Freitag, 3. Oktober 2014

Walter Lucius - Schmetterling im Sturm

Ein Unfall im Amsterdamer Wald, ein junges Mädchen wird dabei schwer verletzt, der Verursacher begeht Fahrerflucht. Die Ärztin Danielle kämpft um das Leben des Mädchens, doch schnell stellt sich heraus, dass es gar kein Mädchen, sondern ein Junge ist, in einem Kleid, mit Schmuck und geschminkt, fremdländischer Herkunft und der Sprache nicht mächtig. In der Klinik stößt die Journalistin Farah Hafez zufällig hinzu, sie spricht Dari und weiß auch, um welchen grausamen Kult es sich handeln könnte: ein Tanzjunge, der älteren Männern zu Diensten ist und offenbar flüchten konnte. Farah beginnt mit den Recherchen, im Gegensatz zur Ärztin will sie jedoch erst intensiv nachforschen, bevor sie damit an die Öffentlichkeit geht. Danielle dauert das zu lange, mit Hilfe einer Sensationsreporterin breitet sie den Fall des Jungen vorm großen Publikum aus und bringt damit nicht nur das Kind in Gefahr, sondern auch sich selbst.

Der Roman hat einen spannenden Grundplot, der um die Geschichte des Jungen angesiedelt ist. Auch die Figur der Farah Hafez ist komplex und mit Brüchen gestaltet, so dass sie durch den Thriller tragen kann. Allerdings wird schnell klar, dass der Autor sich nicht entscheiden konnte, welche Geschichte er erzählen möchte und immer mehr Nebenschauplätze eröffnet. Farahs komplexe Familiengeschichte in Afghanistan, die Flucht nach der Machtübernahme der Sowjets, ein schlechter Journalist, der in Südafrika dem Ansehen seines Vaters nachjagt, ein korrupter Polizist, dessen Ehe in die Brüche geht und der sich für die falsche Seite entscheidet, eine Ärztin geplagt von alten Geistern, russische Oligarchen, die die Wirtschaft bestimmen, Kinderpornographie und Missbraucht, schwarze Witwen – die Liste ließe sich noch länger fortsetzen, so dermaßen verzettelt sich Walter Lucius in seiner Story. Je mehr er hineinpackt, desto flacher werden dabei die Figuren, ihr Handeln lässt kaum mehr Logik erkennen, Plausibilität zum dem zuvor geschilderten fehlt gänzlich.

Die unsäglichen Actionszenen, die in sich völlig überflüssig sind und urplötzlich wie durch einen magischen Zufall alle Figuren auf derselben Stelle erscheinen lassen, entbehren jeder Nachvollziehbarkeit. Auch die sich im Laufe der Handlung steigernden übermenschlichen Fähigkeiten der Figuren -  die ins Koma geprügelt fröhlich pfeifend aufstehen, natürlich wie aus den Ei gepellt daherschreiten und offenbar keinerlei Schmerzen verspüren – es fällt schwer das Buch noch ernst zu nehmen, je weiter man liest. Der blutende Himmel, der auf wenigen Seiten stark überstrapaziert wird, ist mein persönlicher Tiefpunkt auf sprachlicher wie auch der Handlungsebene.


Nach starkem Anfang ein böser Absturz, der in einem erzählerischen Fiasko endet, das man als Leser nicht mehr glauben kann. Viel gewollt und wenig erreicht. 
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