Paul, genannt Polo, wird nichts geschenkt im Leben. In der
Pariser Cité gelingt das Überleben mehr schlecht als recht, die Mutter liegt krankheitsbedingt
nur im Bett, die Schwester träumt davon eine Misswahl zu gewinnen und sein
Vater arbeitet nachts als Putzfrau. Paul hilft ihm dabei und erwirbt so ein unheimliches
Wissen über die Welt, denn sie kommen ebenso in Bibliotheken wie Großraumbüros
und Diskotheken der besseren Gesellschaft. Auch in der Schule ist er – zu klein,
zu hässlich, zu seltsam – ein Außenseiter, nur die von ihm angehimmelte
Priscilla schenkt ihm Aufmerksamkeit. Langsam wird er erwachsen und stellt sich
den wesentlichen Fragen des Lebens: will er Muslim werden oder doch lieber
Jude? Ist sein Penis zu klein? Wie kann er aus dem, was ihm gegeben ist, etwas
machen?
Saphia Azzeddine gelingt der Spagat zwischen unterhaltsam
und doch den Ernst der Lage erfassen und vermitteln. Zwar bleibt ihr Ton durch
eine gewisse Naivität des zu Beginn noch jungen Erzählers leichtfüßig und
unterhaltsam, aber seine Not in prekären Verhältnissen, umgeben von der
bekannten Gewalt der Pariser Vorstädte und ausgegrenzt von der französischen
Mittelschicht, wird deutlich und auch von der Erzählweise nicht komplett
überlagert. Man gewinnt Einblick in das Innenleben eines einsamen, seine Umwelt
aufmerksam beobachtenden Jungen, dessen Chancen immer überschaubar bleiben
werden – was ihn aber nicht daran hindert, glücklich zu sein.