Samstag, 20. Oktober 2012

Ursula Waage - Kreuzwege am Oderstrom

Ursula Waage zeichnet in ihrer zeitgeschichtlichen Dokumentation ihren eigenen und den Lebensweg einer jungen Polin nach. beide wurden im selben Jahr - 1928 - geboren und haben nach durchaus glücklicher Kindheit die Wirren und Entbehrungen der Kriegsjahre und Naziherrschaft in Breslau erlebt. Erst Jahrzehnte nach Kriegsende wird durch eine Fernsehdokumentation die Parallelität sichtbar und die beiden Damen freunden sich an und tauschen ihr Schicksal aus.

Aus unterschiedlichen sozialen Schichten und Gebieten des heutigen Polens stammend, verschlägt sie die Schreckensherrschaft in die gemeinsame lebensgefährliche Zwangsarbeit im Zentrum Breslaus - nichts von einander ahnend kämpfen die Mädchen in diesen und in den Folgejahren ums Überleben und um ihre Zukunft. Unterstützt mir diversen Realia zeichnet Ursula Waage dies nach und liefert einen eindrucksvollen Zeitzeugenbericht über die ostdeutsch-polnischen Kriegs- und Nachkriegsjahre.

Das Thema ist heute für mich relevanter denn je, denn endlich sind die Menschen in großem Stile mobil und zeigen auch das Interesse an den Nachbarvölkern im Osten - und das nicht nur, weil sie eine persönlich-familiäre Motivation dazu haben. Die Idee die Stadt oder besser den Fluss im Titel als verbindendes Glied zwischen den beiden Leben zu wählen, gefällt mir gut. Ein Dank an die Autorin, ihre Erfahrungen als Schatz an die jüngeren Generationen weiterzugeben. Das individuelle menschliche Schicksal ist häufig viel eindringlicher als faktische, historische Berichte.

Zwei Kritikpunkte gibt es für mich an diesem Büchlein. Insgesamt hätte ich mir einen ausgewogenen Bericht über beide Frauen gewünscht, Danuta kommt mir zu kurz, die zeit nach dem Krieg, der Wiederaufbau in Polen ist fast gänzlich ausgeblendet. Zum zweiten ist mir die Distanz zwischen der Erzählung und den Personen oft zu groß. Gemessen an den Erlebnissen, hätte es für mich etwas mehr Emotion und genauere Schilderung sein dürfen. Beide Punkte schmälern aber das Buch in seiner Aussage und historischen Relevanz.

****/5 (Sachbuch)


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