Die Welt ist ungerecht. Das weiß Harriet (genannt Harry)
Burden schon lange. Die Anerkennung, die Frauen in der Kunst zusteht, wird
ihnen schon immer verweigert und nur allzu oft geben Männer gestohlene Werke
als ihre eigenen aus. Da sie selbst ebenfalls kein Publikum finden wird,
erweitert sie ihre Kunst um den Faktor Künstler und engagiert junge Männer, die
als Erschaffer ihr Werk präsentieren. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich
warten und die Kritiker überschlagen sich vor Lob. Dabei erkennen sie nicht,
welches Genie dahinter steckt und sie regelrecht vorführt. Doch als Rune nicht
mehr nur Teil der Show sein will, sondern sich selbst als Künstler sieht, wird
die Lage kompliziert.
Siri Hustvedt schreibt einmal mehr über das ambivalente
Verhältnis von Männern und Frauen bzw. der Rolle der Frauen in der Gesellschaft
– in diesem Fall in der Kunst, die vor allem bei den bildenden Künstlern (wobei
die Literaten dem in nichts nachstehen) schon immer mehr auf die Fertigkeiten
der männlichen Kreativen setzten.
Unabhängig von der nach wie vor aktuellen Thematik besticht
sie einmal mehr durch ihre Sprachgewandtheit und in diesem speziellen Fall
durch eine gelungene Präsentation. Nicht als Prosatext wird chronologisch
erzählt, was sich im Leben der Harry – ein typischer Männername, den sie sich selbst
verpasst – ereignet, sondern eklektisch kommen verschiedene Figuren in
unterschiedlichen Textformen zu Wort, die erst durch das Gesamtbild eine Ahnung
der Geschehnisse erkennen lassen. Harrys fiktive Tagebücher, Notizen der
Kinder, Interviews mit Kritikern und Künstlern – in Ton und Wortwahl gezielt
abgestimmt ergibt sich dieser Kunstbetrug, der nichts weiter ist als das
Vorführen einer Zunft und deren Engstirnigkeit.
Neben der geschickten Konstruktion ist Hustvedts enormes
Wissen aus Kunst, Literatur, Philosophie und Psychologie in dem Roman zu
finden, der sich aufgrund der bisweilen sehr hohen Dichte an Fachwissen nicht
einfach weglesen lässt, sondern dem Leser einiges abverlangt. Aber nur auf
diese Weise belegt er über die Fiktion hinaus, dass das Thema kein
literarisches, sondern gesellschaftlich relevantes ist. Keine pauschale Kritik
an allen Männern, sondern ein durchaus differenziertes Bild dessen, was sich
Frauen entgegenstellen kann und wie diese auch darüber verzweifeln können.
Fazit: ein nach wie vor bedeutsames Thema anspruchsvoll
umgesetzt.