Ein Unfall im Amsterdamer Wald, ein junges Mädchen wird
dabei schwer verletzt, der Verursacher begeht Fahrerflucht. Die Ärztin Danielle
kämpft um das Leben des Mädchens, doch schnell stellt sich heraus, dass es gar
kein Mädchen, sondern ein Junge ist, in einem Kleid, mit Schmuck und geschminkt,
fremdländischer Herkunft und der Sprache nicht mächtig. In der Klinik stößt die
Journalistin Farah Hafez zufällig hinzu, sie spricht Dari und weiß auch, um
welchen grausamen Kult es sich handeln könnte: ein Tanzjunge, der älteren
Männern zu Diensten ist und offenbar flüchten konnte. Farah beginnt mit den Recherchen,
im Gegensatz zur Ärztin will sie jedoch erst intensiv nachforschen, bevor sie
damit an die Öffentlichkeit geht. Danielle dauert das zu lange, mit Hilfe einer
Sensationsreporterin breitet sie den Fall des Jungen vorm großen Publikum aus und
bringt damit nicht nur das Kind in Gefahr, sondern auch sich selbst.
Der Roman hat einen spannenden Grundplot, der um die
Geschichte des Jungen angesiedelt ist. Auch die Figur der Farah Hafez ist
komplex und mit Brüchen gestaltet, so dass sie durch den Thriller tragen kann.
Allerdings wird schnell klar, dass der Autor sich nicht entscheiden konnte,
welche Geschichte er erzählen möchte und immer mehr Nebenschauplätze eröffnet. Farahs
komplexe Familiengeschichte in Afghanistan, die Flucht nach der Machtübernahme
der Sowjets, ein schlechter Journalist, der in Südafrika dem Ansehen seines
Vaters nachjagt, ein korrupter Polizist, dessen Ehe in die Brüche geht und der
sich für die falsche Seite entscheidet, eine Ärztin geplagt von alten Geistern,
russische Oligarchen, die die Wirtschaft bestimmen, Kinderpornographie und
Missbraucht, schwarze Witwen – die Liste ließe sich noch länger fortsetzen, so
dermaßen verzettelt sich Walter Lucius in seiner Story. Je mehr er hineinpackt,
desto flacher werden dabei die Figuren, ihr Handeln lässt kaum mehr Logik
erkennen, Plausibilität zum dem zuvor geschilderten fehlt gänzlich.
Die unsäglichen Actionszenen, die in sich völlig überflüssig
sind und urplötzlich wie durch einen magischen Zufall alle Figuren auf
derselben Stelle erscheinen lassen, entbehren jeder Nachvollziehbarkeit. Auch
die sich im Laufe der Handlung steigernden übermenschlichen Fähigkeiten der
Figuren - die ins Koma geprügelt
fröhlich pfeifend aufstehen, natürlich wie aus den Ei gepellt daherschreiten
und offenbar keinerlei Schmerzen verspüren – es fällt schwer das Buch noch
ernst zu nehmen, je weiter man liest. Der blutende Himmel, der auf wenigen
Seiten stark überstrapaziert wird, ist mein persönlicher Tiefpunkt auf
sprachlicher wie auch der Handlungsebene.
Nach starkem Anfang ein böser Absturz, der in einem
erzählerischen Fiasko endet, das man als Leser nicht mehr glauben kann. Viel
gewollt und wenig erreicht.