Der Krieg im ehemaligen Jugoslawien zwingt die jugendliche
Sanela ihre Heimat zu verlassen. Ihre Mutter ist schon vor Jahren dem Krebs
erliegen und der Vater nun den Umständen des Krieges. Bei einer Tante findet
sie Unterschlupf in Deutschland, das ihr nicht nur sprachlich sehr fremd ist.
Doch in Nils Liebe findet sie einen Freund, der ihr das Ankommen erleichtert
und ebenso wie sie nicht leicht Zugang zu anderen Menschen findet. Sie brauchen
nicht viele Worte, um sich zu verstehen. Eine gemeinsame Reise in Sanelas
Vergangenheit bringt jedoch einen jähen Bruch und es wird über zwanzig Jahre
dauern, bis diese Freundschaft erneuert und zu etwas wird, das man Liebe nennen
könnte.
Lena Gorelik hat keine klassische Liebesgeschichte
geschrieben, die von jugendlicher Zuneigung ins Erwachsenenalter gerettet wird.
Dafür sind die Protagonisten Sanela und Niels, ebenso wie Sanelas Sohn zu eigen
in ihrem Charakter. Hier wird nicht überschwänglich geliebt, starke
Gefühlsausbrüche erlebt man nur beim Hass. Es ist aber auch keine rein
zerstörerische Art der Liebe, auch wenn Sanelas im Laufe der Geschichte immer mehr
zum Berserker wird. Faszinierend ist das blinde Verständnis, das ohne die
großen Worte und Zuneigungsbekundungen auskommt, die kleinen Zeichen und Gesten,
die auch mal nicht stattfinden. All dies wird von der Stimme des Erzählers –
und dies auch im Hörbuch sehr überzeugend umgesetzt – begleitet und
kommentiert, nicht mit ironischem Abstand, sondern fast zu nüchtern, was immer
wieder zu Brüchen führt, die jedoch die Besonderheit dieser Beziehung nur noch
mehr unterstreichen.
Die für mich stärksten Episoden liegen in der Zeit der
Jugend der beiden Protagonisten, das Kennenlernen und vor allem die verhinderte
Kommunikation durch die fehlende Sprache, die den Grundstein für diese
lebenslange Zuneigung legt. Denn Sprache im üblichen Sinne werden sie nie
brauchen, um das auszudrücken, was sie sagen wollen.