Ein Mädchen wird aus einem Auto entführt, nur wenige Minuten
unbeaufsichtigt – und das im Überwachungsstaat DDR. Kann so etwas sein?
Ähnliches ereignet sich einige Jahre später erneut und wieder liegt der
Verdacht nahe, dass das Kind in das Gebiet der ehemaligen Sowjetunion gebracht
worden sein könnte. Aber vielleicht ist doch alles nur Fiktion, denn die beiden
Drehbuchautoren Johann und sein Chef M. sitzen abgeschieden in einem Landhaus
und entwickeln den Stoff für einen neuen Film. Die mysteriöse Entführung eines
Mädchens soll im Zentrum stehen. Seltsame Dinge ereignen sich um die beiden
Autoren, mysteriöse nächtliche Besuche von kriminellen Russen, auch die
Postbotin scheint verdächtig zu sein. Und dann ist da auch noch Johanns
Privatleben, das zunehmend komplizierter wird, je mehr er von seiner Mutter
über seinen Vater erfährt. Doch was davon ist eigentlich wahr?
Der Autor treibt ein gelungenes Spiel mit dem Leser. Viele
Erzählstränge, die teils verwoben sind, teils alleine stehen, und die sich
nicht direkt zu erkennen geben als Fiktion innerhalb der Fiktion, sondern geradezu
ein Eigenleben entwickeln, bei dem man schnell den Durchblick verliert und wo
jede Theorie sich alsbald wieder in Wohlgefallen auflöst. Anknüpfungspunkte zur
Realität – der wahre Putin war ja in der damaligen DDR stationiert – machen es
auch nicht leichter, hier zwischen den Ebenen zu unterscheiden und sich ein
Bild von der Handlung zu machen. Was verwirrend klingt – und dies bisweilen
auch ist – macht aber unheimlichen Spaß zu lesen, weil es einem herausfordert,
ständig neu zu justieren und abzuwägen, was wie zusammenhängt und an welcher
Stelle einzuordnen ist. Die Auflösung dieses Erzählwirrwarrs ist durchaus
sinnvoll und überzeugend, wenn auch für mich nicht ganz befriedigend. Es
bleiben Fragen offen – aber vielleicht muss man einfach dieses Spiel und
Wahrheit und Realität ein Stück weiterspinnen und so ist vieles denkbar.
Fazit: Ein ungewöhnliches Buch, das durch seine
Erzähltechnik sowie die poetische Sprache überzeugt.