Sandra hat schon früh gelernt, dass man die Welt verbessern
muss. Im Kinderladen die Ideale der Eltern aufgesaugt lebt sie nun selbst mit
ihrer Familie in einem generationenübergreifenden Wohnprojekt, dass volldemokratisch
allen das nicht-existente Idyll des Zusammenlebens in Frieden ermöglichen will.
Dass Kompromisse manchmal sehr hart sein können und man sich trotz bester
Vorsätze eben nicht immer grün ist, muss sie schnell lernen. Und auch die
bodentiefen Fenster, die die Räume mit Licht durchfluten werden bald zu
Gucklöchern in ihre Privatsphäre, die sie mehr und mehr verliert.
Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2015 hat mich das Buch
neugierig gemacht und die aktuelle Thematik der übertrieben ideologischen Prenzlauer
Berg Mütter ist ebenfalls eine interessante Themenwahl. Was Anke Stelling
hervorragend gelingt, ist die Absurdität der Wohngemeinschaft in authentischen
Dialogen zur völligen Absurdität zu führen und die feinen Nuancen zwischen Neid
und Verachtung herauszuarbeiten. Das vordergründige Glück ist eben doch oft nur
die Fassade, hinter der das Leben gerade zusammenbricht. Über weite Strecken
hochamüsant bleibt das Buch aber doch an einer durchaus ernstzunehmenden
Thematik, die auch literarisch verarbeitet zum denken einlädt und einem die
eigene Lebensgestaltung und Ideale nochmals überdenken lässt – wenn auch vom
sicheren Standpunkt aus, denn selbst würde sich natürlich nie so verhalten wie
die Figuren.