Jack Preston hat es geschafft. Vom kleinen Mechaniker bis
zum Teil des Lotus Teams in der Formel 1. Nur noch Minuten sind es bis zum
Start in Monte Carlo 1968. Die Stimmung ist ausgelassen, nicht zuletzt wegen
Deedee, dem bewunderten Filmstar, die sich im Fürstentum zu diesem sportlichen
Ereignis die Ehre gibt. Doch ein tragisches Ereignis wird sich für immer ins
Bewusstsein der Zuschauer brennen: eine Stichflamme über dem Lotus. Jack kann
sich geistesgegenwärtig auf Deedee werfen, schwere Verbrennungen sind die Folge
für den Techniker, das Filmsternchen kommt ohne Verletzungen davon. Wieder im
heimatlichen England wartet Jack auf seine Anerkennung als Retter, doch Deedees
Bodyguard ist in aller Munde, er bleibt namenlos, unerkannt. Er glaubt an
göttliche Gerechtigkeit, ruft den Allmächtigen an. Als dies nicht hilft,
versucht er Kontakt aufzunehmen, ebenfalls ohne Erfolg. Doch es wird noch ein
Zeichen kommen, das für vermeintliche Gerechtigkeit sorgt, allerdings nicht so,
wie Jack sich das gedacht hat.
Peter Terrins Roman legt viele Deutungen nahe und hat trotz
der Kürze von weniger als 200 Seiten eine ungeahnte Tiefe. „Monte Carlo“ – Hauptstadt
des Fürstentums an der Côte d’Azur, seit jeher mit Glanz verbunden, mit Träumen
vom Prinzessin sein und Grace Kelly, die diesen Traum für sich verwirklichen
konnte. Aber in ihr ist auch schon die Spannung angelegt, denn ein jähes Ende
wartete auf sie, das auch im Roman, wenn auch auf andere Weise, wiederholt
wird. Die Realität lässt nun einmal Träume nicht zu. Die Formel 1, das
legendäre Rennen auf dem schmalen Parcours der städtischen Straßen. Sicherlich
eine der bekanntesten und legendärsten Rennstrecken, die unzählige Opfer
forderte und dadurch nur ihren Reiz erhöhen konnte. Auch bei Terrin fordert das
Rennen Opfer, auf und neben der Rennstrecke, im Rampenlicht und abseits im
Schatten. Das Jahr 1968, geprägt von großen Veränderungen, vom Aufbrechen alter
Ordnungen und zumindest dem Anschein neuer Möglichkeiten.
Große Erwartungen schickt der Autor dem Roman voraus und man
wird nicht enttäuscht. Zunächst fängt Terrin die Atmosphäre vor dem Rennen ein.
Der Fürstenhof mit den üblichen Ritualen, die Zuschauer zwischen gebanntem
Staunen und freudiger Erwartung, die Rennställe mit letzten Handgriffen. Man
taucht ein in diese sonderbare Mischung und jeder Moment kann auf seine Weise
faszinieren. Terrin schildert Details, vermeintlich unbedeutend und doch mit
erheblicher Tragweite, die der Mensch aber noch gar nicht erfassen kann. Danach
der Bruch, fernab der Blitzlichter der Weg zurück ins Leben. Die Erwartungen
eines einfachen Mannes, der sich immer korrekt verhalten hat und nun ebenso
erwartet behandelt zu werden. Das Ausbleiben des Dankes, die fehlende
Anerkennung, der langsam aufkommende Spott. Mehr und mehr versinkt Jack Preston
in seiner Enttäuschung, die bald zur Wut wird. Seine Welt gerät aus den Fugen,
die göttliche Ordnung von Gerechtigkeit ist aus den Fugen geraten und muss
korrigiert werden. Man kann diesen Prozess der größer werdenden Verzweiflung
förmlich greifen, lange noch ein banges Hoffen, das Ausmalen dessen, was in
seiner Vorstellung zwingend geschehen muss; dann die Verzagtheit darüber, dass
er von der Welt übergangen und vergessen wird. Das göttliche Korrektiv folgt,
doch bleibt auch hier die faire Anerkennung für seine Tat aus. Am Ende ein
kurzer Einwurf, die Option auf einen anderen Ausgang, den es jedoch nicht geben
wird, weil ein einziger Mensch sich anders entschieden hat, nicht wissend, was
dadurch hätte ausgelöst werden können. Der Schlag des Schmetterlings der den
Lauf der Dinge hätte verändern können – er bleibt aus.
Es sind nicht die großen Themen, die suggeriert werden,
sondern der Seelenzustand des kleinen Mannes, der diesen Roman trägt und ihm
die Tiefe verleiht. Zahlreiche Anspielungen lehnen den Roman an die Realität
an, er bleibt jedoch fiktiv und lässt uns so mit der Frage zurück, welchen
Einfluss wir auf das haben, was in unserem Leben geschieht und wo andere Kräfte
walten und wir nur tatenlose Zuschauer im eigenen Leben bleiben können.
Ein herzlicher Dank geht an den Berlin Verlag für das Rezensionsexemplar. Weitere Informationen zum Titel finden sich auf der Verlagsseite.
Ein herzlicher Dank geht an den Berlin Verlag für das Rezensionsexemplar. Weitere Informationen zum Titel finden sich auf der Verlagsseite.