Donnerstag, 4. Oktober 2012

Anne Holt - Der norwegische Gast

Norwegen im tiefen Winter. Ein Orkan sorgt für ein schlimmes Wetterchaos und unglückliche Umstände lassen einen voll besetzten Zug nahe dem Bergdorf Finse entgleisen. Trotz der widrigen Umstände haben die Reisenden Glück: schnell sind Retter vor Ort und in einem Hotel findet die Gruppe Unterschlupf. Die einzige Gemeinsamkeit ist der Schicksalsschlag, ansonsten könnte die zwangsvereinte Gruppe kaum unterschiedlicher sein: eine Reihe von Ärzten, die zu einem Kongress wollte, mehrere Pastoren,  eine Mädchen-Handballgruppe, hochindividualistische Jugendliche und auch ein ausländisches Ehepaar. Auch Hanne Wilhelmsen muss sich mit der Situation abfinden. Nach einem Einsatz querschnittsgelähmt lebt die ehemalige Polizistin eher zurückgezogen und meidet fremde Menschen.

Nach der ersten Erleichterung und Freude über den doch glimpflichen Verlauf wird die Stimmung schnell durch den Mord an einem landesweit bekannten Pastor getrübt. Zudem stellt sich den Gästen die Frage, was oder eher wer sich im letzten Wagen des Zugs befand, der offenbar als erster geborgen wurde und jetzt samt Wachen im obersten Stockwerk residiert. Mit zunehmendem Schnee und Orkan wird die Lage kritischer. Hanne muss wohl oder übel ermitteln - doch als ein zweiter Mord geschieht, verliert auch sie langsam die Ruhe.

Das Setting ist spannend: eine unfreiwillig eingeschlossene Menschenmenge und ein Mord bzw. zwei Morde. Interessante, undurchschaubare Charaktere mit Vorgeschichten. Auch die spannende Nebenhandlung - wer war der norwegische Gast eigentlich? - gibt eine zusätzliche Würze. Die Aufklärung ist ein wenig enttäuschend für mich, zu sehr wie in alten Krimis plötzlich aus dem Hut gezaubert und vorher nicht so richtig angelegt.

Ein dicker Minuspunkt auch für die Übersetzung. Es dürfte dem deutschen Publikum geläufig sein, dass es nicht in allen Sprachen die Unterscheidung von Du/Sie gibt. Dies angemessen zu übertragen ist zugegebenermaßen nicht ganz einfach, aber die Variante (habe ich auch schon in anderen Büchern gesehen), die Figuren sich im wilden Wechsel mal duzen mal siezen zu lassen ist einfach störend und unpassend. Hier wäre konsequentes Duzen auch wenn es zunächst komisch erscheint bei fremden Personen die bessere Lösung.

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