Aus der Not und einem Zufall heraus verlässt die junge
Hausangestellte Rosie 1906 ihre nordenglische Heimat, um in London nach einer
besseren Zukunft zu suchen. Planlos in der Hauptstadt angekommen, wird sie
glücklicherweise schnell an eine gute Stelle bei Mrs Pankhurst vermittelt,
einer der führenden Persönlichkeiten der Frauenbewegung. Die neue Stelle führt
das Mädchen in eine unbekannte Welt, in der Frauen sich widersetzen und für
ihre Rechte kämpfen – egal mit welchen Mitteln. Aber sie wird auch schnell für
die Zwecke der Suffragetten instrumentalisiert und gar kriminell. Es dauert
eine Zeit, bis sie merkt, dass Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen
nicht auch Gleichberechtigung auf sozialer Ebene bedeutet und sie auch
weiterhin nur den Rang eines Dienstmädchens haben wird.
Katharina Müller hat einen sehr authentischen, überzeugenden
Roman über die Suffragetten Bewegung aus sicher eines gesellschaftlich weniger begünstigten
Mädchens geschrieben. Die Faszination, die von den energischen jungen Damen
ausgeht, wird sehr deutlich, auch die innere Überzeugung und der politische
Wille, den die Bewegung getragen hat, kann man in jeder Zeile wieder finden –
aber genauso auch die andere Seite, die Unzulänglichkeiten und die immer noch
existenten Gedanken in sozialen Schichten, die streng voneinander getrennt
werden. Die Entwicklung der Protagonistin ist glaubwürdig gezeichnet, wie sie
sich vom unbeholfenen Landmädchen zur selbstbewussten Großstadtfrau entwickelt
und zunehmend an Persönlichkeit gewinnt. Einzig der etwas kitschige Schluss hat
mich persönlich an der Geschichte gestört, wo zuvor harter Realismus herrschte,
der nicht die Augen vor der großen Not und den Missständen in den Londoner
Ghettos verschließt, wird plötzlich eine Welt in rosarot gezeichnet, in der
sich alles zum Guten wendet, das ist mir ein Tick zu verträumt.