüllt und so finden sie doch wieder zusammen, ohne jedoch wirklich Liebe und Erfüllung zu finden.


Den Mid-Life-Crisis geplagten Mittvierziger kennt man aus allerlei Erzählungen. Auch Genazino liefert und eine gescheiterte Existenz ohne Rückgrat, mit Selbstzweifeln und der vor lauter Introspektive den Bezug zur Außenwelt verliert. Bisweilen ist Reinhards Erzählung kaum mehr zu ertragen, weil er so verblendet auf die Welt blickt und Probleme heraufbeschwört, die außer ihm wohl niemand sehen konnte. Das macht das Lesen bisweilen zu einer erheblichen Qual und lässt einem erleichtert aufblicken, wenn man endlich fertig ist.

Donnerstag, 7. Juli 2016

Harriet Lane - Her

Die Wege von Emma und Nina kreuzen sich scheinbar zufällig. Sie freunden sich trotz der großen Unterschiede miteinander an. Emma, die gestresste Mutter zweier Kleinkinder, die ihrem Job beim Fernsehen nachtrauert und im Alltag versinkt. Nina, die mit ihrer fast erwachsenen Tochter wieder Freiraum für ihre Kunst hat. Doch bald schon zeigt sich, dass es kein Zufall war, der die beiden zusammengeführt hat, sondern Kalkül und der Wunsch nach Rache.


Das Buch beginnt ungemein spannend. Kleine Hinweise deuten an, dass vieles nicht so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Durch die abwechselnde Erzählung aus der Sicht Emmas und Ninas werden auch die beiden Perspektiven deutlich. Gut gefallen hat mir die Darstellung derselben Episode aus unterschiedlicher Sicht. Nach dem starken Auftakt lässt das Buch dann leider sehr nach und hat im mittleren Teil auch einige Längen. Das Ende bringt die Auflösung, wobei vieles doch vorhersehbar und ziemlich 08/15 wird – hier hätte ich mir nach dem verheißungsvollen Start mehr gewünscht.

Sonntag, 3. Juli 2016

Shari Lapena - The Couple Next Door

The perfect crime. Nothing can go wrong, it has been perfectly thout-out. But then, all is a mess. Anne and Marco are at a party at their neighbours’. Their baby daughter is at home, alone since the babysitter cancelled at short notice. But what can happen with the parents just next door and checking on the girl every 30 minutes? However, when they finally come home at half past one in the morning, the front door is ajar and the girl is gone. For the police, the parents immediately are among the suspects – and neither Anne nor Marco know whom to trust anymore. It soon becomes obvious that both of them have kept some secrets, but they are not the only ones with something to hide.

Shari Lapena has constructed a thriller which really is worth calling it one. Dropping hints here and there you quickly realize that you cannot be sure about any of the characters and that there is much more at stake than just an abducted girl. New information every so often makes you reconstruct your idea of what really happened in that night. You have just finished adjusting your thesis and it is gone. Towards the end, an even larger conspiracy comes out which is a real surprise but makes perfectly sense.


What I appreciated about the novel was not only that it could surprise me more than once, but especially the way the characters were drawn. None of the one-dimensional they all had different shades of good and bad, of reckless and compassionate which made them appear quite lively. The plot is very well constructed, it is full of suspense and keeps you reading on the find out what is all behind. To me, it was entertainment at its best.

Samstag, 2. Juli 2016

Lasha Bugadze - Der Literaturexpress

Eine Horde von eher unbekannten Autoren aus allerlei Ländern besteigt in Lissabon einen Zug, um quer durch Europa zu reisen und zu schreiben. Unter ihnen die beiden Georgier Zaza, der bisher nur einen dünnen Erzählband veröffentlicht hat sowie sein Landsmann Zwiad, seinerseits Lyriker. Schnell werden politische Fragen diskutiert, die insbesondere unter den Osteuropäern ein erhöhtes Konfliktpotential haben. Aber auch Liebesbande fehlen in dem rollenden Gefährt nicht. Immer wieder unterbricht ein Stopp in einer der Metropolen die Reise. Dazwischen sollen die Eindrücke in Worte gefasst werden, doch gar zu sehr sind die Literaten mit sich selbst beschäftigt.

Ich hatte hohe Erwartungen an den Roman, klang doch der Klappentext vielversprechend. Leider geht es kaum um Literatur, sondern mehr um verhinderte Beziehungen und unerfüllte Sextriebe. Von Lesegenuss war ich weit entfernt, zähes Quälen quer durch Europa war eher angesagt und das obwohl das Büchlein nicht wirklich lange ist.



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