Lilo Gondorf führt auf Rügen ein bescheidenes und ruhiges
Leben. Aufregend war ihres ja auch genug, als Kommissarin, dann früh verwitwet
allein mit drei Kindern. Nun freut sie sich über ihre Feriengäste und die Ruhe
der Insel. Ein Paar hat sich angekündigt, beide etwas älter und die Frau erblindet.
Sie machen einen netten Eindruck doch schon am ersten Urlaubstag geschieht das
Unglaubliche: Werner Koch stürzt beim Wandern ab. Doch die Leiche ist nicht zu
finden. Es scheint kein Unfall, sondern Mord gewesen zu sein. Ermittlerin ist
ausgerechnet Lilos Tochter, die der Mutter nicht zu viel über den Fall verraten
möchte. Doch die Neugier der Seniorin ist geweckt. Auch die neuen Feriengäste scheinen
verdächtig und so ermittelt sie gemeinsam mit ihrem Nachbarn, einfach an der
Polizei vorbei.
Was dem Buch gelingt, ist die Szenerie auf Rügen attraktiv
und glaubwürdig erscheinen zu lassen. Der Ansatz zweier betagter Freizeitermittler
ist hingegen inzwischen etwas überstrapaziert, ebenso wie das Anschmachten von
Pastoren oder anderen Religionsvertretern. Insgesamt leiden die Figuren des Romans
unter einer erheblichen Blässe und mangelnder Authentizität, weshalb mir insbesondere
Protagonistin Lilo sehr fremd blieb. Die resolute Oma hat man schon
überzeugender gesehen. Der Fall schien lange Zeit recht glaubwürdig, wartet
gegen Ende aber mit so vielen Zufällen auf, dass es – trotz der durchaus
vorhandenen Spannung – böse bergab geht und man nur noch den Kopf schütteln
mag. Auch der „literarische Kniff“ die Figuren mal spazieren gehen zu lassen
und dem Leser nicht zu berichten, was sie aushecken, wurde offenkundig aus der
Mottenkiste ganz unten gekramt – ich habe schon lange keine so schwache
Auflösung bei einem aktuellen Roman mehr erlebt. Enttäuschend.
Fazit: kommt einem vor wie die sonntägliche Rosamunde
Pilcher Verfilmung – tolle Kulisse bei schwacher bis dämlicher Handlung und
unglaubwürdigen Figuren.