Sudhir Venkatesh hat als Soziologe die Unterschicht und Unterwelt
Chicagos erforscht, bevor er sich in die Metropole New York wagt. Ziel war es
die Mechanismen der Dealer, Prostituierten und diverser Verbrecher am Big Apple
zu beobachten und zu charakterisieren und mit der legalen Ökonomie zu vergleichen.
Bald schon merkt er jedoch, dass sein Vorhaben sich in dieser Weise nicht
realisieren lässt, weil ihm schlichtweg der Zugang fehlt. Was am Ende rauskommt
ist weniger eine wissenschaftliche Abhandlung über die Schattenwirtschaft als persönliche
Porträts und Schicksale, die vermutlich durchaus exemplarisch stehen können.
Der Dealer Shine, der ihm berichtet, wie schwer der Zugang zur weißen
Oberschicht ist, weil er die Codes nicht beherrscht und die Kommunikation nicht
funktioniert. Das Callgirl Carla, die den Aufstieg schaffen könnte, aber ihr soziales
Umfeld nicht verlassen möchte. So genannte „Managerinnen“, die betuchte New
Yorkerinnen als Escort vermitteln – rein aus Spaß oder aus Unlust klassischen
Jobs nachzugehen. Sudhir Venkatesh gleitet durch die Stadt und trifft sie alle
und erlaubt dem Leser so ungewöhnliche Einblicke in die Unterwelt.
Das Buch lässt sich schwer einordnen. Ein erzählerisches
Sachbuch, das nicht ganz stringent dem Thema folgt, sondern sich windet, im
Kreis dreht, plötzliche Verknüpfungen schafft und episodenhaft das Thema
darstellt. Die Menschen stehen im Mittelpunkt; viele Verhaltensweisen sind
einem aus bürgerlich-deutscher Perspektive schwer nachvollziehbar, vieles ist
jedoch auch gerade weil es so fremd ist sehr interessant und informativ zu
lesen. Für mich am aufschlussreichsten waren die persönlichen Beziehungen, ohne
die im Untergrund nichts läuft. Die Einzelschicksale berühren, aber hier blieb
vieles zu vage, um wirklich hinter die Fassade der Menschen blicken zu können.