Bei recherchearbeiten stößt Patrick Modiano auf eine alte
Ausgabe der Paris-Soir, in der 1941 vom Verschwinden der 15-jährigen Dora
Bruder berichtet wird. Er beginnt nachzuforschen, wer war dieses jüdische
Mädchen, das in der Anzeige recht detailliert beschrieben wird und weshalb ist
sie geflohen. Geboren als Tochter eines österreichischen und einer ungarischen
Jüdin lebte sie im 12. Arrondissement bis sie 1940 als Waisenkind unter
falschem Namen in ein Heim gegeben wurde. Dabei war zu diesem Zeitpunkt in Paris
noch nicht mit starken Repressionen gegen Juden zu rechnen. Wollten die Eltern
sie schützen? Aber wozu die Flucht und was geschah in der Zeit zwischen dem
Verschwinden und der Festnahme durch die Polizei, das schließlich zum
Wiedervereinen mit den Eltern und letztlich zum Transport nach Auschwitz
führte?
Kein Roman im klassischen Sinne, sondern die Rekonstruktion
eines Lebens in der dunkelsten Zeit der Geschichte. Mosaikartig setzen sich
mehr und mehr Informationen zusammen, die jedoch fragmentarisch bleiben und nur
im Ansatz ein ganzes Bild ergeben. Was jedoch ohne Zweifel offenkundig wird,
ist die Situation der jüdischen Bevölkerung im besetzten Frankreich und die
zunehmenden Schwierigkeiten, unter den Nazis ein normales Leben zu führen. Aber
die Recherchen Modianos blieben nicht ohne Folgen: seit Januar 2015 ist in
Paris eine Straße nach Dora Bruder benannt.