Liat kennt noch nicht viele Menschen in New York, als ihr
Freund Andrew kurzfristig eine Verabredung nicht wahrnehmen kann, schickt er
ihr seinen Arabischlehrer Chilmi, nicht ahnend, was er damit auslöst. Die Übersetzerin
und der Künstler verlieben ineinander und sind fortan unzertrennbar. Doch ihre
Liebe hat ein Verfallsdatum, denn am 20.5., nur wenige Monate nach ihrem
Kennenlernen, muss Liat schon wieder zurück in die Heimat. Doch das ist das
geringste Problem der beiden: Liat ist Israelin und und Chilmi Palästinenser –
eine Liebe, die nicht sein darf und auch tausende Kilometer entfernt die
Konflikte ihrer Heimat nicht gänzlich ausblenden kann und ganz sicher keine
Zukunft haben wird.
Dorit Rabinyans Geschichte wird auf mehreren Ebenen erzählt
und geht ungemein tief. Vordergründig die Liebesgeschichte zweier New Yorker,
die auch Alltagsprobleme kennen und dennoch immer wieder gänzlich die Außenwelt
ausblenden können, um nur für sich zu zweit sein zu können. Spannend wird es
jedoch, wenn die konfliktreiche Lage in Israel zwischen sie gerät. Obschon sie
im gleichen Land aufgewachsen sind, teilen sie keine Sprache und auch keine
Kindheitserinnerungen, denn das Leben der Palästinenser ist von Flucht und
Unterdrückung geprägt, die Israelis wiederum werden stark durch die Erfahrungen
beim Militärdienst geprägt – sie hätten sich als Feinde gegenüberstehen können.
Noch kritischer die Situation, wenn Familie und Freunde ins Spiel kommen. Liat
und Chilmi wählen ganz verschiedene Wege des Umgangs: Liat verheimlicht ihre
Liebe, leugnet Chilmi oder spielt seine Herkunft herunter. Chilmi wieder setzt
seine Freundin seiner Familie aus - mit der Gefahr den Nahostkonflikt an den
Esstisch zu holen.
Ich habe viel über die Lage in Israel gelesen, Sachbücher
wie auch Belletristik, aber selten fand ich den Konflikt so greifbar und persönlich
dargestellt wie in Dorit Rabinyans Roman. Die Autorin zeigt, dass man versuchen
kann, ein „normales“ Leben zu führen und die Politik auszublenden, dass man weder
als Israeli noch als Palästinenser nicht davor gefeit ist, unmittelbar
hineingezogen zu werden und Position beziehen zu müssen. Und hier kann es keine
neutrale Position geben, zu sehr sind beide Seiten historisch und familiär
belastet. Dass man sich in Israel entschieden hat, das Buch in den Schulen zu
verbieten ist ausgesprochen bedauernswert, denn es hätte einen Blick auf die
andere Seite des Konflikts erlaubt.