Fredy Gareis macht sich auf die Suche nach der Geschichte
seiner Familie. Mehrfach vertrieben, ausgewandert, waren sie im Laufe des 20. Jahrhunderts
in vielen Teilen Europas ansässig. Bis zum Pazifik wird er nun Russland durchqueren
und die Stationen des Lebens seiner Vorfahren besuchen. In Sankt Petersburg
beginnt seine Reise, bevor er der russischen Hauptstadt einen Besuch abstattet,
von wo aus er mit einem Auto die Reise gen Osten antreten will. Mit der Sprache
zwar vertraut, ist ihm sein Geburtsland jedoch fremd, an jedem Ort hat er
jedoch Einheimische, die ihn in die Gebräuche und Gegebenheiten nahebringen.
Ein interessanter und vor allem vorurteilsfreier Blick auf
das heutige Russland. Ja, die Ukrainekrise wird auch angesprochen, bleibt aber
eine Randerscheinung, da sie im Leben der Russen nicht den Alltag bestimmt und
es nach wie vor offenbar sinnvoller ist, Politik einfach Politik sein zu
lassen. Stattdessen liefert Gareis mal humoristische Episoden, mal fast
erschreckende, aber immer informative Einblicke in das Leben der Russen, die
ihn mit offenen Armen empfangen und ihn teilhaben lassen. Vieles war mir bekannt,
vieles aber auch neu. Bisweilen waren die ausführlichen historischen
Erläuterungen etwas lang, zum Verständnis durchaus aber hilfreich, denn hier
zeigt sich, wie eng Deutschland und Russland einmal miteinander verbunden war
und exemplarisch an dieser Familie wird auch deutlich, welche Auswirkungen
Migrationen, Deportationen und die politische Lage des 20. Jahrhunderts auf das
Individuum haben kann, das seine Identität sucht und sie doch nur schwer
konstruieren kann bei einer solchen familiären Vorgeschichte.
Fazit: unterhaltsam und informativ, frei von
schwarz-weiß-Malerei, daher eine empfehlenswerte Lektüre für den anderen Blick
auf die östliche Großmacht.